miss: Was macht eine gute Beziehung für euch aus?

 

Nina: Für mich spielt vor allem die Treue eine wichtige Rolle. Meine vergangenen Beziehungen sind durch die Bank immer wegen Untreue – nicht meinerseits – in die Brüche gegangen.

 

Astrid: Für mich ist Treue kein großes Thema – und vor allem keine sexuelle Treue, wie du das meinst. Treue bedeutet für mich eher die Frage: Steht die Person zu mir, wenn es mir mal schlecht geht? Zu einer guten Beziehung gehört jede Menge Toleranz – und die geht weit über Sex hinaus. 

Nina: Aber wenn ich jemanden wirklich liebe, kann ich diese Person doch nicht hintergehen!

Astrid: Ja, das stimmt schon, aber es muss nicht unbedingt sexuelle Treue beinhalten. 

Isolde: Das denke ich auch. In dem Sinne, wie sich die junge Generation heute Treue vorstellt, besser gesagt wünscht, war ich nie treu. Wenn mir jemand gefiel, dann habe ich trotz bestehender Beziehung nie gescheut, mit diesem Mann Sex zu haben – nicht, weil ich meinen Mann bewusst betrügen wollte, sondern um eine neue Erfahrung zu sammeln.

Nina: Ich kann mir nur nicht vorstellen, wie ich das mit meinem Gewissen vereinbaren kann.

Isolde: Aber klar geht das! Das ist auch kein Betrug. Ich finde, es ist Betrug, wenn man seinen eigenen Wünschen nicht nachgeht, sondern sie abwürgt – das ist Betrug! 

Astrid: In einer Beziehung ist die Kommunika­tion wichtig. Es gibt Leute, denen Treue wichtig ist, andere wiederum möchten nicht monogam leben. Man sollte sich immer erst fragen, was man selbst will, und die Bedürfnisse offen mit dem Partner ausdiskutieren.

 

Man bezeichnet die heutige junge Generation auch gerne als die „Generation vielleicht“: Man wartet immer, dass noch was Besseres nachkommt …

Nina: Ja, irgendwie schon. Bei Generationen vor mir merke ich, dass viele einfach aus Angst vor dem Alleinsein bei dem Partner „hängen geblieben“ sind und dann das Prozedere mit Haus und Kindern mitmachten. Irgendwie sind die Generationen vor mir glaube ich lieber mit dem „falschen“ Mann zusammen, statt alleine zu sein.

Isolde: Du musst aber auch im Hinterkopf behalten, dass ich in den 70er-Jahren jung war, die sexuelle Revolution sozusagen. Damals kam die Pille auf den Markt und Frauen mussten für ihre Freiheit kämpfen. Die Hindernisse der Familie und der Gesellschaft waren damals noch sehr groß. Mir kommt vor, die Männer haben damals die neue sexuelle Freiheit mitgenossen, aber sobald ein Problem aufgetaucht ist, waren sie weg! 

Was heißt es denn, an einer Beziehung zu arbeiten?

 

Nina: Wie gesagt: Treue bedeutet mir sehr viel, aber es gehört natürlich auch noch viel mehr dazu. Ich finde einfach nur, dass das eine zum anderen führt …

 

Astrid: Ich finde es ein bisschen schade, dass die heutige Jugend so auf die Treue schwört – und wenn man einmal fremdgeht, ist gleich alles aus und vorbei. Gerade in der Jugend sollte man seine Erfahrungen sammeln können! Ich persönlich war auch schon einmal in zwei Männer verliebt und wollte mich einfach nicht entscheiden.

Natürlich sollte man an einer Beziehung arbeiten, aber wenn man sich auseinanderlebt, dann sollte man das zulassen. Ich verstehe generell diese Verbissenheit des Zusammenbleibens nicht. Freundschaften halten ja auch nicht ewig und daran hat auch keiner Schuld.

 

Aber gibt es dann überhaupt diese eine große Liebe?

 

Isolde: Liebe ist tägliche, gegenseitige Beziehungsarbeit. Du liebst jemanden, hast ein intensives Gefühl und entscheidest dich, mit einer Person eine längere Zeit zu verbringen. Sex hingegen ist käuflich. Liebe kannst du nicht kaufen, Liebe ist immer Arbeit. Ich finde, es ist eine Illusion, dass du jemanden kennenlernst und auf Anhieb erkennst, dass das der Partner für die nächsten Jahre deines Lebens ist.

Verlieben ist ein Moment, sich auf jemanden einlassen ist dann schon der nächste Schritt. Man kann allerdings dann immer noch merken, dass man eigentlich gar nicht zusammenpasst, keine Gemeinsamkeiten hat – und dann ist Schluss, sexuelle Attraktivität hin oder her.

Nina: Ja, das glaube ich auch. Irgendwas muss mich einfach an dem Mann faszinieren, wobei ich denke, dass ich manchmal schon zu hohe Ansprüche habe. Beispielsweise finde ich, dass sich der Mann bei mir melden muss, wenn er Interesse hat. 

Isolde: Ach, die ganz Jungen sind jetzt noch viel konventioneller geworden! (lacht) Das war bei mir allerdings auch so, als ich Teenager war.

Astrid: Ja, stimmt. Mir kommt vor, die Männer in ihren Zwanzigern sind jetzt so, wie ich sie mir vor 20 Jahren gewünscht habe. (schmunzelt) Bei denen ist ein qualitativer Sprung passiert und sie haben verstanden, wie sich Frauen verändert haben, und sind viel sensibler geworden. Sie finden sich irgendwie in einer neuen Form der Männlichkeit wieder.

 

Wie war denn die Form der Männlichkeit früher?

 

Isolde: Weißt du, früher haben wir von unseren Müttern und Großmüttern vorgeschrieben be­kommen, wie wir uns einen Mann vorzustellen haben. Selber denken war einfach nicht gefragt. Er muss reich und treu sein und soll deine Familie ernähren können.

Ich war damals ein Teenager und manchmal denke ich mir, dass es besser war, dass wir etwas hatten, wogegen wir reden konnten. Heute ist alles erlaubt, es gibt nichts, was Jugendliche nicht mehr dürfen, und damals gab es doch auch bestimmte Werte.

 

Nina: Na ja, aber mein Mann sollte schon sehr männlich sein. Also ich möchte ihn nicht an der Hand nehmen und ihn durchs Leben führen müssen. Man braucht doch auch eine gewisse Herausfor-derung. Klar ist es schön, wenn ein Mann einfühlsam und sensibel ist, aber er sollte eben auch ein bisschen bestimmend sein. Mir fällt auf, dass ich mich in einer Beziehung mehr unterwerfe, als ich das sonst eigentlich mache.

 

Astrid: Wenn man jung ist, ist man eben auch noch sehr unsicher. Da muss man sich oft erst einmal selbst finden.

 

Isolde: Ja, aber das ist schon auch ein wenig SchwarzWeiß-Malerei gerade. Zwischen „Ich bestimme“ oder „Er bestimmt“ gibt es doch auch das gemeinsame Beschließen. Heute ist es oft so, dass Partner in Blasen leben, so auf die Art: Ich bin in meiner Blase, du bist in deiner Blase und wir können versuchen, uns zu arrangieren. Aber keiner geht für die Beziehung einen Schritt aus seiner Blase heraus.

 

Aber wie hat man sich dann früher arrangiert? Nach 15 Jahren Ehe kann man doch gar nicht mehr verliebt sein …

 

Astrid: Verliebtsein ist aufregend! Die Hormone spielen verrückt und man hat Schmetterlinge im Bauch. Wenn man einen tollen Partner hat und eine gute Beziehung führt, kann es auch nach vielen Jahren wieder prickeln.

 

Isolde: Das Verliebtheitsgefühl, so wie es am Anfang ist, kommt nie mehr in der Form, aber eben auf eine andere Art und Weise. Wenn du das Verliebtsein als Dauerzustand haben willst, dann müsstest du ständig deinen Partner wechseln. Diese Schmetterlinge flachen ziemlich schnell ab, aber wenn du dich tatsächlich auf jemanden einlässt, dann entstehen ganz neue Dinge und andere Gefühle. Die sind dann vielleicht ein bisschen unspektakulärer, aber man hat ein Zusammengehörigkeitsgefühl und erschafft sich gemeinsam eine neue Lebenswelt. Das ist doch auch sehr schön.

 

Nina: Trotzdem ist es doch als Single viel abwechslungsreicher und aufregender, oder nicht?

 

Astrid: Es kommt immer darauf an, wie du eine Beziehung gestaltest.

 

Isolde: Damit man Abwechslung in einer Beziehung erhält, trägt jeder der Partner genau 50% Verantwortung – es muss ausgewogen sein. Man darf nicht erwarten, dass einen der Partner jeden Tag aufs Neue überrascht.

 

Nina: Hm, ja. Ich glaub, ich weiß noch gar nicht richtig, was ich von einem Mann möchte. Er muss mir wahrscheinlich erst gegen-übertreten – und dann werde ich merken, dass mir der etwas gibt, was mir gefällt.

 

Isolde: Und was gibst du ihm? Siehst du, das ist eben genau der Punkt. Das musst du dir auch vorher überlegen. Ich habe oft erlebt, dass Frauen einfach zu wenig Interesse am Leben ihres Partners haben. Heute imponiert es mir schon sehr, wenn man sich ergänzt und gemeinsame Dinge schafft. Da merkt man dann wirklich, dass beide daran gearbeitet haben und jeder seine Persönlichkeit auf seine Art und Weise eingebracht hat.

 

Nina: Das ist, denke ich, auch ein Problem bei den Beziehungen heutzutage: Die Kompromissschwelle wird immer niedriger!

 

Also zusammengefasst lautet das Rezept für eine gute Beziehung: Toleranz, Interesse, Kompromiss …

 

Isolde: Ja, und man muss sich eben ständig selbst hinterfragen. Wie habe ich mich verändert? Wie kommuniziere ich mit dem Partner? Was in dir vorgeht und wie du dich veränderst, musst du immer mit deinem Partner besprechen. Kommunikation ist der Schlüssel! Man muss offen sagen, was man fühlt und denkt.

 

Astrid: Das sehe ich auch so. Vor allem müssen beide dafür offen sein. Wenn der andere abblockt, geht gar nichts. Mein Partner und ich sind beide geistig beweglich und sehr loyal. Wir probieren beide gerne neue Sachen aus, wir haben aber auch beide unsere eigenen Bereiche – und die brauchen wir auch.