Es war eng in den Räumlichkeiten des Hauses auf dem Alsergrund. „Beethoven ist hier gestorben“, wusste Bassist Andreas Meurer, der sich wie seine Bandkollegen vor dem Auftritt unter die Fans mischte. „Man gibt sich die Hand, trinkt einen Kaffee zusammen, redet mit den Leuten“, hob Gitarrist Andreas von Holst (oder auch Kuddel gerufen) im Gespräch mit der APA die Vorzüge dieser Wohnzimmer-Konzerte hervor. Und: „Es ist immer was Neues und jedes Mal ein gewisses Risiko dabei, was passiert. Es ist immer wieder spannend.“

Kein PR-Gag

Diese Tour ist jedenfalls kein plumper PR-Gag, die Toten Hosen rock(t)en lange, hart und mit einer spürbaren Freude. „Strom“ machte in Wien den Anfang. „Habt ihr wetterfeste Schuhe an?“, fragte Sänger Campino mit einem Augenzwinkern. Gassenhauer wie „Weil du nur einmal lebst“, „Auswärtsspiel“, „Wünsch dir was“, „Bonnie und Clyde“ und „1000 gute Gründe“ folgten. Bei „Liebeslied“ sangen alle mit, bei „Steh auf wenn du am Boden liegst“ wurde gehüpft, dass Wände und Parkettboden wackelten. Zwischenzeitlich ließ sich Campino über die Köpfe tragen, intonierte Coverversionen („Schrei nach Liebe“ der Ärzte etwa und Punk-Hymnen) und hängte sich aus dem Fenster, um auch für die immer zahlreicher herbeieilenden Fans auf der Straße zu singen.

Kurzer besuch der Polizei

„Die Wohnzimmertour ist eine Sache, da kannst du dich nie auf etwas verlassen. Es ist jeden Abend anders“, schwärmte Campino. Auf Zuruf spiele man da. Den Beweis lieferte die Band, als der 54-Jährige ein neues Lied ankündigte, die Fans aber „Sascha“ forderten. „Na gut, dann halt das. Macht eh keinen Unterschied. Wir spielen eh immer im selben Rhythmus“, scherzte der Frontman. Und laut! Beethoven hätte das vermutlich nicht gestört, der war ja taub. Ein älterer Herr dagegen kündigte an, die Polizei zu verständigen. Zwei Beamtinnen hielten kurz darauf Nachschau, abgebrochen wurde aber nicht. „Ich hatte gerade die Vision eines Engels in Polizeiuniform“, raunte Campino.

„So was Geiles hab‘ i no nie erlebt“

So bekam das ausgelassene Publikum von einer nicht weniger ausgelassenen Band noch Hits wie „All die ganzen Jahre“ und die „Zehn kleinen Jägermeister“ sowie den Mega-Erfolg „Tage wie diese“ zu hören und spüren. Schweiß, Rauch und Bierdunst lagen in der Luft. Als dann der „Eisgekühlte Bommerlunder“ angestimmt wurde und die Gruppe mit Hochgeschwindigkeit durch „Azzuro“ raste, gab es kein Halten mehr. „So was Geiles hab‘ i no nie erlebt“, sprach eine Besucherin dem Rest aus der Seele.

Gästeliste sollte Chaos vorbeugen

„Ein Wohnzimmerkonzert der Toten Hosen ist das Nonplusultra“, urteilte Julian, einer der Bewohner der WG. Die Bewerbung für das Konzert hatte praktische Gründe: „Im Freundeskreis war das die einzige konzerttaugliche WG.“ Der Ansturm war groß, eine Gästeliste sollte Chaos vermeiden, die Türen würden zur Lärmreduzierung abgedichtet. Ob man die Besucher auch zur Renovierung der Räume nach dem Konzert eingeladen habe? „Eingeladen schon, wer dann kommt, das ist eine andere Story“, meinte Julian.

Vorbereitung für die großen Bühnen

Den Toten Hosen hat das Wohngemeinschaftskonzert so viel Freude gemacht wie den Gästen – man blieb gleich über Nacht dort. Aber bei allem Spaß bereitet sich die Band mit dieser Fan-Tour auf die Rückkehr auf die großen Bühnen vor. „Das hat für uns auf jeden Fall den Effekt, dass wir wieder in Fahrt kommen. Das ist was anderes, als zu Hause im Proberaum zu stehen“, betonte Campino im APA-Gespräch. Am 5. Mai erscheint das neue Album „Laune der Natur“, am 5. Juni spielen die Hosen im Rahmen von Rock in Vienna ein Open Air auf der Donauinsel.