Vor über 20 Jahren machte der US-Psychologe Dr. Arthur Aron ein unglaubliches Experiment: Er entwickelte einen Fragenkatalog mit 36 Fragen, die sich die Zweiergrupppen, in die er seine StudentInnen eingeteilt hatte, stellen mussten. Nach den Fragen mussten sich die StudentInnen vier Minuten lang wortlos in die Augen schauen. Was er dadurch beweisen wollte? Nun ja, der Forscher hat gewissermaßen die Formel entdeckt, mit der sich Menschen ineinander verlieben.

Aron identifizierte diesen Augenblick als den Moment, in dem Menschen tiefe Sympathie füreinander entwickeln. Das Ergebnis der Studie: Es ist ganz egal, ob Menschen unterschiedliche Werte oder Weltansichten haben – in diesem kurzen, intimen Moment öffnen sie ihre Herzen, erkennen einander an und begegnen einander auf Augenhöhe.

Das Experiment „Look Beyond Borders“ von Amnesty Poland ist ähnlich: Zwei Fremde, ein Europäer und ein Flüchtling, sitzen sich einige Minuten lang in einer Berliner Fabrikhalle gegenüber. Die Personen kommen aus England, Polen, Belgien, Somalia und Syrien, es sind Menschen aus allen Altersklassen. Anfangs sind sie nervös, schüchtern, gehemmt, schließlich ist da auch noch die Sprachbarriere. Doch schon kurze Momente genügen, um das Eis zu brechen.

Ein paar Sätze in gebrochenem Englisch, vielsagende Blicke, ein Lächeln: Nach kurzer Zeit liegen sich die Menschen in den Armen, manche weinen. Entstanden ist ein eindrucksvolles Videoprojekt, bei welchem sich Menschen, die einander nicht kennen und vielleicht sogar nicht einmal Verständnis für die Kultur des anderen haben, durch diese kurze Geste des intimen Aufeinandertreffens eine so grundlegende Sympathie füreinander entwickeln. Eine deutsche Frau und ein Syrer beginnen nach wenigen Momenten zu flirten, tauschen am Ende sogar die Nummern. Eine deutsche Frau ist zu Tränen gerührt, nachdem ihr ein Syrer in wenigen Sätzen auf Englisch von seinem Schicksal erzählte. 

Amnesty begründet das Projekt so, dass in der Flüchtlingskrise alles entmenschlicht wird, dass Menschen zu Nummern und Statistiken werden und man mit diesem Projekt zeigen wolle, dass „… das Leiden betrifft echte Menschen, die wie wir Familien haben, Partner und Freunde haben und ihre eigenen Geschichten, Träume, Ziele. Nur wenn wir uns mit ihnen zusammensetzen und unserem Gegenüber in die Augen schauen, sehen wir keinen anonymen Flüchtling mehr, sondern wir erkennen den Menschen, der wie wir liebt, leidet und träumt.“

 

Quellen:

Welt

Amnesty