Katharina und ich lernten uns in der Unterstufe kennen. Damals waren wir beide Teil der selben Mädchengruppe, aber noch nicht beste Freundinnen. Als die Schulzeit zu Ende war, haben wir uns trotzdem nicht aus den Augen verloren und unsere Freundschaft intensiviert. Katharina durfte schon in jungen Jahren ausgehen, ich nicht. Wir nützten das zu unseren Gunsten und ich übernachtete oft bei ihr um das Verbot meiner Eltern zu umgehen. Die heimlichen Ausgeh-Aktionen schweißten uns weiter zusammen. Bereits damals habe ich begonnen, mich für meine Freundin verantwortlich zu fühlen. Kathi kannte ihre Grenzen beim Trinken nicht, nicht nur deshalb hatte ich ständig das Gefühl, sie beschützen zu müssen.

Dann lernte sie ihren ersten Freund kennen. Unsere Freundschaft begann sich dadurch zu verändern. Er war mit unserer Mädchenfreundschaft nicht einverstanden und empfand mich wohl als Bedrohung für seine Beziehung mit Katharina. Flatterhaft und von Selbstzweifeln geplagt ließ sie sich von ihm manipulieren und den „schlechten Umgang“ mit mir verbieten. Das kränkte mich maßlos. Ich konnte es nie wirklich vergessen. Nachdem die Beziehung in die Brüche ging, war ich trotz allem für sie da. Dafür sind Freundinnen schließlich da, oder? Trotzdem verstärkte sich in dieser für sie sehr schweren Zeit mein Gefühl, dass unsere Freundschaft sehr einseitig war. Immer öfter fühlte ich mich nach ihren Ausbrüchen wie ausgesaugt von Katharina. 

Mit Anfang 20 zog sie dann mit einem gemeinsamen Freund von uns zum Studieren nach Berlin. Sie fand sich dort nicht zurecht, belog sich selbst und nahm meine gut gemeinten Ratschläge als Angriff wahr. Nach meinem ersten Besuch wurde mir schmerzlich bewusst, dass wir uns entweder beide, oder nur ich, zu sehr verändert hatten. Unsere Freundschaft schien langsam in die Brüche zu gehen. Als ich das nächste Mal in Berlin war, haben wir uns noch ein weiteres Mal zum Kaffee getroffen. Es war anstrengend und ich merkte, wie schwer es mir fiel, Interesse an ihrem Leben und ihren vermeintlichen Problemen zu zeigen.

Trotzdem wollte ich noch nicht alles aufgeben. Für meinem dritten Besuch in Berlin hatten wir ein Treffen vereinbart, aber irgendwie hat sie sich nicht mehr gemeldet. Ich schrieb ihr noch eine Nachricht, dass ich es schade fände, dass wir uns nicht mehr gesehen haben. Das war dann das Ende für mich. Auch sie ist seitdem nie wieder auf mich zugegangen. Ließ mich nur über gemeinsame Freunde wissen, wie schlecht es ihr denn ginge und dass sie das alles nicht verstehen würde. Persönlichen Kontakt hatten wir seitdem nie wieder. Ich verspürte aber auch nie das Bedürfnis, es noch einmal zu probieren. Insgesamt waren Katharina und ich 10 Jahre lang befreundet. Aus heutiger Sicht definiere ich eine gute Freundschaft anders. Vielleicht waren wir damals einfach nur eine Art Zweckgemeinschaft.