Es gibt nur einen ersten Freund. Vielleicht war das nicht der Junge, der Ihnen den ersten Kuss gegeben hat. Oder der, dessen Namen Sie in Ihr Schulheft gekritzelt haben. Doch eines Tages war er da und Sie wussten: Das ist Ihre erste große Liebe. Der Junge, der Ihnen das erste „Ich liebe dich“ gesagt hat – und damit einen besonderen Stellenwert in Ihrem Leben einnimmt.

Denn an die erste große Liebe, an die erinnert man sich ein Leben lang. Klar, im Laufe eines Lebens verlieben wir uns oft. Wir küssen viele Frösche, bis wir auf einen Prinzen stoßen. Doch so viele Jungs und Männer auch kommen: Mit der ersten großen Liebe verbinden wir die stärksten Erinnerungen.

Warum das so ist, haben die Berliner Psychologen Franz Neyer und Judith Lehnart in der Studie „Persönlichkeit und soziale Beziehungen im jungen Erwachsenenalter“ erforscht. Ihr Ergebnis: „Die erste ernsthafte Liebesbeziehung wirkt wie ein Katalysator auf die Persönlichkeit.“

Sehnsucht und Ideal

Doch warum ist die erste Liebe etwas so Besonderes? „Die erste Liebe hat viel mit Verzauberung zu tun“, erklärt der Familienpsychologe Wolfgang Hantel-Quitmann. „Es fehlte der Vergleich, darum war die erste Liebe vor allem eine Verwirklichung der Sehnsucht.“

Das kennen wir ja alle: Wie lange haben wir uns als Teenager nach der ersten, richtigen Beziehung gesehnt? Und wie toll war dann der Moment, als es endlich passierte! Aber war der Typ tatsächlich so umwerfend? Oder wollten wir das nur glauben? Wir erinnern uns vielleicht an einen mega-coolen Typen, der toll geküsst hat, doch vielleicht war der Junge nur Durchschnitt und die Küsse aller anderen Jungs danach besser – eben weil damals der Vergleich fehlte und wir die Erinnerung verklärten.

„Wer die Sehnsucht und das Ideal sucht, wird lange an der ersten Liebe hängen bleiben. Wer die Sache etwas realistischer betrachtet, kann sie als eine schöne Erfahrung in der Jugend abhaken“, so Wolfgang Hantel-Quitmann. Doch was, wenn man die erste Liebe nicht aus dem Kopf kriegt und alle Männer seither am ersten Freund misst? „Wenn es eine große Liebe war, kann sie so prägend sein, dass wir sie immer wieder suchen. Dadurch wird sie leicht zu einem Phantom aller späteren Partnerschaften“, erklärt der Fachmann.

Doch es ist nicht nur Verklärung, die die erste große Liebe in unseren Erinnerungen so besonders macht, es ist vor allem ihre Einmaligkeit. Denn alles, was danach kam, war eben nicht mehr die erste große Liebe, sondern eine zweite, eine dritte, …

„Die erste Liebe hinterlässt in unserer Gefühlswelt einen nachhaltigen Eindruck“, meint die Diplom-Psychologin Lisa Fischbach. „Das Besondere an der ersten Liebe ist ihre Einmaligkeit. Eine zweite Chance für die erste Liebe gibt es nicht. Den ersten Kuss, den ersten Sex, das erste Mal ‚Ich liebe Dich‘ zu sagen – das erleben wir nur ein einziges Mal.“

 

Trend Rekindling

Oder doch ein zweites Mal? Heute ist es beinahe ein Trend, seinen vergangenen Gefühlen nachzujagen und die erste Liebe wieder zu treffen. In den USA nennt sich dieses Phänomen „Rekindling“, zu deutsch „Wiederaufflammen“. Laut einer Studie von Elite-Partner.de gibt jeder Vierte zwischen 18 und 29 an, dass die erste Liebe am schönsten war. Deshalb wundert es nicht, dass der Trend boomt. Auf dem amerikanischen Portal www.reunion.com haben sich bereits 35 Millionen Menschen angemeldet in der Hoffnung, ihre einstige Jugendliebe wiederzufinden.

Nancy Kalish, Psychologie-Professorin an der California State University, begann schon 1993 eine Studie zu diesem Thema. Ihr Resümee: „Durch das Internet ist das Wiederbeleben alter Jugendlieben regelrecht trendy geworden.“ Dank Facebook und Co. fällt es heute auch nicht schwer, Menschen aus der Vergangenheit aufzustöbern.

Spannend? Ja. Richtungsweisend fürs Liebesleben? Eher nicht. Zwar kann man vielleicht eine alte Liebe aufwärmen – aber vielleicht auch einen Frosch finden, der einst ein Prinz war. Weil die erste Liebe zwar etwas ganz Besonderes, aber vor allem eines ist: vorbei.