Einer der erfolgreichsten Regisseure Hollywoods, Woody Allen, bekannt für Filme wie „Der Stadtneurotiker“, „Vicky Christina Barcelona“ oder „Midnight in Paris“, wurde vor etwa zwei Jahren von seiner Adoptiv-Tochter Dylan Farrow in einem offenen Brief der sexuellen Nötigung beschuldigt. Allen soll die damals erst siebenjährige Dylan mehrmals sexuell missbraucht haben, was auch Mutter Mia Farrow und Bruder Ronan bestätigen.

Bild: Mia und Dylan Farrow

Prekäre Beziehungen

Der Filmemacher wies die Anschuldigungen als „falsch und beschämend“ zurück. Aber es wird noch heikler: Allen und Mia trennten sich, als die Schauspielerin in der Wohnung ihres Ehemannes Nackt-Fotos ihrer zweiten gemeinsamen – damals 19-jährigen – Adoptiv-Tochter Soon-Yi Previn fand. Allen ist seitdem mit jener (ehemaligen) Adoptiv-Tochter verheiratet.

Bild: Woody Allen und Soon-Yi Previn

Dieser Tatsache, wie auch dem Vergewaltigungs-Skandal um Dylan Farrow wurde die letzten 30 Jahre allerdings kaum die Aufmerksamkeit geschenkt, da der allseits beliebte Allen eine Reihe von mächtigen Freunden – bestehend aus Reportern, Psychologen, Hollywood-Stars und einflussreichen PR-Chefs – auf seiner Seite habe, schreibt Sohn Ronan Farrow nun in einem Gastbeitrag im Hollywood Reporter.

Filmfestival von Cannes

Nun wirft Ronan auch den Medienvertretern des Filmfestivals in Cannes vor, man würde absichtlich über den Vergewaltigungs-Skandal schweigen. „Es wird Pressekonferenzen geben, einen roten Teppich, den mein Vater mit seiner Frau (meiner Schwester) Soon-Yi Previn beschreiten wird“, schrieb Farrow. Niemand werde unbequeme Fragen stellen. In seinem Leser-Kommentar beschreibt Ronan die „Schutzmauer“, die Reporter rund um den berühmten Regisseur aufgebaut haben sollen, um ihn zu decken. So gibt es keine unangenehmen Fragen und keine Themen, die die glamouröse Stimmung stören und von Allens Meisterwerken ablenken könnten.

Mächtige Männer untereinander

Ronan spricht darüber, wie sich die mächtigen Männer Hollywoods gegenseitig unterstützen und automatisch davon ausgegangen wird, dass Allen unschuldig ist. So wurde Dylan Farrow in den Medien als „rachsüchtig“, „nach Aufmerksamkeit lechzend“ und „verrückt“ dargestellt. Außerdem sollen mehrere Medien Dylans offenen Brief nicht veröffentlicht haben, weil das Thema „zu heiß“ gewesen sei – bis sich die New York Times im Jahre 2014 dazu entschloss, den Text zu drucken.

Für Ruhm und Geld mit möglichem Kinderschänder arbeiten

Auch Blake Lively, Emma Stone, Scarlett Johansson und Krisen Stewart wird vorgeworfen, für ihren Lebenslauf mit einem Kinderschänder zu arbeiten. Kristen Stewart zeigte sich zum Beispiel zwar anfangs gegenüber dem Magazin Variety bedenklich, entschied dann aber, dass dieser Faktor bei der gemeinsamen Arbeit doch keine Rolle spiele.

Sollte in solchen Fällen tatsächlich die Kunst vom Künstler getrennt werden? Oder sollte man, vor allem als junge Frau, ein Zeichen setzen – unabhängig davon, ob die Anschuldigung nun wahr oder falsch ist? Geht es hier nicht um viel mehr als diese tragische Familien-Geschichte? Nämlich darum, dass solche Vorwürfe in jedem Fall Ernst genommen weden sollten?

Fragen über Fragen, die in Hollywood keine Rolle zu spielen scheinen.