Du wurdest Ende des Jahres 30. Gab’s eine große Party oder große Tränen?
Scarlett Johansson: (Lacht) Heulen? Warum denn das? Komm schon, das ist doch nicht das Ende, alles halb so wild. Ich freue mich sogar. Es ist so lustig: Ich habe ja einen Zwillingsbruder, deshalb habe ich immer viel geteilt mit einem Menschen, also ihm. Heute schaue ich ihn an und sage: „Ich kann nicht glauben, dass du 30 bist!“ Und er sagt: „Wir beide sind 30!” Und ich wieder: „Oh Gott, yeah!“ Vielleicht habe ich durch ihn eine andere Perspektive darauf. Ich fühle mich, als hätte ich in meinem Leben eine ganze Menge erreicht – aber da gibt’s noch jede Menge mehr für mich. (grinst)

Mit 30 ändern sich ja manchmal die Prioritäten. Denkst du, du kannst jetzt gelassener mit manch bescheuerter Überschrift umgehen?
Scarlett Johansson: Es sind ja nicht nur die Überschriften, das ist nur ein Teil des Ganzen. Man realisiert oft nicht, wie schön es ist, anonym zu sein – bis du am Flughafen durch die Sicherheitskontrolle gehst und einer Situation ausgesetzt bist, in der jeder eine Kamera auf dich gerichtet hat. Nicht, dass das jeden Tag passiert, aber wenn du keine dieser Kameras kontrollieren kannst, dann sind das die Momente, wo du sagst: „Aaaah, jemand hat ein Video gemacht und lädt es irgendwohin!“

Bei den Dreharbeiten zu „Captain America 2 – The Return of the First Avenger“ hast du Robert Redford zum ersten Mal seit dem Film „Der Pferdeflüsterer“ wieder getroffen. Wie war das?
Scarlett Johansson: Es war toll. Und es war super, mal mit ihm über erwachsene Themen zu reden. (grinst) Politik, Engagement, Arbeit. Einfach, damit wir auf dem Laufenden sind, es ist ja wirklich lange her, dass wir uns gesehen haben. Er ist genauso nett und gedankenvoll und interessiert wie immer. Es war toll, ihn am Set zu haben. Wirklich jeder war aufgeregt, mit ihm arbeiten zu dürfen. Er hat so eine beruhigende Präsenz, vor allem, wenn es drunter und drüber geht und jeder herumrennt, um den Tag irgendwie gut abzuwickeln.

Seitdem du „Der Pferdeflüsterer“ mit 14 Jahren gedreht hast, bist du einen weiten Weg gegangen …
Scarlett Johansson: Ich bin stolz auf meine Arbeit. Es war wirklich eine lange Zeit. Ich arbeite jetzt seit 20 Jahren, und mal ehrlich: Ich hatte echt ein paar sagenhafte Möglichkeiten. Ich konnte mir meine künstlerische Integrität bewahren, obwohl ich verschiedene Genres ausprobiert habe, und ich konnte mit tollen Leuten arbeiten, mit manchen sogar mehrfach. Es ist schön, auf diese Art erwachsen zu werden. Ich bin auch nie an irgendeiner Ecke hängen geblieben.


Deine letzten Filme „Captain America“, „Her“ und „Under The Skin“ sind sehr unterschiedlich. Wie wählst du aus, was du drehst?
Scarlett Johansson: Ich mag es, meine Jobs nach dem Aspekt auszusuchen, wie sie mich herausfordern. Vielleicht bin ich furchtloser als früher bei den Entscheidungen, die ich treffe, vielleicht auch deshalb, weil ich echt Glück hatte mit den Risiken, die ich eingegangen bin. Es kann aber auch sein, dass ich keine Angst davor habe, zu versagen. (grinst)

In „Captain America 2 – The Return of the First Avenger“ hat Black Widow keine Superkräfte wie die anderen …
Scarlett Johansson: Dafür muss sie schnell denken können. Ihr Kampfstil ist es, ihre Größe zu ihrem Vorteil zu machen. Da sind diese riesigen Kerle und sie ist wie diese kleine Maus, die schwer zu fassen ist. Es ist wie eine Situation bei Tom und Jerry. Das macht den Charakter so verspielt. Man schaut sie an und denkt, die ordnet sich unter, weil sie keine Superkräfte oder Waffen hat, aber ich glaube, das macht sie so greifbar für den Zuschauer und man fiebert noch mehr mit.

Ich will den Job von Robert Redford.

Würdest du sagen, du bist zufriedener als vor fünf, sechs Jahren?
Scarlett Johansson: (Lacht) Nein, damals war ich viel zufriedener.

Du gibst bald dein Regiedebüt mit dem Film „Summer Crossing“. Geht’s jetzt für dich hinter die Kamera?
Scarlett Johansson: Ich erinnere mich gut daran, als wir „Der Pferdeflüsterer“ gedreht haben und ich dachte: Ich will diesen Job. Ich will den Job von Robert Redford. Ich habe immer gedacht, dass ich irgendwann in die Produktion wechseln werde: Geschichten entwickeln, Regie führen. Ich mag es, auf diese Weise mit Kollegen zu arbeiten. Ich mag das Zusammenspiel und die Zusammenarbeit.

Hat dich eigentlich irgendwer in den ersten Jahren deiner Karriere zur Seite genommen und gesagt: „Wenn du diesen Film machst, bist du ein Star, bereite dich darauf vor“?
Scarlett Johansson: Puh, das ist schwer zu sagen, weil ich ja ein Kind war, als ich mit dem Drehen begonnen habe. Ich glaube aber, dass mich Filme, von denen es niemand vorhergesagt hätte, auf das nächste Level gehoben haben. Als wir „Lost in Translation“ gemacht haben, hatte das Drehbuch 76 Seiten und wir etwa 12 Dollar. (lacht) Ich hätte nie gedacht, dass der Film funktioniert. Wenn ein kleiner Film wie dieser ein Kulturphänomen wird, ist das eine riesengroße Überraschung. Aber natürlich gibt es auch immer wieder mal Momente, wenn du in der Öffentlichkeit stehst, die richtig scheiße und ärgerlich sind. Sorry, ich weiß, das ist jetzt nicht sehr eloquent. (lacht)