Dass man auf jemanden neidisch ist, gibt eigentlich niemand so richtig gerne zu. Neid ist etwas, worüber man nicht spricht. Ein Tabuthema, eine schlechte Eigenschaft, von der am besten niemand etwas mitbekommen sollte. Aber er ist dennoch da. Und das sogar öfter, als man sich eigentlich selbst eingestehen will. Aber warum ist das so? Warum kann man sich nicht einfach mal für den anderen freuen? Eine Frage, die mich schon seit längerer Zeit ziemlich beschäftigt.

Dieser Moment, wenn man sich nicht für andere freuen kann

Ich habe erst kürzlich die Situation erlebt, dass ich mich wahnsinnig über etwas gefreut habe, dass ich mir vor kurzem gegönnt habe. Nichts ahnend, habe ich einer Freundin davon erzählt. Ihre Reaktion hat mich dann aber schon etwas überrascht. Anstatt sich nämlich für mich zu freuen, stellte sie in Frage, ob ich das denn überhaupt gebraucht hätte und warum ich mir das denn jetzt gekauft habe. Meine Freude war dahin. Und da kam sie wieder, die Frage, warum man sich denn nicht einfach mal für andere freuen kann? Vor allem dann, wenn einem die Person eigentlich wichtig ist und sehr nahe steht. Oder ist es gerade das, können wir uns in manchen Situationen nur schwer für unsere Freunde freuen, weil wir uns ähnlich sind, uns gut mit ihnen identifizieren können und einem dann durch ihren Erfolg eher selbst bewusst wird, dass man etwas nicht geschafft hat?

Warum müssen wir uns eigentlich immer mit anderen vergleichen?

Nach der eben beschriebenen Situation mit meiner Freundin habe ich mich im Nachhinein etwas mehr mit ihrer Reaktion auseinandergesetzt. Woher kam das? Warum war sie eher genervt, anstatt sich mit mir zu freuen? Mein erster Gedanke: Sie tut sich leid. Finanziell muss sie sich, soweit ich weiß, oftmals mehr Gedanken machen als ich und generell ist sie zurzeit in einer Phase, in der sie unzufrieden mit so ziemlich allem ist. Also sollte ich irgendwie auch ein bisschen Nachsicht haben. Dann denke ich mir aber wieder, warum muss ich mich schlecht fühlen, wenn jemand anderer sich nicht mit mir freuen kann? Meine Absicht ist es ja nicht, dem anderen etwas Böses zu wollen, sondern nur, mir selbst etwas Gutes zu tun. Eine ziemlich verzwickte Situation irgendwie.

Neid unter Freunden wurde auch in psychologischen Studien bereits untersucht. Einerseits vergleichen wir uns deswegen mit anderen, weil man Selbstbestätigung sucht. Man will sich durch den Vergleich mit anderen besser fühlen, so die Erklärung der Psychologie. Andererseits löst dieser ständige Druck sich mit anderen zu vergleichen auch viel Unzufriedenheit aus. Insbesondere in Zeiten von Facebook, Instagram und Co wird dem ganzen nochmal eines drauf gesetzt. Studien zufolge tritt Neid jedenfalls tatsächlich häufiger in engen Freundschaften, als zwischen entfernten Bekannte auf. Die Gründe dafür sind unterschiedlich. Laut dem Psychologen Seth Meyers sind die 7 häufigsten Gründe, warum wir auf unsere Freunde neidisch sind: Geld, Beziehungsstatus, Kinder, Attraktivität, Gewicht, Erfolg und eben Soziale Netzwerke. Und auch er merkt an, was ich mir irgendwie schon gedacht habe: Wenn man zufrieden mit sich selbst und seinem Leben ist, spielt Neid unter Freunden plötzlich eine viel geringere Rolle.

Tabuthema Neid: Fluch oder Segen?

Mir geht es gut, ich habe keine Geldsorgen, einen Job, der mir Spaß macht, eine Wohnung, in der ich mich wohlfühle und Familie und Freunde, die zu mir stehen und dennoch habe ich mich aber auch schon selbst dabei ertappt, auf jemanden neidisch zu sein oder anderen nichts zu gönnen. Vor allem engen Freundinnen. Wenn ich jetzt so darüber nachdenke, dann kam oder kommt das vor allem dann vor, wenn man sich in einer Phase befindet, in der man gerade mit nichts zufrieden ist. Oft ist man auch einfach auf Dinge neidisch, die man selbst nicht hat. Sei es eine Beziehung, der Traumjob, die Figur oder einfach nur mehr Follower auf Instagram. Neidisch sein kann man eigentlich auf so gut wie alles. Aber bringen tut es einem irgendwie nichts. Denn das Komische ist ja, dass es einem auch nicht besser geht, wenn es anderen schlechter geht. Ganz im Gegenteil, man leidet ja dann auch irgendwie mit den Menschen mit und macht sich Sorgen. Warum kann man sich dann also nicht auch einfach mit dem Menschen freuen?

Teufelskreis durchbrechen: Neid als Motivation nutzen

Man könnte diesen Neid doch eigentlich auch positiv nutzen. Die eigenen Schwächen werden einem aufgezeigt, man lernt etwas, über sich selbst, weiß plötzlich was man selbst erreichen möchte und könnte die Missgunst als Motivation und Ansporn für aktive Veränderung nutzen, anstatt in der Passivität hängen zu bleiben. Man sollte doch einfach mal mit dem glücklich sein, was man hat. Ich weiß, das ist so eine Standard-Floskel, aber irgendwie stimmt es doch auch. Und wenn einem die eigene Situation gerade nicht passt, dann sollte man aufstehen und etwas daran ändern, anstatt sich ständig bei den anderen leid zu sehen und im Selbstmitleid zu versinken.