In Europa ist der Coronavirus mittlerweile voll angekommen. In Italien herrscht Ausnahmezustand. Viele befinden sich in CoronaQuarantäne und verlassen ihre Häuser nicht. Auch in anderen europäischen Ländern raten Regierungen zu Homeoffice und so wenig sozialen Kontakten wie möglich.

Aber was ist das Coronavirus eigentlich? Und wie gut gerüstet sind wir in Österreich? Wir haben mit dem Virologen Norbert Nowotny gesprochen und ihn gefragt, was es mit dem Coronavirus auf sich hat.

Was ist das Coronavirus überhaupt?

„Corona-Viren sind generell eine ganz große Virus-Familie. Es gibt dabei schon länger bekannte Viren, die beim Menschen einen leichten grippalen Infekt verursachen können. Bei Tieren kann es durch die Viren zu diversen Krankheiten kommen. Diese Viren haben allerdings nichts mit dem derzeitigen neuartigen Coronavirus zu tun. Dieses ist sehr eng, genetisch nämlich zu 80 Prozent, mit dem SARS-Virus verwandt. Zu einer SARS-Pandemie kam es bereits in den Jahren 2002/2003.“

Das Coronavirus, mit dem wir es jetzt zu tun haben, wurde laut der Gesundheitsorganisation WHO am 7. Jänner 2020 in der chinesischen Region Wuhan identifiziert. Es wurde zuvor noch nie beim Menschen nachgewiesen. Übrigens heißt die Erkrankung, die aus dem Virus resultiert, seit dem 11. Februar COVID-19. Das Virus, also der Erreger, wird als SARS-CoV-2 bezeichnet.

Wie gefährlich ist das Virus tatsächlich?

„Wir haben jetzt schon einige Erfahrungen aus China. Daraus kann man schließen, dass es generell eine milde respiratorische Infektion ist. Vielleicht ist es sogar subklinisch. Das bedeutet, man bemerkt eigentlich gar nicht, dass ein Mensch infiziert ist. Bei nur 20 Prozent gibt es tatsächlich einen schwereren Verlauf. Das betrifft vor allem ältere Menschen und solche mit sogenannten Grundkrankheiten, wie etwa Diabetes, Herz-Kreislauferkrankungen oder Lungenvorerkrankungen. Für diese Menschen kann der Verlauf aber so schwer sein, dass eine Behandlung im Krankenhaus notwendig wird. Gute zwei Prozent der Infizierten sterben auch. Entweder direkt an der Virus-Infektion oder an den Begleiterscheinungen.

Was haben Fledermäuse und Katzen mit dem Coronavirus zu tun?

„Fledermäuse sind sogenannte Reservoirtiere für das Coronavirus. Das heißt sie tragen Krankheitserreger zwar in sich, aber zeigen selbst keinerlei Krankheitssymptome. Die Fledermäuse beherbergen diese Viren lediglich und scheiden diese auch aus. Außerdem gibt es auch Zwischenwirte, zu denen der Mensch mehr Kontakt hat. Beim jetzigen SARS-Coronavirus war dies eine Art Schleichkatze, die in China als Delikatesse gegessen werden.“

Wie wird das Coronavirus übertragen?

„Ebenso wie bei der SARS-Pandemie, ist der jetzige Ausgangspunkt ein Lebendtiermarkt in China. Nach dem oben beschriebenen einmaligen Übersprung von Schleichkatzen auf den Menschen, hat sich das Virus ausschließlich von Mensch zu Mensch weiter übertragen. Zu einer Übertragung des Erregers kann es durch eine sogenannte Tröpfcheninfektion kommen. Hierbei kann man sich von einer Person, die bis zu zwei Meter entfernt ist, anstecken.“

Dass China mittlerweile den Handel und Konsum von wilden Tieren verboten hat, ist laut dem Virologen übrigens eine längst überfällige Entscheidung. Bereits bei der SARS-Epidemie haben die chinesischen Behörden die Märkte geschlossen. Allerdings hat man die Märkte danach wieder geöffnet. Nowotny hofft, dass sie diesen Fehler kein zweites Mal machen und die Lebendtiermärkte dieses Mal für immer geschlossen bleiben.

Helfen Atemschutzmasken?

„Die Wissenschaftler sind sich hier nicht ganz einig.“ Norbert Nowotny ist der Meinung, dass man im Moment in Österreich zwar keine Atemschutzmasken benötigt. „Sollte es allerdings hierzulande zu einer größeren Epidemie kommen, wären Masken vor allem für kranke Personen sinnvoll, um die Ansteckungsgefahr zu verringern. Das Problem ist aber, dass die Masken weltweit bereits fast ausverkauft sind. Auch auf die Handhygiene sollte nicht vergessen werden.“

Ist das Virus gefährlicher als die normale Grippe?

„Ja. Das Virus ist gefährlicher. Die Sterblichkeitsrate bei der echten Grippe liegt bei unter einem Prozent. Damit ist diese Rate weitaus geringer als beim aktuellen Coronavirus.“

Übrigens forderte die echte Grippe, also die sogenannte Influenza, in der Saison 2018/19 rund 1.400 Menschenleben in Österreich. Ähnlich wie beim Coronavirus sind vor allem ältere Menschen und Menschen mit Vorerkrankungen einem höheren Risiko ausgesetzt.

Ist das Gesundheitssystem in Österreich dafür gerüstet?

„Das Gesundheitssystem in Österreich ist gut dafür gerüstet. Da sollte man sich keine Sorgen machen. Wir hatten bereits 2009 und 2010 die Schweinegrippe-Pandemie. Daran kann man sich fast gar nicht mehr erinnern. Bei der Schweinegrippe handelte es sich zwar um eine etwas leichtere Form als beim Coronavirus. Dennoch wird es mit dem jetzigen Virus ähnlich verlaufen wie damals.“

Sind die Fiebermessungen an den Flughäfen übertrieben?

„Man sollte alles tun, um die Ausbreitung zu verhindern, immerhin handelt es sich um ein neues, menschliches Virus, das uns auch in der Zukunft erhalten bleiben wird. Das heißt, das Fiebermessen von Reisenden aus infizierten Gegenden ist gut und notwendig. Damit erwischt man allerdings nur jene Menschen, die bereits klinisch erkrankt und nicht jene, die noch in der Inkubationszeit sind. SARS-CoV-2 ist aber bereits am Ende der Inkubationszeit infektiös.“

Wie erkennt man das Coronavirus?

„Gar nicht. Man hat genauso Husten und Schnupfen oder Kurzatmigkeit wie bei grippalen Infekten.“

Für einen Verdacht braucht es übrigens auch noch den Kontakt mit einer Risikoperson in den 14 Tagen vor Auftreten der Symptome. Darunter fällt: enger Kontakt mit einem bestätigten oder wahrscheinlichen Coronavirus-Fall oder Aufenthalt in einer Region, in der von anhaltender Übertragung vom Coronavirus ausgegangen werden muss oder Aufenthalt beziehungsweise Arbeit in einer Gesundheitseinrichtung, in der Patientinnen und Patienten mit einer Coronavirus-Infektion behandelt werden beziehungsweise wurden.

Was sollte man tun, wenn man Angst hat, erkrankt zu sein?

„Italien ist mittlerweile auch ein Krankheitsherd. Sollte jemand in den letzten 14 Tagen in den betroffenen Gebieten wie etwa der Lombardei oder Venetien gewesen sein und Symptome wie Schnupfen entwickeln, kann man die Gesundheitshotline 1450 anrufen. Eigenständig mit den öffentlichen Verkehrsmitteln zum Arzt zu fahren sollte man allerdings nicht.“