Was müssen das für Menschen sein, die ihre besten Freunde, die mit ihnen jahrelang durch dick und dünn gegangen sind, auf die Ersatzbank setzen, wenn die nächste Beziehung da ist? Kann mir nicht passieren, ich hab einen kleinen, aber sehr feinen Kreis an Menschen, denen ich absolut vertraue, in meinem Freundeskreis. Für immer und ewig. Und auch ich selbst würde das niemals tun. Beziehungen enden, aber Freundschaften? Nah. Fast 30 Jahre hat es gedauert, einzusehen, dass das nicht so ist. (Beste) Freundschaften halten nicht selbstverständlich ewig. Versteht mich nicht falsch – für mich sind Freundschaften absolut nichts Selbstverständliches, und Menschen, die einem beistehen ein unglaublich tolles Geschenk. Und dennoch hab ich lange in dem Glauben gelebt, dass „es“ mich nicht treffen kann. Meine beste Freundin würde mich niemals gegen einen Mann eintauschen. Never ever. Falsch gedacht.

Aber von Anfang an. Sie und ich kennen (oder muss ich bereits von „kannten“ sprechen?) uns sechs Jahre. Damals war sie gerade von ihrem letzten Freund getrennt. Es war „Liebe auf den ersten Blick“ bei uns beiden. Wir waren von der ersten Sekunde an ein Herz und Seele. Haben stundenlang geredet, jede Kleinigkeit geteilt, wir waren zusammen auf Urlaub und haben blind vertraut. Ich zumindest habe das getan. Denn es mag säuerlich klingen, ich weiß, aber ich kann es mir nicht anders erklären, als dass ich vieles ganz anders wahrgenommen habe, als sie, denn sonst schmeißt man eine so intensive und wichtige Freundschaft doch nicht einfach weg, oder? Aber ich will nicht darüber nachdenken, ob es leere Worte waren – zu groß ist der Schmerz. Noch immer. Wir haben uns durch persönliche Krisen geholfen – und die erste gemeinsame nicht gepackt.

Ghosting: Mit ihrem neuen Freund wurde ich langsam unwichtig

Es begann schleichend. Aus den beinahe täglichen Nachrichten wurden langsam immer sporadischere. Aus den wöchentlichen Treffen wurden langsam monatliche, weil die sporadischen Nachrichten meistens unbeantwortet blieben. Aus den Treffen, die früher meist so lange und so intensiv waren, wurden kurze Zwischenstopps. Bis die Antworten auf die sporadischen Nachrichten und die Treffen ganz ausblieben. Und sie sich einfach nie wieder gemeldet hat.

Ich habe Antworten eingefordert. Ich hab versucht, mich zu öffnen. Ich hab mit Sicherheit auch trotzig reagiert. Ich habe geweint und ich hab nochmal eine Nachricht geschrieben. Bis ich endlich und nach Monaten eine Antwort bekommen habe. Was ich da gelesen, war mir so fremd. Ich habe geantwortet, versucht, die Dinge zu klären. Denn diese Person war keine Freundin, sondern eine Schwester für mich. Ich konnte nicht glauben, was ich da gelesen habe – so befremdlich und schockierend die Worte, über die ich definitiv bereit gewesen wäre, zu reden. Ich habe geantwortet, mich für die Nachricht bedankt – und nie wieder eine Antwort bekommen. Das alles ist Monate her. Und ich hab es noch immer nicht verdaut. Oder verstanden, was da passiert ist. Es folgte ein Gefühlsmix. Schuldgefühle, Trauer, das Gefühl , nicht genug gekämpft zu haben. Es brauchte viele Gespräche mit Freundinnen um halbwegs zu verarbeiten, was da passiert ist. Verstehen kann ich es noch immer nicht. Nicht mal ein kleines bisschen. Und dann irgendwann lernst du, es anzunehmen, weil du dich der Schmerz sonst auffrisst. Es ist wichtig, die Trauer zuzulassen, denn eine Trauerphase ist wichtig, um wieder zu heilen. Und dann ist es wichtig, es anzunehmen und gehen zu lassen. Die schönen Dinge in Erinnerung zu behalten, mit Liebe darauf zurückzublicken. Denn es kann eben doch jeden treffen.