Gestern (27. Mai) hat der Nationalrat gegenüber Bundeskanzler Sebastian Kurz und seiner Regierung das Misstrauen ausgesprochen. Er wurde somit mit heute aus seinem Amt entlassen und muss seine Position als Bundeskanzler nach nur 525 Tagen im Amt räumen.  

Aber wie kam es überhaupt dazu? Und, was heißt das jetzt eigentlich für uns? Wir haben alle Infos für euch.

 

Der gestrige Misstrauensantrag gegen Sebastian Kurz erhielt die Mehrheit der Stimmen. Das bedeutet, dass Sebastian Kurz als Bundeskanzler von der Mehrheit des Nationalrats abgewählt wurde. Es ist das erste Mal in der Geschichte Österreichs, dass einem Misstrauensvotum mit einer Mehrheit zugestimmt wurde. Bundespräsident Alexander Van der Bellen wird, bis zu den Neuwahlen im September, die Stelle des Bundeskanzlers neu besetzen. Bis er jemanden gefunden hat, wird der bisherige ÖVP-Finanzminister Hartwig Löger vorübergehend das Amt des Bundeskanzlers übernehmen.

Wie kam es überhaupt zu einem Misstrauensantrag?

Beginnen wir von vorne. Begonnen hat alles mit dem, mittlerweile weltberühmten, Ibiza-Video. Die „Süddeutsche Zeitung“ und der „Spiegel“ veröffentlichten am Freitag, dem 17. Mai, ein Video, das den Vize-Bundeskanzler Heinz-Christian Strache und den FPÖ-Klubobmann Johann Gudenus dabei zeigt, wie beide einer vermeintlichen Oligarchennichte Auftragsarbeiten in Österreich gegen russisches Geld versprachen.

Das in Ibiza aufgenommene Video ging viral und zeigte, wie Strache nicht nur darüber sprach, Parteispenden am Rechnungshof vorbei zu schmuggeln, sondern auch, wie es möglich wäre, die Kronen Zeitung zu übernehmen. Das Video löste einen Politik-Skandal in Österreich aus und sorgte weltweit für Aufruhr. Die österreichische Innenpolitik stand vor einer Frage, die dringend beantwortet werden musste: Und was jetzt?

Strache und Gudenus treten zurück

Die Konsequenz: Am nächsten Tag (Samstag, 18. Mai) tritt H.C. Strache von allen Ämtern zurück. Auch Johann Gudenus gab daraufhin seinen Rücktritt bekannt.

Nach den Rücktritten der beiden ehemaligen FPÖ-Mitgliedern, wartete man auf Sebastian Kurz und seine Reaktion. Die Ibiza-Affäre löste gleichzeitig eine Welle des Protests in der österreichischen Bevölkerung aus. Zahlreiche Menschen versammelten sich am Samstag nach der Veröffentlichung des Videos am Wiener Ballhausplatz vor dem Bundeskanzleramt und forderten Neuwahlen.

„Genug ist genug“

Mit diesen Worten gab Sebastian Kurz am Samstag, den 18. Mai schließlich bekannt, dass er die Koalition mit der FPÖ beendet und rief Neuwahlen aus. Am Montag darauf schlug er Bundespräsident Alexander Van der Bellen vor, Innenminister Herbert Kickl zu entlassen. Ein Vorschlag, der in die Tat umgesetzt wurde. Daraufhin legten alle FPÖ-Minister ihre Ämter nieder. Sie hatten bereits im Vorfeld angekündigt, sich aus der Regierung zurückzuziehen, sollte Herbert Kickl entlassen werden.

Was passierte mit den freien Minister-Plätzen in der FPÖ?

Nach der Auflösung der Koalition zwischen ÖVP und FPÖ, wurden sogenannte Übergangsminister von Van der Bellen angelobt. Da sich die ehemaligen Mitglieder der freiheitlichen Partei dazu entschlossen hatten, ihre Ämter zu verlassen. Die Ämter der ehemaligen FPÖ-Minister werden derzeit von Experten besetzt. Diese parteilosen Experten werden bis zu den Neuwahlen die Ministerin übernehmen.

Diese Experten kümmern sich derzeit um die Ämter der ehemaligen FPÖ-Minister

  • Walter Pöltner: Soziales, Arbeit und Gesundheit
  • Valerie Hackl: Infrastruktur
  • Johann Luif: Verteidigung
  • Eckart Ratz: Inneres
  • Juliane Bogner- Strauß: Familien, Frauen, Jugend, Sport und Beamte

Misstrauensantrag gegen Kurz und die Regierung

Wie kam es nun zu dem Misstrauensantrag gegen Kurz und seine Regierung? Nachdem die Koalition mit der FPÖ aufgelöst wurde, wurde die ÖVP somit automatisch zu einer Alleinregierung mit Sebastian Kurz an der Spitze. Eine Situation, die Misstrauen bei den Oppositionsparteien auslöste. Die Liste JETZT stellte daraufhin einen Misstrauensantrag gegen den Bundeskanzler. Kurz darauf zog die SPÖ nach und stellte ebenfalls einen Antrag, allerdings nicht nur gegen Sebastian Kurz, sondern auch gegen die gesamte Regierung.

Ein Misstrauensantrag ist ein Mittel der Kontrolle. Der Bundespräsident muss das Regierungsmitglied, dem Misstrauen unterstellt wurde, des Amtes entheben. Das kann selbst dann passieren, wenn es keine besondere Begründung gibt – einzig und allein die Mehrheit ist bei der Abstimmung notwendig, um den Antrag durchzubringen. 

Das ist nun in der gestrigen Nationalratssitzung (27. Mai) passiert. Erstmals in der Geschichte der zweiten Republik wird eine Regierung durch einen Misstrauensantrag aus dem Amt entlassen. Die FPÖ, sowieso die Liste JETZT unterstützten den Misstrauensantrag der SPÖ gegen Kurz und seine Regierung, und bildeten damit die Mehrheit der Stimmen. Die ÖVP und die Partei NEOS stimmten dagegen.

Heute, um 11:30 wurde Bundeskanzler Sebastian Kurz offiziell von Bundespräsident Alexander Van der Bellen aus seinem Amt enthoben.

Ende Kurz: Wer sitzt jetzt eigentlich in der Regierung?

Mit der Entlassung von Sebastian Kurz wurde zudem vorübergehend ein neuer Bundeskanzler ausgewählt. Hartwig Löger, der bisherige ÖVP-Finanzminister, wird bis Freitag das Amt übernehmen, so Alexander Van der Bellen. Am Freitag wir dann ein neuer Bundeskanzler bekannt gegeben, der als Übergangskanzler bis zu den Neuwahlen im September angelobt werden wird. Bis zur Ernennung einer neuen Übergangsregierung am Freitag werden die bisherigen ÖVP-Minister weiter arbeiten.

Was bedeutet die aktuelle politische Lage in Österreich für uns?

Durch die Ibiza-Affäre, diverse Rücktritte und der Amtsenthebung des Bundeskanzlers, fragen sich viele Menschen nun, was das alles für Österreich und seine Bürger zu bedeuten hat. Dazu heißt es nun Abwarten, bis die Neuwahlen im September stattgefunden haben, aber auch, wie sich Experten und vorübergehende Bundeskanzler machen werden.

Bundespräsident Alexander Van der Bellen betont allerdings, dass es keinen Grund zur Sorge gäbe: „Es ist zwar kein alltäglicher, aber doch im Grunde genommen ein ganz normaler, demokratischer Vorgang. Und was mich dabei beruhigt: Wir haben unsere elegante österreichische Bundesverfassung, die uns durch diese Tage leitet.“ 

Er ist der Meinung, dass man sich, trotz so einer schwierigen Phase, nicht von der Politik abwenden sollte. Ganz im Gegenteil, eine Beteiligung an der Diskussion wäre am besten. „Wir kriegen das hin. Das haben wir auch in der Vergangenheit geschafft.“