Nordrhein-Westfalen zieht nun Konsequenzen aus dem bundesweit bisher größten einzelnen Corona-Ausbruch. Die Landesregierung verhängte am Dienstag (23. Juni) einen „Lockdown“ für die benachbarten Landkreise Gütersloh und Warendorf.

Umfangreiche neue Tests sollen klären, ob und in welcher Zahl der Corona-Virus von Mitarbeitern der Fleischfabrik Tönnies auf die Bevölkerung in den Kreisen übergesprungen ist, kündigte NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann in Düsseldorf an.

Bayern verbietet Beherbung für einzelne Landeskreise

Beim Fleischverarbeiter Tönnies im Kreis Gütersloh hatten sich über 1500 Mitarbeiter mit dem Virus infiziert. „Wir führen wieder eine Kontaktbeschränkung wie im März ein„, sagte Ministerpräsident Armin Laschet. Diese solle bis zum 30. Juni gelten. Ein Reiseverbot verfügte Laschet indes nicht. Bayern reagierte allerdings auf die neuen Infektionsherde und kündigte ein Beherbergungsverbot für Gäste aus Landkreisen mit hohen Infektionszahlen an, darunter auch Gütersloh. Bayerische Hotels und Pensionen dürfen demnach künftig keine Gäste mehr aus Landkreisen aufnehmen, in denen es in den zurückliegenden sieben Tagen mehr als 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner gab. Ausnahmen will Bayern nur für Gäste mit negativem Coronatest machen.

NRW-Gesundheitsminister Laumann empfahl allen Reisewilligen aus den betroffenen Kreisen, einen Test zu machen. Falle dieser negativ aus, könnten sie reisen, wohin sie wollten. Zudem kündige der Minister umfangreiche Tests in Krankenhäusern, Altenheimen und Supermärkten an.

Das Robert-Koch-Institut (RKI) erwartet zudem, dass die Menschen sich auch in den nächsten Monaten auf ein Leben mit Einschränkungen einstellen müssen. Man werde das Virus kontinuierlich im Land haben, lokale Ausbrüche werde es wohl weiter geben.

1553 Mitarbeiter von Schlächter Tönnies mit Coronavirus infiziert

„Wir haben es im Kreis Gütersloh mit dem bisher größten einzelnen Infektionsgeschehen in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland zu tun“, sagte Laschet. Der Ausbruch berge „ein enormes Pandemie-Risiko“. 1553 Mitarbeiter des Tönnies-Schlachthofs seien positiv auf das Virus getestet worden, Zentrum innerhalb des Schlachthofs sei die Fleischzerteilung mit besonders harten Arbeitsbedingungen gewesen. Neue Fälle könne es aber auch im familiären Umfeld der Mitarbeiter geben. Deshalb sei die Zahl der Infizierten wohl höher. Außerhalb des Umfelds des Schlachtbetriebs gebe es nur 24 Infizierte. Der Ausbruch war in der vergangenen Woche bekanntgeworden.

Nordrhein-Westfalen verhängt „Lockdown“: Schulen und Kitas geschlossen

„Wir führen wieder eine Kontaktbeschränkung auf den Familien- und Haushaltsverbund ein wie im März“, sagte Laschet. Er habe sich auch mit Experten des RKI beraten. Grillen im öffentlichen Raum werde wieder untersagt, Bars und „gastwirtschaftliche Thekenbetriebe“ geschlossen.

Rund 7000 Tönnies-Mitarbeiter befinden sich in Quarantäne, für Zehntausende Kinder seien Schulen und Kitas geschlossen, Tests seien beschleunigt worden, sagte der Regierungschef. Jetzt gehe es auch darum, das Einhalten der Quarantäne sicherzustellen: „Zur Not müssen die Behörden auch mit Zwang diese Maßnahmen durchsetzen.“ Fragen des Schadenersatzes gegen die Firma Tönnies könnten nach der Krise geprüft werden. Unter anderem Bundesarbeitsminister Hubertus Heil hatte sich dafür ausgesprochen, solche Ansprüche gegen den Fleischverarbeiter zu prüfen.

Das RKI geht nicht davon aus, dass es in den kommenden Wochen gravierende Änderungen des Infektionsgeschehens in Deutschland geben wird. „Ich kann mir relativ schlecht vorstellen, dass wir gar keine Fälle mehr haben„, sagte RKI-Chef Lothar Wieler.

(Quelle: Reuters)