Frauen in der Politik müssen nicht nur beweisen, ihre politischen Ansichten anbringen zu können, sie müssen sich auch Beurteilungen anhören, die sie objektivieren, sexualisieren oder bewerten. Oft wird weniger diskutiert, welche innerparteilichen Fähigkeiten existieren, sondern viel mehr darüber, ob sie gut aussieht oder nicht. Es scheint immer noch wichtiger zu sein, welches Erscheinungsbild eine weibliche Politikerin hat, als das, was sie tatsächlich tut. Zumindest, so suggeriert es der neueste Vorfall, sind Frauen in politischen Funktionen erst dann glaubwürdig, wenn ihr Äußeres mit dem zusammenpasst, was sie sagt. 

Die Chefredakteurin des Kuriers Martina Salomon wurde eingeladen, um als Expertin darüber zu diskutieren, welche politischen Leistungen oder Niederlagen in den Sommergesprächen, vorkamen. Sie wurde gebeten, eine Analyse zu Pamela Rendi-Wagner abzugeben. An der Seite von Politologen Peter Filzmaier, der ihr, wie Armin Wolf, wortlos zuhörte, als sie begann zu analysieren. Martina Salomon stieg bereits mit Alltagssexismen ein und was danach kam, schockierte wohl das gesamte Land.

Bewertung weiblicher Politikerinnen ist immer noch frauenfeindlich

Martina Salomon sagte, bereits am Anfang, dass Rendi-Wagner eine tolle Frau ist, immerhin schafft sie es, Karriere und Kinder unter einen Hut zu bringen. Hier bedient sich Salomon bereits an Alltagssexismen, die in einer politischen Analyse im Jahre 2019 eigentlich keinen Platz finden sollten. Man kann den Vergleich ziehen, dass bei Männern in der Politik solche Dinge nicht angesprochen werden. Was hier als ein Kompliment verpackt ist, unterstreicht frauenfeindliche Klischees, die suggerieren, dass es die eigentliche Aufgabe einer Frau ist, sich um die Kinder zu kümmern. Und, dass es extra betont gehört, wenn sie auch andere Dinge, wie beispielsweise eine Karriere, schafft.

In weiterer Ausführung erklärt Salomon, dass sie Rendi-Wagner als nicht authentisch einstuft. Sie erklärt sich, in dem sie ein Bespiel heranzieht, dass weder die politischen Fähigkeiten von Rendi-Wagner behandelt, noch jegliche Substanz an Professionalität besitzt. Nach einer Auflistung von Dingen, die die Politikerin alle gemacht hat, meint Salomon: „Jetzt hat sie sogar gesagt, sie hat ein Cordon Bleu gegessen, letzten Freitag. Ich glaub ihr kein Wort. So, wie sie aussieht, wird sie sich eher nur von ein paar Salatblättern ernähren.“

Zwar darf sie als Analytikerin sagen, dass sie Rendi-Wagner nicht authentisch findet, nur sollte sie es weder an ihrem Aussehen, noch am Essverhalten festmachen. Hier wird die Politikerin auf ihr Äußeres reduziert – und das nennt sich Bodyshaming. Es scheint so, als hätte man nicht verstanden, dass die Figur von Rendi-Wagner nichts mit ihren Fähigkeiten als Politikerin zu tun hat. Aber wiedereinmal gelingt es nicht, das Aussehen von Frauen in der Politik außen vor zu lassen.

Warum es immer noch nicht gelingt, Frauen nicht zu objektivieren

In Rahmen des öffentlich rechtlichen Fernsehens eine Aussage zu liefern, die eine Frau auf ihren Körper reduziert, ist alles andere als OK. Sie hat nicht realisiert, die Authentizität einer Politikerin in Frage zu stellen, weil ihr Essverhalten nicht mit ihrem Körper zusammen passen soll. Und genau das ist das Problem. Dass Objektivierung von Frauen auch dann passiert, wenn man es nicht bemerkt. Ein Spiegel unserer Gesellschaft, der zeigt, dass das Patriarchat viel mehr kaputt gemacht hat, als wir womöglich denken. Die Sexualisierung, Objektivierung und Bewertung der Frau sitzt so tief in den Köpfen der Gesellschaft, dass es passieren kann, dass eine Analytikerin, die politische Fähigkeiten beurteilen soll, Bodyshaming betreibt.

Gegen Frauenfeindlichkeit muss etwas gesagt werden – immer

Sowohl Armin Wolf, als auch Peter Filzmaier ließen die Aussagen unkommentiert. Das suggeriert, dass frauenfeindliches Verhalten OK ist. Dass es nicht kommentiert gehört, man darüber hinwegsehen kann und halb so schlimm ist. Dabei war das, was in diesem Moment gefehlt hat, eine Retourkutsche, die signalisiert: Die Bewertung des Körpers einer Frau ist nicht in Ordnung. Aber dies blieb in dieser Situation aus, selbst von Armin Wolf. Jemand, der sich sonst kein Blatt vor den Mund nimmt und immer das sagt, was er denkt.

Hier fragt man sich, seit wann Diskriminierung eine Meinung ist.