Energie sammeln, den Körper mobilisieren, die körperliche und geistige Balance wieder finden: Noch vor wenigen Jahrzehnten galt Yoga als esoterische Spinnerei indischer Gurus. Inzwischen ist der Entspannungssport längst gesellschaftsfähig geworden. Das drückt sich nicht nur dadurch aus, dass es selbst in jedem Dorf mittlerweile Yoga-Kurse gibt. Auch spezielle Läden nur für Yoga-Kleidung sieht man nun. Denn an diese stellen sich besondere Anforderungen: Beim Dehnen, Biegen und Strecken darf schließlich nichts reißen, drücken oder herumbaumeln. Und schick aussehen sollen die Teile natürlich auch noch.

Funktionalität geht vor

„Wichtig ist, dass die Kleidung ihre Funktion erfüllt“, fasst es André Meyn zusammen. Er ist Modedesigner aus Hamburg und Mitglied im Verband deutscher Mode- und Textildesigner. Für sein Label „Wanaka Precycled“ entwirft Meyn nachhaltige und ökologische Sportkleidung. „Was zählt, ist, dass ich mich in der Bewegung frei fühle.“

Dieser praktische Aspekt spielt auch für Angelika Beßler die größte Rolle bei der Kleiderwahl. Beßler arbeitet seit 18 Jahren als Yoga-Lehrerin und ist Vorstandsvorsitzende des Berufsverbandes der Yogalehrenden in Deutschland (BDY). Gerade bei kraftvollen Stilrichtungen wie Ashtanga, Vinyasa, Power oder Flow Yoga bewegt man sich viel.

„Wenn ich zum Beispiel auf dem Rücken liege und die Beine nach oben strecke, ist es gut, wenn meine Hose am Fußgelenk ein Bündchen hat, damit sie mir nicht herunterrutscht“, erklärt die Expertin. Oberteile mit Kapuzen hält Beßler für ungeeignet. „Wenn ich mich kopfüber beuge, fällt mir eine Kapuze gleich ins Gesicht.“ Yoga-Sportler sollten außerdem darauf achten, dass ihre Hose am Bauch nicht zu eng sitzt. Das gelte besonders beim Viniyoga, denn dabei sitzen die Yogis eher. „Knöpfe, Gürtel und Reißverschlüsse können unangenehm drücken“, warnt Beßler.

Guter Grip garantiert

Als Fußbekleidung empfiehlt die Expertin vom BDY zehen- und fersenfreie Socken, die für festen Halt am Boden sorgen. Wer dennoch rutscht, könne Yoga auch problemlos barfuß praktizieren.

Im Lagenlook zum Yoga

Generell sei es praktisch, beim Yoga das bekannte Zwiebelprinzip anzuwenden. „So kann ich immer etwas an- oder ausziehen, je nachdem ob ich gerade schwitze oder friere.“

Das Material macht den Unterschied

Naturmaterialien wie Baumwolle haben für Angelika Beßler dabei zwei Vorteile: „Sie sind hautsympathisch und knistern nicht – anders als Kleidung aus Kunststoff, zum Beispiel Ballonseide, die oft Geräusche erzeugt, wenn man sich bewegt.“ Das könne schnell die Konzentration stören. Modedesigner André Meyn ist ebenfalls von Baumwolle überzeugt. „Der Trend geht zu Kleidung, die zu 100 Prozent aus Baumwolle besteht und noch dazu biologisch erzeugt wurde.“ Den Vorteil von Kunststoffen wie Polyester sieht er darin, dass diese Schweiß besser nach außen transportieren, wo die Feuchtigkeit verdampfen kann.

Color up your yoga-life

Bei den Farben ist die Auswahl längst nicht mehr auf helle, eierschalenfarbene Hemden und Hosen beschränkt. „Diese traditionelle Ästhetik aus Indien ist vollkommen überholt“, sagt Beßler. Angesagt sind momentan besonders zarte Pastelltöne und gedeckte Farben, beschreibt Modedesigner Meyn. Das bestätigt Alexandra von Richthofen, Redakteurin der Fachzeitschrift „Textilwirtschaft“. „Modern sind gerade grau-braunes Taupe, glänzendes Bronze, Rosé und Schwarz.“

Knallige und intensive Farben sind bisher noch der Kleidung aktionsreicherer Sportarten vorbehalten. André Meyn prognostiziert jedoch, dass sich dies in den nächsten zwei Jahren ändern wird. Insbesondere helle Grün-, Blau- und Gelbtöne sieht der Designer im Kommen. „Yoga ist als Sport absolut im Trend. Deshalb wird sich zwangsläufig auch die passende Kleidung weiterentwickeln und der Nachfrage junger Leute nach einem modischen Look anpassen“, glaubt er.