Wie diffus die Grenze zwischen real und virtuell ist, wird vor allem dann deutlich, wenn sich Menschen aufgrund von Cyber-Mobbing (also wegen Diffamierungen, Anfeindungen, Bloßstellungen und Beleidigungen im Social Web) dann tatsächlich etwas antun oder antun wollen. Dieser Druck macht auch vor Menschen nicht halt, die es eigentlich gewohnt sind, in der Öffentlichkeit zu stehen.

Die 22-jährige US-amerikanische Sängerin Kehlani wollte sich, nachdem ihr online unterstellt worden war, ihren Freund zu betrügen, das Leben nehmen: das teilte sie via Instagram-Posting mit.

 

Auch, wenn es paradox erscheint und man gerne eine Augenbraue hochziehen möchte, dass sie ihre Lage ausgerechnet auf Instagram mit ihren Followern teilt, sollte man vielleicht doch kurz innehalten und dieses Posting als Hilferuf verstehen, als ein ernstzunehmendes „Leute, es ist ernst, ich kann jetzt wirklich nicht mehr“.

Auf ihrer Facebook-Seite wird die junge Sängerin in Kommentaren extrem angefeindet, man möchte sich übergeben: Neben frauenfeindlichen und chauvinistischen Aussagen (sogar von Frauen selbst, Bravo!) erhält Kehlani sogar Drohungen. Like, wtf. 

Ihre Reaktion ist dabei keineswegs die eines überempfindlichen, verwirrtes jungen Starlets, sondern die Konsequenz auf tatsächliche, extreme psychische Belastung durch Menschen und Medien, die andere im Internet bloßstellen und systematisch fertig machen. Und Opfer einer solchen Bloßstellung können wir alle werden.

Das zeigt auch der Fall der 15-jährigen Amanda Todd aus Kanada, die sich 2012 das Leben nahm, nachdem ein Oben-ohne-Foto von ihr verbreitet wurde. In einem Video teilte sie kurz vor ihrem Tod noch ihre Geschichte mit, seitdem gilt ihr Fall als tragisches Beispiel dafür, wozu Menschen im Internet fähig sind und was Cyber-Mobbing auslösen kann.

 

 

Worte im Internet muss man sorgsam wählen. Alles, was wir teilen, kommentieren und liken trägt zur Verbreitung des Inhalts bei und kann Menschen, die wir ja alle sind, physisch wie psychisch extrem schädigen. Und: Cyber-Mobbing ist kein Kavaliersdelikt sondern eine strafbare Handlung: In Österreich am seit 1.1.2016 eine neue Regelung in Kraft getreten, die Cyber-Mobbing zum Straftatbestand erklärt, also zu dem, was es ist: ein Verbrechen. Hier ein Auszug aus dem Strafgesetzbuch:

„§ 107c. (1) Wer im Wege einer Telekommunikation oder unter Verwendung eines Computersystems in einer Weise, die geeignet ist, eine Person in ihrer Lebensführung unzumutbar zu beeinträchtigen, eine längere Zeit hindurch fortgesetzt

eine Person für eine größere Zahl von Menschen wahrnehmbar an der Ehre verletzt

oder

Tatsachen oder Bildaufnahmen des höchstpersönlichen Lebensbereiches einer Person ohne deren Zustimmung eine für eine größere Zahl von Menschen wahrnehmbar macht

ist mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bis zu 720 Tagessätzen zu bestrafen.

 

(2) Hat die Tat den Selbstmord oder den Versuch des Selbstmordes der im Sinn des Abs. 1 verletzten Person zu Folge, so ist der Täter mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren zu bestrafen.“

 

Hilfe und Tipps, wie man sich gegen Cybermobbing wehren kann, gibt’s hier

Wie es Kehlani mittlerweile geht, wissen wir leider nicht. Sie hat ihren Instagram-Account zwar noch nicht ganz deaktiviert, ihre Beiträge jedoch gelöscht. Wir wünschen ihr alles Gute.