Marina Menegazzo (21) und María José Coni (22) wollten wie viele junge Erwachsene in ihrem Alter mit ihren Rucksäcken Südamerika bereisen – doch das Abenteuer endete für die beiden tödlich: Die Mädchen wurden tot am Strand von Montañita in Ecuador aufgefunden – vergewaltigt, erstochen und ihre Körper in Plastiksäcke gesteckt. Zwei Männer werden des Verbrechens angeklagt, einer ist geständig.

Im Netz verhöhnt

Als der Fall publik wurde und internationale Medien in der Berichterstattung immer wieder betonten, dass die beiden alleine unterwegs waren, überschlugen sich die Reaktionen im Netz. Anstatt Trauer und Mitgefühl auszudrücken, warfen viele Internet-User den beiden Mädchen vor, an ihrem Tod selbst schuld zu sein. Spekulationen wurden laut, die Ermordeten seien zu aufreizend gekleidet gewesen – und überhaupt sei es fahrlässig, als Frauen unbegleitet zu reisen. Auch die Handlungen der Mädchen wurden hinterfragt: Hatten sie Alkohol getrunken? Hatten sie die Vergewaltigung gar provoziert?

Eine Frau macht sich für die Opfer stark

Marina Menegazzo und María José Coni können sich nicht mehr verteidigen. Dafür macht sich eine andere Frau nun für sie stark: Die Paraguayanerin Guadalupe Acosta veröffentlichte auf Facebook einen offenen, fiktiven Brief aus Sicht der Opfer:

 

Ayer me mataron.Me negué a que me tocaran y con un palo me reventaron el cráneo. Me metieron una cuchillada y dejaron…

Posted by Guadalupe Acosta on Tuesday, 1 March 2016

 

Die Übersetzung: 

Ich weigerte mich, mich von ihnen berühren zu lassen und wurde dafür mit einem Stock geschlagen, bis mein Schädel platzte. Sie stachen mich ab und ließen mich ausbluten.

Wie ein Stück Müll haben sie mich in einen schwarzen Plastikbeutel gestopft, mit Klebeband umwickelt und auf den Strand geworfen, wo ich Stunden später gefunden wurde.

Aber schlimmer als der Tod waren die Demütigungen, die darauf folgten.

Als meine Leiche gefunden wurde, interessierte es weniger, wer jener Bastard war, der meine Träume, meine Hoffnungen, mein Leben beendet hat.

Stattdessen stellten sie Fragen über mich. Fragen über eine tote Frau, die nicht mehr für sich antworten, sich wehren kann.

Welche Kleidung trug sie? Warum war sie alleine? Warum begab sie sich in ein gefährliches Land? Was hatte sie erwartet?

Sie sagten, dass wir bestimmt auf Drogen gewesen seien, das wir es eigentlich nur darauf angelegt hätten.

Jetzt, wo ich tot bin, verstehe ich, dass ich von der Welt nicht wie ein Mann behandelt werde. Mein Tod war für alle, die Medien, die User, nur meine Schuld. Wäre der Fall umgekehrt, wären es zwei junge Männer, die abgeschlachtet wurden, dann gäbe es Mitleid, Trauerbekundungen. Man würde härtere Strafen für die Mörder verlangen.

Heuchlerische Doppelmoral.

Ist das Opfer eine Frau, dann ist das Verbrechen weniger schwerwiegend, denn ich habe es herausgefordert, indem ich nicht zuhause geblieben bin und meine Träume vom Reisen unterdrückt habe. Nicht die Täter, sondern wir werden verurteilt.

Es ist unsere Schuld, wenn sie uns auf der Straße hinterherschreien, dass sie unsere Genitalien berühren wollen, dass sie uns lecken wollen. Wir gelten als leichtfertig, wenn wir bei 40 Grad Shorts tragen und als verrückt, wenn wir alleine unterwegs sind. Und wenn auf unseren Rechten herumgetrampelt wird, dann nur, weil wir es so verdient haben.

Ich bitte alle Frauen, die unterdrückt werden, die aus Angst vor öffentlicher Verurteilung bislang geschwiegen haben, ihre Stimmen zu erheben und für ihre Rechte einzutreten. Wir wollen keine Opfer sein – und auch nicht länger zum Täter gemacht werden

Der Brief wurde auf Facebook bereits über 700.000 mal geteilt.