Es ist mittlerweile lange her, dass ich die Pille genommen habe. Damals war ich noch sehr jung und wusste nicht, was ich meinem Körper eigentlich antue. Ich sage nicht, dass es für alle Frauen so ausgehen muss, wie für mich. Aber dennoch habe ich sehr darunter gelitten. Ich hatte Stimmungswechsel, die meinen Charakter grundlegenden veränderten, nahm an Gewicht zu und hatte generell keine Lust auf gar nichts. Aber ich wusste, wenn ich Sex haben möchte, dann liegt es in meiner Verantwortung, dass ich nicht schwanger werde. Ich musste viele Dinge in Kauf nehmen, die für einen Mann, so denke ich, nicht infrage kommen. Also nahm ich eine Zeit lang die Pille – vor allem deswegen, weil ich Sex haben wollte, ohne, dass ich schwanger werden würde. Erübrigt hat sich das irgendwann auch, weil eine weitere Nebenwirkung war, dass ich jegliche Lust auf Sex verlor.

Heute habe ich einen komplett anderen Zugang dazu. Früher ärgerte ich mich, weil die Nebenwirkungen mein Leben unangenehm beeinflussten, heute weiß ich, dass es nicht das einzige Problem war, das mit der Pille kommt. Es ist die Verantwortung, die sie mit sich trägt. Und die dazugehörige Frage: Bei wem liegt sie denn eigentlich? Immer nur bei der Frau?

Ärzte geben dir das Gefühl, es liegt in deiner Verantwortung

Als ich damals zu meiner Frauenärztin ging und meinte, es wäre wahrscheinlich an der Zeit sich Gedanken darüber zu machen, wie man verhütet, war sofort klar: ich soll die Pille nehmen. Kondome seien zu unsicher, meinte sie. Ich sollte selbst darauf achten, dass verhütet wird. Die Pille ist eine Macht der Frauen, für die sie lange gekämpft haben, eine Art Befreiung. Aber ist sie das wirklich?

Ich dachte mir, wenn meine Ärztin sagt, es ist die beste Lösung, dann wird das auch stimmen. Sie klärte mich über mögliche Nebenwirkungen auf, aber wie ernst ich das nahm, ist eine andere Geschichte. Also stimmte ich zu, ich werde ab sofort die Pille nehmen. Ich dachte darüber nach, dass ich nun selbst über meinen Körper bestimmen werde. Dass es in meiner Verantwortung liegt, dass verhütet wird. Ich fühlte mich ein Stück mächtiger, wahrscheinlich auch deswegen, weil ich damals noch keine Ahnung von Sex hatte und nicht wusste, dass dazu zur Verhütung einerseits eigentlich zwei gehören, und andererseits auch ein Kondom eine Rolle spielt –  denn Geschlechtskrankheiten standen damals irgendwie auch nicht auf meiner Agenda.

Je älter ich wurde, desto mehr realisierte ich, dass die Ärztin zwar recht hatte, dass ich durch die Pille ein Stück mehr Freiheit hatte, ich mich aber somit in einer anderen Zwickmühle befand: Warum, verdammt nochmal, heißt die Befreiung der Frau durch die Pille auch, dass jegliche Verantwortung und jegliches Interesse der Männer an uns abgegeben wird?

Warum denken Männer, es ist lediglich Frauensache?

Als ich älter wurde, merkte ich schnell, dass die Mehrheit der Frauen, die ich kannte, die Pille nahm oder genommen hatte. Auch war schnell klar, dass viel zu viele von ihnen starke Nebenwirkungen hatten. Es ist also ziemlich eindeutig, dass die Pille im Leben einer Frau, vor allem in meiner Generation, eine große Rolle spielt. Sie war teilweise ein Begleiter unserer Pubertät und hat uns gezeigt, was gut und was eher unangenehm sein kann. Wir haben viel darüber geredet, in der Schule davon gelernt und sie als etwas angesehen, dass uns erwachsener gemacht hat.

Deshalb frage ich mich immer wieder, wie es sein kann, dass die meisten Männer einfach keine Ahnung haben, was die Pille eigentlich macht, außer zu verhüten. Warum glauben sie, dass sie sich nicht informieren, darum kümmern oder interessieren müssen? Reicht es nicht, dass wir sie am eigenen Körper spüren? Immerhin gehören doch zwei Menschen dazu, wenn es um Sex und Verhütung geht, oder?

Das Interesse, das eigentlich bestehen muss, fehlt

Ich denke diese Dinge nicht, ohne Grund. Mir ist es schon in den letzten Jahren aufgefallen, dass sich Männer sofort aus Gesprächen, in denen über die Pille gesprochen wird, ausklinken. „Ach, das ist doch Frauensache – dafür braucht ihr mich nicht.“ Damals dachte ich auch, dass das stimmt. Immerhin zahle ich dafür, schlucke sie jeden Tag und beschäftige mich einmal zu viel damit. Aber dem ist nicht so. Mit der Zeit bin ich draufgekommen, dass beide Seiten sich darum kümmern müssen. Aber ich werde immer wieder auf den Boden der Tatsachen geholt, wenn ich merke, wie wenig Interesse auf der Seite der Männer besteht.

Ich wurde letztens gefragt, wie es damals genau war, die Pille zu nehmen – von einem Mann. In einem Gespräch zwischen mir und einer anderen Frau hatte sich nämlich ergeben, dass wir beide, damals, als wir die Pille nahmen, keinerlei Lust auf Sex hatten. Ich erklärte ihm, wie schlecht es mir ging und während ich davon erzählte, dachte ich schon wieder an andere Dinge. Ich habe dieses Gespräch schon so oft geführt, dass ich nicht mehr damit rechne, irgendeine Reaktion zu bekommen, die mich überrascht. Aber zu früh gefreut, denn dieser Mann erklärte mir, dass er noch nie davor gehört hatte, dass es wirkliche Nebenwirkungen der Pille gibt. Er meinte, er sei gerade vollkommen fassungslos. Als ich seinen entgeisterten Blick sah, glaubte ich ihm sofort.

Außerdem erzählte er mir, dass er bis jetzt dachte, die Pille wird von der Krankenkasse gezahlt. Und, dass Frauen keine Lust auf Sex mehr haben, das sei vollkommen neu für ihn. Aber das erklärte immerhin, warum seine Ex-Freundin damals plötzlich nicht mehr wollte. Jetzt bereute er fast, dass er sich gleich von ihr getrennt hat, anstatt sie öfter zu fragen, woran das vielleicht liegen könnte.

Die Sache mit dem Kondom

Wenn ich darüber nachdenke, dass es genau ein Verhütungsmittel für Männer, aber gefühlt hundert für Frauen gibt, bin ich bereits sauer. So oft, wie uns Männer ihre Macht demonstrieren, so schnell geben sie sie auch wieder ab, wenn es um unangenehmere Dinge geht. Aber genau das ist das Problem, bei der Pille wird jegliche Verantwortung abgegeben. Kein Vergleich, wenn es sich um das Kondom handelt.

Es beginnt schon einmal damit, dass es sehr viele Frauen – wenn nicht sogar alle – die sexuell aktiv sind, Kondome besitzen. Aber sie selbst verwenden, an ihrem eigenen Körper, das können sie nicht. Heißt das, dass sie glauben, sie müssen sich deshalb auch nicht darum kümmern? Anscheinend nicht, weil selbst während dem Sex ist es oft die Frau, die daran erinnert, dass es an der Zeit ist, ein Kondom zu verwenden.

Wenn mit einem Kondom verhütet wird, dann ist es die Sache von beiden – sowohl die des Mannes, als auch der Frau. Ich meine, es passiert sogar, dass der Mann es noch nicht einmal selbst rauf geben muss. Also, heruntergebrochen kann man sagen, dass es im Fall des Kondoms, Frauen gibt, die sie kaufen, daran erinnern und sie am Mann anwenden. Warum kann man dieses Verhalten nicht an die Pille anpassen?

Darum sollte die Verantwortung der Pille aufgeteilt werden

Ich bin der Meinung, dass es, moralisch gesehen, beide gleich viel angeht. Daher glaube ich auch, dass ein gleichberechtigter Umgang wichtig ist. Das sollte schon damit anfangen, dass Männer beginnen, sich dafür zu interessieren. Das würde mir anfangs schon einmal reichen. Einfach, dass alles, was damit Hand in Hand geht, vom Mann bewusst wahrgenommen wird.

In einer idealen Welt sollte – vor allem dann, wenn man in einer Beziehung ist – die Kostenfrage geklärt werden. Die Frau sollte nicht, wenn nur mit der Pille verhütet wird, alleine dafür zahlen müssen. Denn dieser monatliche Betrag kann auf Dauer teuer werden. Beide müssten sich gleich viel daran beteiligen. Genau so, wie es während dem Sex auch ist – es gehören immer zwei dazu.

Außerdem fände ich es auch wichtig, dass die Aufgabe, sich daran zu erinnern, nicht nur bei der Frau liegt. Wenn ein Paar mit der Pille verhütet, dann müssen sich auch beide darum kümmern, dass sie eingenommen wird. Ein einfaches „Hey, hast du heute schon die Pille genommen?“ würde schon so viel ausmachen. Außerdem würde es zeigen, dass man als Frau nicht alleine dasteht. Dass sich auch der Mann beteiligt, weil er weiß, er hat genauso viel Verantwortung, wie die Frau.