EA veröffentlichte diese Woche das zwölfte Spiel in der langjährigen Battlefield-Reihe. Seit der Ankündigung im Mai hat der amerikanische Spiele-Publisher mit Reaktionen auf grundlegende Spielentscheidungen zu kämpfen. Der Teaser, welcher (zumindest im Videospielbereich) mit 500.000 Dislikes nur vom Call Of Duty: Infinite Warfare Reveal Trailer getoppt wird, polarisiert die Fan-Gemeinde wie nie zu vor. Die Möglichkeit, erstmals Frauen spielen zu können, sorgt online für Empörung und entfacht dabei eine längst überfällige Debatte über Sexismus und die Unterrepräsentation von Frauen im größten Unterhaltungsmedium überhaupt.

Im Trailer ist zu sehen, wie eine Soldatin mit Armprothese ein Haus stürmt und anschließend niedergeschossen wird. Außerdem werden Battlefield-typische Features wie Fahrzeuge oder die zerstörbare Spielwelt gezeigt. Auch Neuerungen wie das auf dem Rücken liegende Fortbewegen, das Erbauen von Befestigungen oder das Zurückwerfen von Granaten wurden in den zweieinhalb-minütigen Teaser gepackt. Eine design-technische Entscheidung stößt vielen Spielern jedoch sauer auf. Mit dem neuen Ablager soll es nun, nach 16 Jahren, erstmals möglich sein, als Frau zu spielen. Das spaltet Spieler in zwei Lager: Auf der einen Seite stehen Zocker, welche das Spiel für das schätzen, was es ist und die den Schritt in Richtung mehr Vielfalt unterstützen, auf der anderen hingegen wird unter dem Deckmantel „fehlender Authentizität“ gegen die Integration weiblicher Spielfiguren gewettert. Ein signifikanter Teil ist der Überzeugung, dass keine Frauen im Zweiten Weltkrieg gekämpft haben und die Einbindung dieser, in keiner historisch akkuraten Repräsentation des größten Konflikts der Menschheitsgeschichte Platz hat. Unter dem eigens ins Leben gerufenen Hashtag #NotMyBattlefield sammeln sich chauvinistische und problematische Aussage von empörten Usern.

Frauen auf dem Schlachteld

Die Annahme, dass keine Frauen im Zweiten Weltkrieg mitgewirkt haben, ist, schlicht und ergreifend, falsch. Alleine für die Vereinigten Staaten waren über 350.000 Frauen im Einsatz, berichtet History.com. Auch wenn zumindest in den amerikanischen Reihen keine Soldatinnen auf dem Schlachtfeld aktiv waren, haben sie dennoch enorm wichtige Rollen erfüllt und die kämpfenden Truppen als Sanitäterinnen, Mechanikerinnen oder Fahrerinnen unterstützt. In England wurden Frauen auch an Luftabwehrkanonen eingesetzt und waren für die Verteidigung des Landes vor deutschen Bombern zuständig. Speziell in Russland wurden vermehrt Frauen auf dem Schlachtfeld eingesetzt. Die russische Scharfschützin Roza Shanina erreichte sogar weltweite Bekanntheit aufgrund ihrer Vielzahl an bestätigten Abschüssen.

EA meldet sich zu Wort

Dass die Nachfrage nach spielbaren weiblichen Charakter sehr wohl da ist, bestätigte der Lead Designer des Entwicklungsstudios DICE, Lars Gustavsson: „Hätte ich für jedes Interview, in dem ich in der Vergangenheit für unseren Mangel an Vielfalt kritisiert wurde, einen Dollar bekommen, wäre ich nun ein reicher Mann.“ Auch der ehemalige EA Chief Design Officer Patrick Söderlund meldet sich zu Wort und macht in einem Interview mit The Verge eine klare Ansage: „Diese Leute sind ungebildet und erkennen nicht, dass es sich dabei um ein plausibles Szenario handelt. Wir wollen uns für mehr Vielfalt einsetzen. Wer das nicht versteht, hat zwei Optionen: Akzeptiere es oder kaufe es nicht.“ Der Fakt, dass dieses Jahr auch tatsächlich eine Frau das Cover des Multiplayer-Shooter prägt, verdeutlicht EA’s Stellung zu dem Thema. 

Was bedeutet das für die Zukunft?

Battlefield V bietet die Option, sich erstmals auch für das weibliche Geschlecht zu entscheiden, es wird niemandem ein Avatar aufgezwungen. Ein löblicher und wichtiger Schritt von EA. Wer damit nicht klar kommt, hat natürlich weiterhin die Möglichkeit, den Vorgänger zu spielen. Das Argument mit der historischen Ungenauigkeit als Vorwand für die eigenen, beschränkten Ansichten auszuspielen, gilt allerdings nicht und verdeutlicht die bedenkliche Einstellung vieler Gamer gegenüber Frauen. Auch wenn Videospiele zumindest im „Core-Gaming“-Bereich (noch) eher eine Männerdomäne sind, ist die Anzahl weiblicher Gamer nicht zu unterschätzen. Der unglaubliche Erfolg von Spielen der „The Sims“-Reihe verdeutlicht das Potential, welches im Frauen-Gaming liegt. Auch andere Spiele-Entwickler erkennen den Trend zur Gleichberechtigung und helfen, positive und längst überfällige Änderungen durchzusetzen.

Das amerikanische Studio Naughty Dog veröffentlichte 2017 den Uncharted 4-Ableger „Lost Legacy“, welcher erstmals mit der Tradition des männlichen Hauptcharakters Nathan Drake als Spielfigur bricht und uns in die Schuhe von Chloe Frazer versetzt. Auch der kommende Mega-Blockbuster des Studios, The Last Of Us 2, erzählt seine Geschichte aus der Perspektive einer lesbischen Frau. Solche progressiven Entwicklungen erschließen das Medium neuen Zielgruppen und helfen der Branche zu wachsen. Ein Vorgang, von dem schlussendlich alle profitieren, warum also an alten Traditionen und festgefahrenen Konventionen festhalten und das Potential zurückhalten? Ein großer Reiz von Videospielen ist die Möglichkeit, sich in Situationen und Rollen zu versetzen, die uns in der Realität verwehrt bleiben. Ob diese nun als Mann oder Frau erlebt werden, sollte grundsätzlich egal sein. Eventuell braucht es auch einfach noch den „Alien“-Moment für die Videospiel-Branche um die vorherrschenden Denkmuster aufzubrechen. Ein ausschließlich weiblich bestrittenes Spiel, so ikonisch und kraftvoll, dass es Frauen den Weg in Spiele ebnet und sie, ähnlich wie Sigourney Weaver im Jahr 1979, auf eine Stufe mit ihren männlichen Gegenspielern stellt.

Wie ist das Spiel eigentlich?

Als langjähriger Fan der Reihe (mein Einstieg war 2005 mit Battlefield 2 auf dem PC) war ich natürlich sehr gespannt auf Battlefield V. Wer bereits einen Ablager gespielt hat weiß, dass die Einzelspieler-Kampagnen in Battlefield mehr eine nette Dreingabe sind,  deshalb beschränken sich meine bisherigen Erfahrungen mit dem Spiel ausschließlich auf den Mehrspieler-Modus. Gleich vorweg, das Spiel spielt sich unglaublich gut. Das Schießen, die Bewegungen, das Teamplay, die Spielkarten, alles ist auf einem sehr hohen Niveau und sorgt, gepaart mit der unglaublichen Grafik und Soundkulisse, für ein momentan konkurrenzloses Spielgefühl. Auch der Schritt vom Ersten Weltkrieg des Vorgängerspiels in den Zweiten, bringt, bedingt durch den Wechsel der Zeitepoche,  neue Fortbewegungsmittel, die speziell den Fahrzeug-Kampf wieder deutlich spannender und aufregender machen, als es noch in Battlefield 1 (2016) der Fall war.

Dem ikonischen Battlefield-Modus „Conquest“ wird in Battlefield V erneut eine untergeordnete Rolle zugeteilt. Dies ist aber gar nicht weiters schlimm, da der im Vorgänger bereits hervorragende Operations-Modus weiter perfektioniert wurde und mit „Grand-Operations“ das absolute Highlight bildet. Zum Start bietet der neue Shooter insgesamt sechs verschiedene Spiel-Modi und acht neue Karten. Das mag im Vergleich mit früheren Ablegern und Konkurrenz-Spielen etwas mager klingen, allerdings sind die Karten durch die Bank gut entworfen und bieten einen angenehmen und balancierten Spielfluss. Auch bemerkenswert: Im Gegensatz zu anderen Spielen verzichtet Battlefield V auf kostenpflichtige Erweiterungen und bringt verteilt über die nächsten Monate regelmäßig neue Gratis-Inhalte in Form von Maps, Spielmodi und Waffen.

Bei all dem Lob muss jedoch gesagt werden, dass das Spiel im momentanen Zustand noch mit sehr vielen Fehlern und Problemen zu kämpfen hat. Wie bei nahezu jedem Battlefield-Launch (man erinnert sich an den schrecklichen Start von Battlefield 4 im Jahr 2013) sind die ersten Matches geplagt von unzähligen Frust-Momenten. DICE arbeitet jedoch bereits mit Hochdruck daran und wird am sechsten Dezember zusammen mit der ersten Gratis-Erweiterung „Ouvertüre“ einen umfangreichen Patch veröffentlichen, der dann hoffentlich alle Startprobleme ausbügelt.

Spätestens aber wenn man sich das erste Mal über die imposante Brücke auf „Twisted Steel“ kämpft, mit seinem Squad die Ruinen der alten Festung auf „Harmada“ stürmt oder als Fallschirm-Trupp auf Narvik durch den wunderschönen Schnee stapft, sieht man über gewisse Ungereimtheiten hinweg und verliert sich in den spannenden Online-Schlachten. Wie kein anderes Spiel, schafft es Battlefield V erneut, eine unglaublich dichte Atmosphäre zu schaffen und diese mit herausforderndem und belohnendem Gameplay zu paaren und ist somit ein Muss für Fans der Reihe und alle, die sich nach etwas tiefgründigerem wie Fortnite oder Black Ops 4 sehnen.