Die Netflix-Serie „Dahmer“ bricht gerade einige Streaming-Rekorde und sorgt für jede Menge Aufsehen. Doch auch die Kritik an der Show wird immer lauter. Jetzt kritisiert auch die Hinterbliebene Shirley Hughes die Serie und verurteilt sie Serienmacher.

Denn die Show, in der auch der Mord an ihrem Sohn thematisiert wird, stört die heute 85-Jährige immens.

Shirley Hughes äußert sich zu Darstellung ihres Sohnes Tony

Die Geschichte von Tony war in der Netflix-Serie „Dahmer“ für viele Zuschauer:innen eine der berührendsten. Denn Tony wollte so viel in seinem Leben erreichen. Als gehörloser Mann wollte er es unbedingt schaffen, in der Modelwelt Fuß zu fassen und engagierte sich für seinen großen Traum. Doch sein Zusammentreffen mit Jeffrey Dahmer beendete all seine großen Träume. Denn der Serienmörder tötete den 31-Jährigen.

In der Serie wird die Beziehung zwischen Jeffrey und Tony allerdings anders inszeniert, als jene zu den restlichen Opfern. Denn es scheint so, als würde sich Jeffrey in Tony verlieben – und auch Tony hat Gefühle für Jeffrey. Die Angst des Serienmörders, verlassen zu werden, kann er jedoch nicht unterdrücken und letztlich tötet er auch den Mann, dem er sich erstmals emotional anvertraut hat.

Eine Darstellung, die vor allem eine Frau stört: Shirley Hughes. Die 85-Jährige ist die Mutter des echten Tony Hughes und hat in den vergangenen Jahrzehnten dementsprechend viel mitgemacht. Medienberichten zufolge war sie bei dem Prozess gegen Dahmer anwesend – und kam jeden Tag zu dem Verfahren gegen den Serienmörder. 1992 wurde ihr ein zivilrechtliches Urteil zugesprochen, das es ihr ermöglicht, zehn Millionen Dollar zu erhalten. Und zwar von jenem Geld, das durch die Erzählung der Geschichte des Serienmörders eingenommen wurde – etwa in Form von Film- oder Fernsehrechten.

„Ich verstehe nicht, wie sie unsere Namen verwenden und solche Dinge veröffentlichen können.“

In einem Interview mit dem „Guardian“ spricht sie jetzt offen darüber, was sie von der aktuellen Netflix-Serie hält. Und an ihren wenigen Worten lässt sich erkennen: die Serie trifft sie hart. Denn sie betont, dass „das nicht so passiert ist“.

Hughes leidet bis heute unter den traumatischen Erlebnissen, die ihre Familie durchmachen musste. Die Serie dürfte dabei wohl nicht helfen. Denn in dem Telefonat mit dem „Guardian“ erklärt sie in Bezug auf die Serie: „Ich verstehe nicht, wie sie das tun können. […] Ich verstehe nicht, wie sie unsere Namen verwenden und solche Dinge veröffentlichen können.“ Für sie persönlich sei es bis heute noch schwierig, über den Tod ihres Sohnes zu sprechen, erklärt sie abschließend.

Kritik an „Dahmer“ wird immer lauter

Hughes ist übrigens nicht die erste Hinterbliebene eines Opfers, die sich gegen die Serie ausspricht. Denn kurz nach dem Serienstart äußerte sich auch die Familie eines weiteren Opfers zu Wort: Errol Lindsey.

Denn seine Schwester – Rita Isbell – wird ebenfalls in der Show thematisiert, als sie bei Jeffreys Prozess eine emotionale Ansprache gegen den Serienmörder hält. Für Rita kein schöner Moment, an den sie jetzt wieder erinnert wird, wie sie in einem Essay für „Insider“ betont: „Mich selbst in der Serie zu sehen, hat mich gestört. Als ich meinen Namen am Bildschirm sah und die Figur in der Serie wörtlich genau das sagte, was ich damals gesagt habe […] Es war, als würde ich alles noch einmal erleben.“

Besonders stört sie aber der Umgang der Serienverantwortlichen mit den Hinterbliebenen. „Netflix hätte fragen sollen, ob wir Einwände [Anm: bei der Darstellung bestimmter Ereignisse] haben oder wie wir allgemein zur Umsetzung der Geschichte stehen. Sie haben mich nichts gefragt. Sie haben es einfach getan“, kritisiert sie.

Auch Eric Perry, Ritas Cousin, fand eben diese Darstellung alles andere als passend. „Meine Familie (die Isbells) ist stinksauer über diese Serie“, schreibt er. „Es ist immer und immer wieder traumatisierend, und wozu? Wie viele Filme/Sendungen/Dokumentationen brauchen wir noch?“.