Oh Gott, es ist Jon Schnee. Nicht der, der auf Mauern klettert, um seine Tapferkeit zu beweisen, oder seine Unschuld in einer Höhle an einen hitzköpfigen Rotschopf verliert, sondern der echte Kit Harington, der seit drei Jahren in der spektakulär erfolgreichen TV-Serie „Game of Thrones“ Jon Schnee spielt. Ich gebe mich cool und bemerke nebenbei, dass alle, die ich kenne, ihn toll finden. Wie geht er denn bitte mit so viel Aufmerksamkeit um? „Nun ja, es ist … Also ich denke, bei einer beliebten Serie wie dieser ergibt sich das automatisch bei der jungen männlichen Hauptrolle“, erklärt er. Er spricht in dem distinguierten, bescheidenen Tonfall eines Engländers, der weiß, dass er alle Komplimente abwiegeln sollte, auch wenn er sich jahrelang den Arsch abgearbeitet hat, um sie überhaupt zu kriegen. „Aber ich gehe nicht zur Arbeit und denke: ,Okay, ich sollte noch mehr der Mädchenschwarm sein heute!‘“, sagt er breit lächelnd.

 

Okay, lassen wir den Sexappeal mal beiseite, denn man muss auch sagen, dass er ein versierter Schauspieler ist und Jon Schnee ein faszinierender Charakter – so wie jeder auf der Besetzungsliste von „Game of Thrones“. „Ihn scheint immer ein gewisses Geheimnis zu umgeben, das finde ich ziemlich aufregend“, sagt Harington. „Jon ist introvertiert. Aber in der fünften Staffel redet er um einiges mehr, das ist echt ein bisschen seltsam.“ In der Tat sind große Dinge im Gange für Jon Schnee, schließlich entwickelt sich die Serie immer weiter und weiter. Doch es ist nicht nur „Game of Thrones“, wo wir Kit Harington sehen. Letztes Jahr kam der Actionfilm „Pompeii“ raus, in dem er einen muskulösen Gladiator spielt, der sich mit Kiefer Sutherland anlegt. „Der Kampf mit Kiefer Sutherland fühlte sich manchmal wie ein echter Kampf an. Er war ein großer Mentor. Er gab mir Ratschläge, wie ich mein Leben leben sollte.“ Beim Training für die Rolle sportelte Harington so besessen, dass sein Trainer eingreifen und sagen musste: „Okay, genug, dieser Körper ist jetzt muskelsüchtig!“ Moment – wie war das noch mal damit, nicht mehr der Mädchenschwarm sein zu wollen?

 

Tatsächlich war es aber so, dass ihm sein Terminplan zu voll war und er seinen Agenten um eine Pause bat. „Ich wollte keine Anrufe, ich wollte keine Mails. Ich brauchte das für mich, für meine Seele. Andernfalls wäre ich zusammengebrochen. Ich kenne mich. Es hätte damit geendet, dass ich in einem Flugzeug nach Indien sitze und keinem etwas sage.“ Stattdessen ist er nach Deutschland geflogen. Aber warum Deutschland? „Kein Geschwindigkeitslimit auf den Autobahnen“, sagt er breit grinsend. „Ich nahm das Auto runter zum Nürburgring, dann Hamburg, Berlin – ich liebe Deutschland!“ Er zeigt mir ein Foto von seinem neuen Baby, einem schwarzen BMW M3 mit getönten Scheiben. „Es ist wie das Auto eines Drogendealers“, erklärt er grinsend. „Ich sage mal, es ist dumm, ein schnelles Auto in London zu haben. Also werde ich es für ein Jahr oder zwei behalten und meine Midlife-Crisis mit 27 genießen. Dann habe ich keine mit 45!“

 

Harington wurde in Acton geboren, später zog er nach Worcester, er ging zur Chantry High und dann aufs Sixth Form College. Er hat einen blaublütigen Hintergrund, aber er räumt ein: „Meine Eltern hatten nicht viel Geld, als ich aufwuchs. Doch jeder amerikanische Journalist sagt zu mir: ‚Du bist mit Charles II. verwandt! Dein Großvater war ein Baron!‘ Das ist ärgerlich, denn das ist zwar ein Teil meiner Geschichte, aber man versucht, mich zu einem noblen Jungen zu machen – und das bin ich nicht!“ Später besuchte er die Central School of Speech and Drama. Er lebte in einer Wohngemeinschaft, mit einem Bett auf einem hohen Zwischengeschoß mit nur einer Leiter als Zugang. „Jeden Morgen kam mein bester Freund Dan, total übernächtigt, verstellte die Leiter und ging duschen. Und ich sagte jedes Mal: ‚Leute, das ist nicht lustig!‘ Und abends haben wir im Pub darüber gelacht.“ Heute hat er seine Wohnung im Norden Londons, bezeichnet sein Leben aber noch immer als „ein Nomadenleben“. „Ich brauche kein großes Haus. Ich habe keine Kinder, keine Frau, keinen Hund. Ich möchte Kinder haben, aber meine Eltern bekamen mich, als sie in ihren Vierzigern waren. Ich möchte ihnen das nachmachen.“

 


 

Kit Harington schwärmt von der Arbeit bei „Game of Thrones“ und sagt, es sei wie eine Reise nach Hogwarts, jedes Mal, wenn sie wieder anfangen, zu filmen. „Alfie (Allen), Emilia (Clarke) und ich sind hier quasi zusammen aufgewachsen und wir sind alle so aufgeregt, dabei zu sein. Aber in der ersten Staffel hatten wir zu viel Spaß. Ich erinnere mich, dass ich eines Tages dachte: ‚Du kannst doch nicht so verkatert sein!‘ Ich hatte noch nie wirklich vor der Kamera gestanden, nur am Theater, wo man vielleicht damit durchkommt, weil man sich einen Tag lang erholen kann. Aber man sieht halt einen Kater vor der Kamera, es gibt kein Make-up auf der Welt, dass das vertuschen kann. Also musst du ziemlich diszipliniert sein, um nicht in Schwierigkeiten mit den Produzenten zu kommen.“

Natürlich muss ich jetzt fragen, wie es denn mit Beziehungen am Set aussieht. Es wurde ja vermutet, dass seine On-Screen-Beziehung mit Ygritte auch privat weiterging. „Alles nur Gerüchte“, winkt er ab. „Rose (Leslie) und ich stehen uns sehr nahe und sind echt gute Freunde. Und das wird auch so bleiben. Sie ist wunderbar. Aber nein, keine Liebe.“ Hmmm. Aber gerade hat eine Klatsch-Website behauptet, dass er und Emilia Clarke „auf einem romantischen Kollisionskurs“ sind. Darauf angesprochen, zieht er eine Augenbraue hoch und sagt: „Glaub nicht alles, was du liest“, und fügt an: „Selbst wenn es ernst wäre, würde ich der Presse nicht sagen, dass ich in einer Beziehung bin. Ich habe keine Lust, die Öffentlichkeit mit meinem Liebesleben zu füttern. Das ist nicht mein Job, das ist nicht, was ich bin – außerdem bin ich mir sicher, dass es jedem viel mehr Spaß macht, darüber zu spekulieren. In der Minute, in der ich den Leuten die Wahrheit darüber sage, wird es wieder langweilig!“ Geheime Beziehungen, wilde Spekulationen?
Da scheint jemand ein bisschen zu lange in Westeros gewesen zu sein …