Die junge Frau, die Anfang diesen Jahres am Uni-Campus in Stanford hinter Mülltonnen von einem Studien-Kollegen vergewaltigt wurde, schrieb einen offenen Brief an ihren Peiniger. „Meine Unabhängigkeit, meine fröhliche Art, meine Sanftheit und mein stabiles Leben wurden zerstört…“ schrieb sie in dem Text „…Ich wurde verschlossen, wütend, müde (…) leer“.

Nicht viele Vergewaltigungs-Opfer sprechen offen über ihre Erlebnisse – und noch viel seltener gibt es Angehörige von Opfern, die sich öffentlich mit solch schmerzlichen Erfahrungen auseinandersetzen und ihre Gefühle teilen.

Ein Mann bricht das Schweigen

Nun hat ein Twitter Nutzer, „Angry Man“, in mehreren berührenden Postings seine traurige Geschichte geteilt – die Geschichte der Vergewaltigung der Frau, die er liebte.

Damit bricht er ein Tabu: Nämlich die Sicht eines Mannes auf die aufgezwungene körperliche Aneignung seiner Frau durch einen anderen Mann, offen anzusprechen. Die berührenden und zutiefst erschütternden Postings des Mannes wurden mittlerweile unzählige Male geteilt – er selbst wird für seine mutige und ehrliche Auseinandersetzung mit dem Thema gelobt.

„Ich atme tief ein… es ist eine lange Geschichte.

10. Juli, 1998. Der Tag vor meinem (26.) Geburtstag. Ich war mit meinen Jungs beim Spiel der Baltimore Orioles (…)  Als ich zum Haus gekommen bin und die Polizeiwagen gesehen habe, hab ich zuerst Angst bekommen, weil ich betrunken war.

(…) Als ich die Treppen im Haus hoch gestürmt bin, sah ich Teile eines Kleids, das ich meiner Freundin gekauft habe, über die Treppe verteilt liegen. Mein Herz raste wie verrückt. An der Haustür standen Polizisten (…)

Ich bin in die Wohnung gegangen und da lag meine Freundin in Fötusposition auf dem Boden – mit einem Bademantel bedeckt. Ich bin zu ihr gegangen und sie hat gezittert. Ich habe sie die ganze Zeit gefragt, was passiert ist, aber sie hat nicht geantwortet. Sie hat nur geweint (…)

Als sie nach Hause gekommen war und ihren Schlüssel ins Schloss steckte, hörte sie schnelle Schritte. Ein Mann packte sie von hinten und fing an, sie zu würgen. Er hat versucht sie in die Wohnung zu drängen, aber sie hat sich gewehrt. Dann hat er sie zwei Stockwerke tiefer und aus dem Gebäude gezerrt. Er hat sie geschlagen und in einen Bereich gebracht, in dem Bäume standen. Dann hat er sie vergewaltigt…

Als ihre Schwester mir das erzählt hatte, bin ich zusammengebrochen. Ich bin wirklich zusammengebrochen. Dann bin ich zu meiner Freundin gegangen und wollte sie umarmen. Sie hat geschrien (…) Ich stand unter Schock. Ich konnte nicht atmen.

Mein Schatz wurde angegriffen. Ich war nicht da. Ich war nicht da, um es zu verhindern. Lieber Gott, warum?!
Ich habe in meinem ganzen Leben noch nie so viel Schmerz verspürt. Ich war nicht da, um sie davor zu bewahren, vergewaltigt zu werden. Ihre Schwester hat sie aufgerafft, damit wir sie ins Krankenhaus bringen konnten. Im Auto haben wir geschwiegen. Ich habe im Wartezimmer gesessen, während sie untersucht wurde.

Als wir nach Hause kamen, waren ihre Mutter und ihre anderen Schwestern bereits da. Sie alle haben sie liebevoll umsorgt, mich hat sie nicht in ihre Nähe gelassen. Ich habe einfach nur dagesessen… gebrochen. Es gab nichts, das ich tun konnte…

Sie ist danach sofort zu ihrer Schwester gezogen. Ich habe die Wohnung vermietet und etwa eine Woche nach dem Vorfall sind wir umgezogen. Wir konnten nicht dort bleiben. Sie war eine leere Hülle. Sie hat fast zwei Wochen lang kein Wort zu mir gesagt…

Die nächsten 18 Monate waren die reine Hölle. Ich habe alles getan, was ich konnte, um für sie da zu sein. Ich habe nicht versucht mit ihr zu schlafen, weil ich wusste, wie traumatisiert sie war. Wir hatten keine Nähe zueinander. Selbst 18 Monate später hat sie gezittert und unkontrolliert geweint, wenn ich versucht habe sie zu umarmen.

Zwei Jahre nach dem Vorfall haben wir uns getrennt. Vor dieser schrecklichen Nacht waren wir drei Jahre zusammen. Wenn ich an diese Nacht denke, tut es noch immer weh. (…) Ich war nicht da. Ich war mit meinen Jungs bei einem Baseballspiel, habe geraucht und getrunken (…)

Mein 26. Geburtstag. Ein Tag, den ich niemals vergessen werde (…) Mein Leben hat sich danach verändert. Ich habe mich danach verändert. Ich habe nie wieder eine Frau, mit der ich mich getroffen habe, unbegleitet nach Hause gehen lassen.

(…) Jahrelang habe ich mir gewünscht, ich würde ihn zu fassen kriegen. Ich hatte so viel Wut in mir. Ich wollte ihn umbringen für das, was er ihr angetan hat. Aber er wurde verurteilt. Das ist Gerechtigkeit, oder? Ich denke nicht. Er hat Leben zerstört. Nicht nur das meiner Freundin, sondern auch das anderer Frauen.

Jedenfalls, wie ihr erkennen könnt, belastet es mich noch heute. 18 Jahre später. Danke fürs Zuhören“.