Habt ihr nicht alle eine Liste mit Dingen, die ihr in eurem Leben gern einmal machen würdet? Bungee Jumpig, eine Weltreise machen oder einen Halbmarathon laufen? Ich habe auf jeden Fall so eine Liste und wollte den Punkt „Halbmarathon“ endlich abhaken. Als mir meine Schwester dann erzählt hat, dass sie dieses Jahr beim Vienna City Marathon mitläuft, war es für mich klar: Dieses Jahr laufe ich die 21,0975 Kilometer. Da ich immer regelmäßig joggen gegangen bin und schon während meiner Kindheit viel Sport getrieben habe, war es für mich auch nicht weiter tragisch, dass ich nur noch knapp einen Monat Zeit zum Trainieren hatte. Einen Plan stellte ich mir trotzdem auf, einfach um meine Motivation am Laufen zu halten. Die nächsten vier Wochen stand für mich jetzt jeden Dienstag ein ruhiger Lauf zwischen 45 und 60 Minuten, jeden Donnerstag ein Intervalltraining und jeden Sonntag einen langsamer, langer Lauf zwischen eineinhalb und zwei Stunden an. Meine Motivation blieb die ganzen vier Wochen erhalten, auch wenn es natürlich mal den ein oder anderen Tag gab, an dem ich keine Lust mehr hatte, nach der Arbeit noch mindestens eine Stunde joggen zu gehen. Natürlich war es einfach toll zu sehen, wie meine Kondition immer besser wird und das harte Intervalltraining wirklich etwas bringt. Die Zeit verging auf jeden Fall wie im Flug, und schon war sie da: Die letzte Woche vor dem großen Tag

Die letzte Woche vor dem Halbmarathon

Für mich stand jetzt Tapering an, also eine effiziente Reduktion des Trainingsumfangs zur Regeneration kurz vor dem Wettkampf. Statt einer Stunde am Dienstag ging ich nur noch lockere 30 Minuten laufen, am Donnerstag sogar nur noch 20 Minuten, mit ein paar kleinen Steigerungen. Die letzten zwei Tage war Ruhe angesagt. Ich habe mich nur noch ausgiebig gedehnt und auf eine gesunde und kohlenhydratreiche Ernährung geachtet. Auch wenn mich immer mehr das Gefühl beschlich, vielleicht doch nicht genug trainiert zu haben, hatte ich insgesamt ein gutes Gefühl für den Wettkampf und war außerdem extrem aufgeregt. Am Vortag des Halbmarathons konnte ich dann endlich meine Startnummer abholen, mit der das Ganze natürlich etwas ernster wurde. Um am nächsten Morgen vor dem Rennen nicht in Stress zu geraten oder irgendetwas Wichtiges zu vergessen, habe ich meine Sachen am Vorabend schon gepackt und bin dreimal alles durchgegangen, ob ich auch alles erledigt habe: Zeiterfassungschip am Schuh und Startnummer am Sporttop befestigt? Traubenzucker, Magnesium, Wasser, Banane und Kopfhörer eingesteckt? Etwas Warmes eingepackt für nach dem Lauf? Danach ging es für mich schon um neun Uhr ins Bett, damit ich am nächsten Morgen auch wirklich fit bin.

Der Wettkampftag

Dann war es endlich soweit. Sechs Uhr morgens, der Wecker klingelt und ich bin hundemüde. Wie soll ich nur in drei Stunden 21 Kilometer laufen? Das ist die einzige Frage, die mir im Kopf umher geht. Ich habe mir den Wecker extra so früh gestellt, um vor dem Lauf noch genügend Zeit zu haben. Ich wollte noch in Ruhe frühstücken, mich etwas dehnen und meinen Garderobenbeutel noch ein letztes Mal kontrollieren. Um viert nach acht war ich mit meiner Schwester dann beim Start verabredet. Es wird immer geraten, lieber etwas früher am Start zu erscheinen, um noch in Ruhe pinkeln gehen zu können und sich aufzuwärmen. Und dann wurde auch schon der Countdown zum Start heruntergezählt. Natürlich hat es ein bisschen gedauert, bis unser Startblock loslaufen konnte. Es können schließlich nicht 13.000 Läufer auf einmal losrennen. Aber als es endlich soweit war, konnte ich es auch kaum mehr erwarten. Die ersten zehn Kilometer vergingen wirklich wie im Flug. Ich war erstaunt, wie locker es ging. Ab Kilometer 13 änderte sich das allerdings ein wenig. Es wurde immer heißer und ich spürte meine Beine immer mehr. Die Kondition war kein Problem, aber meine Gelenke und Muskeln begannen spätestens ab Kilometer 16 zu schmerzen und hörten nicht mehr. Ich war schon sehr froh, dass es die letzten vier Kilometer immer leicht bergab ging und die Menschenmassen am Rand der Strecke immer mehr wurden. Es ist ein unglaubliches Gefühl, das man einfach erleben muss. Auch wenn deine Beine eigentlich nicht mehr weiterlaufen möchten, weil sie schmerzen und die Blasen an deinen Schuhen das Ganze auch nicht angenehmer machen, setzt man einen Fuß vor den anderen und versucht, die letzten zwei Kilometer noch richtig Gas zu geben. Als ich dann das Ziel sehen konnte und das Gekreische der Menschenmassen im Zieleinlauf hörte, gab ich noch einmal alles und ließ mich durch die Jubelrufe einfach ins Ziel tragen. Ein unbeschreibliches Gefühl.

Das Gefühl danach

Ich versuchte mich danach noch ganz langsam ein wenig auszulaufen, damit meine Muskeln nicht von Hundert auf Null ausgebremst werden. Anschließend habe ich mich noch ausgiebig gedehnt. Danach suchte ich mir durch das Chaos einen Weg, bekam ein Goodie Bag mit Wasser, einer Banane und einem Sportriegel und erhielt danach endlich meine Medaille. Auch wenn sie dir nur im Vorbeigehen um den Hals gehängt wird, bist du einfach mächtig stolz auf dich, es geschafft zu haben. Leider habe ich gleich danach zu dem Sportriegel aus dem Goddie Bag gegriffen und ihn wortwörtlich verschlungen, was keine gute Idee war. Mein Magen war noch nicht bereit für feste Nahrung und mir ist, kaum bin ich zu Hause angekommen, sehr schlecht geworden. Ich musste mich übergeben. Ich hätte besser nur eine halbe Banane oder etwas ähnlich leichtverdauliches zu mir nehmen sollen. Aber gut, das weiß ich jetzt fürs nächste Mal. Zuhause war ich einfach froh, als ich mich auf meine Couch legen konnte und meine Beine nicht mehr bewegen musste, sie waren einfach tot – aber ich war glücklich. Bevor ich mich entspannen konnte, musste ich aber natürlich noch meine genaue Zeit herausfinden und loggte mich mit meiner Startnummer auf der Seite des Halbmarathons ein: 2:09:37 – Für mich und meinen ersten Halbmarathon eine super Zeit. Vielleicht kann ich sie ja im nächsten Jahr sogar verbessern.