Die TV-Sex-Expertin und Autorin Ann-Marlene Henning – sie gibt in der ZDF-Doku „Make Love“ und in ihrer Praxis Paaren Tipps für ein besseres Liebesleben – sieht in „Pink Viagra“ keinen Grund zur Freude für Frauen. „Wer möchte denn freiwillig ein Psychopharmakon einnehmen, um mehr Lust zu haben? Das ist so ein Eingriff in den Körper“, gab Henning in einem Interview zu bedenken.

„Das Produkt ist bescheuert“

Henning warnte vor dem hohen Druck, der ohnehin schon auf Paaren laste: „Die Frau muss kommen. Jetzt muss sie auch noch mehr Lust haben als vorher. Und sie muss noch mehr kommen, da sie Medikamente nimmt.“ Das gelte auch für Männer: „Wer es jetzt nicht bringt, muss ja ein ganz großer Depp sein“, könnten viele denken. „Ich kann gar nicht sagen, wie bescheuert ich dieses Produkt finde.“

Auch anhand von Gesprächen mit Klienten könne sie sich nicht vorstellen, dass das Mittel angenommen werde, sagte Henning – zumal es täglich eingenommen werden muss. Männer brauchen Viagra nur dann zu nehmen, wenn auch Sex geplant ist. „Es war klar, dass so ein Mittel irgendwann kommt, weil die Pharmaindustrie eine große Lobby hat und man denkt, viel Geld damit verdienen zu können“, so Henning weiter. Dass betroffene Frauen nun mit einem Krankheitsbild versehen würden, sei „grässlich“.

Frauen haben andere körperliche Voraussetzungen

Das Problem sieht die Fachfrau woanders: Frauen hätten ganz andere körperliche Voraussetzungen und auch einen schamhaften Umgang mit dem eigenen Geschlecht. „Frauen spüren Lust nicht im Gehirn, sondern im Geschlecht. Wenn man da nichts spürt, hat man eben keine Lust und keinen Spaß.“ Langfristig könne ein Medikament nicht helfen: Womöglich gebe es aber in der ersten Zeit den Eindruck einer Verbesserung, weil man aufmerksamer sei.

Den eigenen Körper besser kennenzulernen und Scham abzubauen, sieht Henning als geeigneteres Mittel für Frauen: „Wenn man es sich erlaubt, kann man viel mehr Lust haben, als die meisten denken.“