Oscar-Preisträgerin Brie Larson schenkte Hollywood-Newcomer Casey Affleck bei der Übergabe des Oscars für den besten Hauptdarsteller eisige Blicke statt anerkennenden Applaus.

Der Grund für den stillen Protest der Schauspielerin ist nachvollziehbar. Larson setzt sich seit Jahren für Opfer sexueller Gewalt ein – Casey Affleck hat zwei Anschuldigungen wegen sexueller Belästigung am Hals.

Sexuelle Belästigung am Film-Set

Der bittere Beigeschmack des (durchaus verdienten) Oscar-Gewinns des 41-jährigen Schauspielers für „Manchester By The Sea“ rührt von einer Geschichte aus dem Jahre 2010 her. Affleck wurde während den Dreharbeiten zu „I’m still here“ beschuldigt, Frauen am Film-Set beinahe täglich belästigt zu haben. Eine Kamerafrau und eine Produzentin warfen ihm etwa vor, ständig über die Länge seines Penis gesprochen zu haben, einen Assistenten dazu gedrängt zu haben, sein Glied vor den Frauen zu entblößen und sich Nachts nackt zu einer der beiden Frauen ins Bett gelegt und diese begrapscht zu haben.

Zu einem Prozess kam es nie, da sich Affleck mit den Frauen „außergerichtlich einigte“ – genauer gesagt jede Menge Kohle (umgerechnet etwa zwei Millionen Dollar Schadensersatz) dafür hinlegte, dass die beiden ihre Anschuldigungen zurücknahmen. Affleck selbst meinte hierzu: „Die Sache wurde zur Zufriedenheit aller beigelegt. Ich war verletzt und bestürzt. Ich bin mir sicher, allen ging es so, aber es ist für mich abgehakt. Es war eine unglückliche Situation, vor allem für unschuldige Familienmitglieder“. Von Kritikern wird dem Schauspieler vorgeworfen, dass ihn sein einflussreicher Bruder Ben Affleck mit vielen namhaften Kontakten im Film-Business aus der Misere gezogen hätte.

Oscars für Männer, die Frauen belästigen

Nicht nur Brie Larson findet, dass ein Mann mit dieser Geschichte keinen Oscar verdient habe. Auch zahlreiche andere Frauen, wie Schauspielerin Constance Wu meldeten sich hierzu zu Wort: „Glückwunsch, dass ihr nicht aus der Vergangenheit gelernt habt! Glückwunsch, dass ihr die Misshandlung von Frauen in Hollywood hinter den Kulissen auch noch bestärkt!“

Soll nur die Leistung bewertet werden?

Seit Montag wird allerorts heiß diskutiert, ob bei prestigeträchtigen Preisverleihungen wie den Academy Awards alleinig die Leistung bewertet werden sollte, oder ob solch einschneidende Dinge wie sexuelle Belästigung auch in die Bewertung miteinfließen sollten.

So rechtfertigt sich die Academy mit dem Argument, dass es bei den Oscars ausnahmslos um schauspielerische Leistung und Talent und nicht um private Geschichten der Nominierten gehe, kritische Stimmen warnen jedoch, dass es eine mehr als symbolträchtige Handlung sei, einem geständigen Sexualstraftäter die höchstmögliche Auszeichnung seines Berufsfelds zu verleihen.