Jacqueline Boxx tanzt Burlesque und das mit Leidenschaft. Wenn sie auf die Bühne kommt, zieht sie alle Blicke und Aufmerksamkeit auf sich. Denn Jacqueline sitzt im Rollstuhl. Das hält sie aber nicht davon ab, zu performen und mit ihrer erotischen Show für Gänsehaut zu sorgen. Sie zeigt, dass Sexualität keine Grenzen kennt.

Ich habe mit der Burlesque-Tänzerin aus Baltimore im US-Bundestaat Maryland geplaudert und war so begeistert von ihrer unfassbar positiven Energie, dass ich die am heutigen Woman Crush Wednesday unbedingt mit euch teilen möchte.

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Jacqueline Boxx: Burlesque-Tänzerin im Rollstuhl

Jacqueline tanzt schon ihr Leben lang. Dass sie dabei im Rollstuhl sitzt, war nicht immer so. 2005 kommt sie zum ersten Mal mit Burlesque in Berührung. Sie lernt zu performen, ganz ohne Rollstuhl. Mit ihrem Körper und ihren Beinen war damals noch alles in Ordnung. Doch bald bemerkt sie, dass etwas mit ihr nicht stimmt. „Ich hatte große Schmerzen, die immer schlimmer wurden.“, erzählt mir Jacqueline. Ein Autounfall, bei dem sie angefahren wurde, machte plötzlich alles schlimmer. „Mein Bein war gebrochen und es heilte einfach nicht. Die Ärzte wussten nicht warum.“ Jacqueline wurde daraufhin am Knie operiert. Ein weiterer Versuch, ihre Schmerzen zu lindern. Doch auch das half nicht und auch von dieser OP erholte sie sich nur schwer. Die Ärzte stellten schließlich fest, dass sie am sogenannten Ehlers-Danlos-Syndrom leidet. Eine seltene und unheilbare Krankheit, die ihre Gelenke überbeweglich macht und dadurch Schmerzen auslöst.

Die Ärzte rieten ihr, mit dem Tanzen aufzuhören

Mit der Diagnose rieten ihr die Ärzte, völlig mit dem Tanzen aufzuhören. Jegliche Bewegung würde bei ihr zu noch mehr Verletzungen und Schmerzen führen. Für Jacqueline brach eine Welt zusammen. Sie tanzte, seitdem sie ein kleines Kind war. Ihre große Leidenschaft plötzlich an den Nagel zu hängen – für sie undenkbar. Für kurze Zeit hielt sie sich an den Rat der Ärzte, doch der Gedanke ans Tanzen lies Jacqueline nicht los. „Ich habe es immer geliebt zu tanzen. Egal ob Burlesque oder Cabaret – einfach jegliche Art von Tanz.“, erzählt sie mir im Interview. Damals lebte Jacqueline in Tucson. Zufällig gab es dort zu dem Zeitpunkt ein Mentorship-Programm für Tänzer, an dem sie schließlich teilnahm und die Warnung der Ärzte ignorierte. Als sie dort zum ersten Mal (unter großen Schmerzen) vortanzte, fragte man sie, warum sie denn nicht Krücken oder ihren Rollstuhl in die Performance einbaute, um ihr das Tanzen zu erleichtert. Etwas, das für Jacqueline eigentlich nie in Frage kam. Bis sie es zum ersten Mal ausprobierte. Heute weiß sie, dass das eine ihrer besten Entscheidungen war. Denn so fand sie ihren Weg zurück zum Tanzen und auf die Bühne. „Burlesque ist nicht nur meine große Leidenschaft, sondern es hat mir geholfen, meinen Körper wieder zu akzeptieren. Es hat mich zurück zum Tanzen gebracht.“, erzählt mir Jacqueline mit einem unglaublichen Funkeln in den Augen.

Mit dem Rollstuhl zurück auf die Bühne

Anfangs war es schwer für die Tänzerin zu lernen, plötzlich mit einem Rollstuhl Burlesque zu tanzen. Vor allem der erste Auftritt vor Publikum löste große Selbstzweifel in ihr aus: „Ich habe geweint und mich gefragt, wer jemanden sehen will, der im Rollstuhl sitzt und tanzt“. Doch trotz aller Zweifel wurde ihre erste Performance ein großer Erfolg und die Reaktionen waren unfassbar positiv. Mittlerweile ist der Rollstuhl für sie ein Gegenstand, der ihr unglaublich viel Stärke verleiht. „Mit dem Rollstuhl war ich plötzlich in der Lage, mein Leben wieder selbstständig zu gestalten. Der Rollstuhl bedeutet für mich Empowerment und es macht mich unglaublich stark zu wissen, dass ich immer noch ein positives Leben haben kann – trotz Behinderung.“

 

Hater lassen Jacqueline kalt

Heute bereist sie als Burlesque-Tänzerin die Bühnen der Welt. Jacqueline Boxx hat es geschafft, sich in der Szene einen Namen zu machen. Negative Kommentare und Hater lassen sie kalt – ja, auch die gibt es. Denn was viele nicht verstehen: warum sitzt sie im Rollstuhl, obwohl sie ihre Beine bewegen kann? „Du täuscht die Krankheit doch nur vor“, ist nur einer der Sätze, die Jacqueline immer wieder vorgeworfen bekommt. Doch anstatt ihre Energie dafür zu verschwenden, dagegen anzukämpfen, nutzt sie die negativen Stimmen zu ihrem Vorteil und baut sie sogar in ihre Shows ein. Als ich mir ihre Performance beim Vienna Boylesque Festival in Wien angesehen habe, wurden unzählige Vorwürfe, die sich Jacqueline im Laufe ihrer Burlesque-Karriere bereits anhören musste, auf eine Leinwand projiziert während sie tanzte. Gänsehaut pur.

Jacqueline Boxx macht anderen Mut

Eine Facebook-Gruppe mit Menschen, die in einer ähnlichen Situation waren, halfen Jacqueline damals ihre Krankheit und den Rollstuhl zu akzeptieren. Heute macht sie selbst anderen Menschen Mut und zeigt ihnen, dass eine Behinderung und ein Rollstuhl keinesfalls Grenzen setzen. Ganz im Gegenteil. „Sie machen dich zu etwas Besonderem und einzigartig. “ Sexualität kennt für sie keine Grenzen: „Nur weil du eine Krankheit oder eine Behinderung hast, heißt das nicht, dass du nicht sexy sein und performen kannst“, so Jacqueline. Sie unterrichtet und coacht mittlerweile selbst andere junge Menschen mit Behinderungen und bringt ihnen bei, zu tanzen. „Es ist irgendwie zu meiner Mission geworden, Menschen mit Behinderungen auf die Bühne zu bringen. Es ist unfassbar schön und überwältigend zu sehen, wie viele Leute ich bereits auf ihrem Weg begleiten durfte.“ Als Jacqueline Boxx, die Burlesque-Tänzerin, gibt sie anderen Menschen Hoffnung und zeigt ihnen, dass sie nicht alleine sind. Hut ab, vor dieser Powerfrau.