Etwa eine von zehn Frauen ist von Endometriose betroffen – eine Erkrankung, die nicht nur starke Schmerzen zur Folge haben kann, sondern auch die Fruchtbarkeit beeinflussen kann. Eine spezialisierte Kinderwunsch-Klinik in Wien will jetzt betroffenen Frauen helfen.

Eine der Ärztinnen erklärt uns, warum der Kinderwunsch für Frauen mit Endometriose erschwert werden kann.

Mehr als nur Periodenschmerzen: So kann sich Endometriose äußern

Auch wenn es in den vergangenen Monaten und Jahren mehr und mehr in den Fokus gerückt ist: Endometriose ist bis heute ein großes Tabuthema. Das liegt auch daran, dass mit der weiblichen Periode einige Vorurteile verknüpft sind, betont die Gynäkologin Dr. Schima Djalali-Pregartner. „Das wird zwar heute schon deutlich besser, aber vor allem früher gab es eben diese ‚Tradition‘, Regelschmerzen muss man aushalten, das gehört dazu.“ Es sind solche Annahmen, die auch die Generationen der Gynäkologinnen und Gynäkologen beeinflussten – und dem Regelschmerz deshalb eine Normalität zuwiesen, die eben nicht immer der Fall ist.

Denn bei Endometriose geht es nicht um „gewöhnliche“ Regelschmerzen. Wer daran leidet, hat eine chronische Erkrankung, bei der Gebärmutterschleimhaut-ähnliches Gewebe außerhalb der Gebärmutterhöhle wächst und sich ausbreitet. Während der Periode kann es nicht abfließen und verursacht dadurch Entzündungen und Verwachsungen. 

Langer Weg zur Diagnose

Diese führen wiederum zu starken Schmerzen, betont die Expertin. Und zwar nicht nur während der Periode. „Die können beim Geschlechtsverkehr sein, beim Stuhlgang oder beim Wasser lassen. Die Schmerzen können sehr vielfältig und unterschiedlich sein!“ Dass es sich dabei tatsächlich um Endometriose handelt, erfahren Frauen oftmals erst nach zahlreichen Arztbesuchen. So ging es auch Natalia Michalak. Ihr Weg zur Diagnose dauerte viele Jahre „Ich hatte zuerst einmal viele hormonelle Probleme“, erzählt sie. Mit 18 Jahren bekam sie eine Antibabypille verschrieben, auf die die junge Frau stark reagiert. Sie spricht von „Haarausfall, schlechter Haut, Stimmungsschwankungen“ und vielen anderen Nebenwirkungen, die sie stark belasten. „Dann hieß es, dass ich allergisch auf die Pille bin“, erinnert sie sich.

Doch als sie die Pille absetzt, kommen die starken Schmerzen. Natalia ist hartnäckig und bittet weiterhin um Untersuchungen, um den Grund der Schmerzen zu finden. „Ich habe darauf bestanden, dass ich weiterhin untersucht werde, denn ich habe es nicht eingesehen, dass ich mit so starken Schmerzen leben musste.“ Auf der Endometriose-Station des Wiener AKH bekommt sie dann schließlich die Diagnose – ganze elf Jahre, nachdem ihr zum ersten Mal die Pille verschrieben wurde. Auch heute hat sie trotz operativem Eingriff noch starke Schmerzen, muss teilweise sogar Opiate nehmen. Ihre Diagnose nennt sie aber ein „Glück im Unglück“. Denn auch wenn sie jetzt die Diagnose hat – gegen ihre Schmerzen kann sie nicht viel tun!

Unfruchtbarkeit durch Endometriose? Diese Möglichkeiten gibt es bei Kinderwunsch

Für viele andere Frauen kommt diese Diagnose aber erst zu einem deutlich späteren Zeitpunkt. Denn viele Betroffene erfahren erst von ihrer Erkrankung, wenn der Kinderwunsch konkreter wird, erklärt Djalali-Pregartner. Ein Zeitpunkt, der dann viele Hürden birgt. Denn für viele Frauen kommt dann die große Angst: kann ich denn jetzt keine Kinder mehr bekommen? Schließlich kann eine Endometriose-Erkrankung Auswirkungen auf die Fruchtbarkeit haben. „Ein Faktor ist, dass die Endometriose die Eileiter betreffen kann und zum Verschluss der Eileiter führt; ebenso wie Verwachsungen um die Eileiter herum, die ebenfalls zur Unbeweglichkeit oder zum Verschluss der Eileiter führen können“, erklärt die Expertin. „Was auch oft unterschätzt wird, sind die Schmerzen, die auch beim Geschlechtsverkehr auftreten können. Es kommt dann nicht oft genug zum Geschlechtsverkehr. Viele Frauen haben gerade um den Zeitpunkt des Eisprungs besondere Beschwerden, was eben der Zeitpunkt wäre, an dem sie Geschlechtsverkehr haben sollten.“

Bei Frauen mit Endometriose könne außerdem die Eizellen-Qualität eingeschränkt sein, erklärt sie. „Generell kann es sein, dass es bei der Beweglichkeit der Gebärmutter Störungen und Verkrampfungen gibt, die dazu führen können, dass sich das Spermium nicht richtig in der Gebärmutter fortbewegen kann.“

Therapiemöglichkeiten im Überblick

Djalali-Pregartner will deshalb in der spezialisierten Kinderwunsch-Klinik in Wien konkret Betroffenen helfen, die einen Kinderwunsch haben. In dem Endometriose-Zentrum im Kinderwunschzentrum an der Wien werden alle Möglichkeiten besprochen. Djalali-Pregartner erklärt etwa, dass für manche Frauen mit Endometriose eine künstliche Befruchtung notwendig ist, um den Kinderwunsch zu erfüllen. „Der einfachste Weg ist die Insemination“, erklärt sie. „Das ist möglich, wenn die Spermiensituation gut ist und die Eileiter durchgängig sind. Dann werden die Spermien nach dem Eisprung in die Gebärmutter reingespritzt.“ Zusätzlich kann der Prozess auch noch hormonell unterstützt werden.

Sind die Eileiter verschlossen, die Spermien-Qualität aber gut, kann IVF – also In-virto-Fertilisation- durchgeführt werden. Hier wird zuerst eine „Hormonstimulation“ gemacht, erklärt die Expertin. Dadurch soll mehr als eine Eizelle gewonnen werden, die dann außerhalb befruchtet werden.

„Mir ist es wichtig, dass sich die Frauen nicht schämen oder Angst haben, über Endometriose zu sprechen!“

Hat man die Diagnose Endometriose, gibt es in Österreich übrigens auch die Möglichkeit, die eigenen Eizellen einfrieren zu lassen. Der Vorgang fällt dann in die Kategorie „Medical Egg Freezing“, die einzige Möglichkeit, hierzulande Eier einfrieren zu lassen. Djalali-Pregartner betont, dass es in dem Zentrum aber nicht nur um die Befruchtung selbst gehen soll. Stattdessen werden individuelle Pläne für die Patienten-Paare erstellt; auch die Betreuung durch eine Psychologin oder einen Psychologen sowie die Unterstützung durch Ernährungsberater:innen sind möglich

Natalia selbst hat derzeit keinen Kinderwunsch! Zu wissen, dass es eine gesonderte Kinderwunschklinik gibt, ist für sie aber sehr wichtig. „Ich finde es super, dass es die Möglichkeit gibt, Hormone zu testen, um die Qualität der Eizellen zu sehen“, erklärt sie. „Das werde ich auch aus Neugierde testen. Ich werde jetzt 31 Jahre alt und wer weiß schon, was in fünf Jahren ist, vielleicht habe ich ja doch einmal einen Kinderwunsch.“ Vor allem liegt ihr das Thema aber am Herzen, weil Endometriose als Krankheit dadurch Aufmerksamkeit bekommt. „Mich beruhigt es, dass es solche Zentren gibt und dass darin investiert wird, das präsenter zu machen“, so Natalia. „Mir ist es wichtig, dass sich die Frauen nicht schämen oder Angst haben, über Endometriose zu sprechen!“