2019 machten die Proteste in Hongkong gegen die Peking-nahe Regierung unter Carrie Lam Schlagzeilen. Während die Welt 2020 vor allem mit der Coronavirus-Pandemie beschäftigt war, verschärfte China sein Vorgehen gegen die Demokratiebewegung in der Sonderverwaltungszone.

Bei Massenverhaftungen wurden nun dutzende Oppositionelle verhaftet.

China geht gegen Demokratiebewegung in Hongkong vor

Die chinesische Regierung hat am 6. Jänner Oppositionelle und Aktivisten festnehmen lassen. Sie sollen die Staatssicherheit gefährden und gegen das am 1. Juli 2020 in Kraft getretene, umstrittene nationale Sicherheitsgesetz verstoßen haben. Laut Medien wurden etwa 50 Menschen festgenommen. Es ist ein massiver Schlag gegen das prodemokratische Lager in Hongkong. Bei den Verhaftungen geht es offiziell um ein rechtlich nicht bindendes Vorwahlverfahren.

Das demokratische Lager hatte die Vorwahlen im Juli mit dem Ziel organisiert, Kandidaten auszuwählen, die einen möglichst großen Rückhalt in der Bevölkerung genießen. Rund 600.000 Hongkonger hatten sich beteiligt. Damals gab es in der Opposition Pläne, mit einer starken Fraktion im Hongkonger Parlament wichtige Entscheidungen der Regierung systematisch zu blockieren. Diese Idee sowie die Auswahl der Kandidaten waren damals auf scharfe Kritik der Regierung gestoßen. Anlässlich der jetzigen Festnahmen sprach sie von „bösartigen Umsturzplänen“. Im September sollten eigentlich Parlamentswahlen stattfinden. Doch die Wahl wurde unter dem Vorwand der Pandemie verschoben. Die Regierung hat aber wohl Angst, dass die Opposition viele Stimmen für sich gewinnen könnte.

Ein Land, ein System?

Bei der Wiedervereinigung Chinas wurde das verfassungsmäßige Prinzip von „Ein Land, zwei Systeme“ eingeführt. Das bedeutet, das einzelne Regionen im Land, wie etwa Hongkong und Macau ihre eigenen kapitalistischen, wirtschaftlichen und politischen Systeme beibehalten konnten, während der Rest Chinas dem sozialistischen System unterstand. Hongkong, das seit 1997 wieder zu China gehört, ist somit eine Sonderverwaltungszone und genießt ein liberales Rechtssystem. Die Proteste, die 2019 auch in Europa Schlagzeilen machten, richteten sich gegen das geplante Gesetz über flüchtige Straftäter und Rechtshilfe in Strafsachen, weil man befürchtete, das somit das liberale Rechtssystem Hongkongs angegriffen würde. Am 23. Oktober 2019 wurde der Gesetzentwurf offiziell zurückgezogen. Hongkongs Regierungschefin Carrie Lam erfüllte damit eine Forderung der Demonstranten. Doch die Hongkonger fürchteten zudem um die Meinungs- und Versammlungsfreiheit. Die Proteste gingen weiter – wenn auch in kleinerer Zahl.

Im Mai 2020 kündigte die kommunistische Partei Chinas schließlich an, ein „Gesetz über die nationale Sicherheit“ für Hongkong verabschieden zu wollen. Dadurch sollten verschiedene oppositionelle Aktivitäten unter Strafe gestellt werden. Trotz heftiger Proteste in Hongkong und auch Kritik von internationaler Seite, verabschiedete China das hochumstrittene Sicherheitsgesetz Ende Juni. Das Gesetz richtet sich vor allem gegen Aktivitäten, die die Führung in Peking als subversiv ansieht oder die auf eine Unabhängigkeit Hongkongs abzielen könnten. Außerdem soll es „heimliche Absprachen“ mit Kräften im Ausland bestrafen. Seit der Verabschiedung des Sicherheitsgesetzes sprechen viele Hongkonger nur noch von „ein Land, ein System“.

Demokratiebewegung stark geschwächt

Und während die Medienberichte über die Situation in Hongkong abflauten und sich die ganze Welt auf die Corona-Pandemie konzentrierte, wurde die Demokratiebewegung in Hongkong seit der Verabschiedung des Sicherheitsgesetzes stark geschwächt. Aktivisten wurden reihenweise festgenommen oder flüchteten freiwillig ins Exil, um der Strafverfolgung zu entgehen. Die Ausgangsbeschränkungen aufgrund der Pandemie machten öffentliche Versammlungen zudem unmöglich. Versammlungen mit mehr als zwei Teilnehmern wurden verboten.

Nun kam es im Jänner zur größten Verhaftungswelle seit Verabschiedung des Sicherheitsgesetzes. Im Ausland stießen die Festnahmen auf scharfe Kritik. Die EU forderte etwa die „sofortige“ Freilassung der Oppositionellen und drohte China mit Sanktionen. Auch die designierte Regierung in den USA unter Joe Biden übte Kritik. Amnesty International hob hervor, die Festnahmen zeigten, wie weitreichend das Sicherheitsgesetz angewandt werden könne, auch wenn keine echte Bedrohung der nationalen Sicherheit vorliege.