Fast sechs Wochen lang mussten sich vier Kinder alleine durch den kolumbianischen Dschungel schlagen. Nach einem Flugzeugabsturz waren sie die einzigen Überlebenden – und konnten jetzt endlich gerettet werden.

Die Kinder sollen laut Medienberichten in einem stabilen Zustand sein.

Flugzeug stürzt im Amazonas ab

„Sie sind voller Leben“, erklärt Fidencio Valencia am Wochenende gegenüber Medien. Sie, das sind seine vier Enkelkinder, die in den vergangenen 40 Tagen so einiges erlebt haben. Denn die vier Kinder waren bei einem Flugzeugabsturz dabei. Am 1. Mai saßen sie gemeinsam mit ihrer Mutter und zwei weiteren Erwachsenen in einem Kleinflugzeug. Über dem Amazonas-Regenwald stürzte dieses jedoch ab – eine Katastrophe, die die zwei Erwachsenen nicht überleben. Zwei Wochen nach dem Absturz werden die Leichen dieser Erwachsenen sowie das Flugzeug gefunden, von den Kindern, die zum Zeitpunkt des Absturzes elf Monate, vier, neun und 13 Jahre alt waren, fehlt jedoch jede Spur.

Während Expert:innen in dem Gebiet voller wilder Tiere, Schlangen und Jaguare das schlimmste befürchteten, gaben Fußabdrücke und halb gegessenes Obst jedoch Grund zur Hoffnung – und beflügelten eine wochenlange Suche nach den Kindern. Rund 150 Soldaten und 200 Freiwillige beteiligten sich an der Suche über ein Gebiet von über 300 Quadratkilometern.

Kinder von klein auf mit Dschungel vertraut

Die Mutter der Kinder soll laut Aussagen der Überlebenden übrigens einige Tage gelebt haben, heißt es. Der Vater der vier erklärt nämlich: „Meine älteste Tochter hat mir gesagt, dass ihre Mutter noch vier Tage gelebt hat.“ Genaue Details verrät er jedoch nicht; bisher haben sich die Kinder noch nicht viel zu ihrer Zeit im Dschungel geäußert.

Was jedoch klar ist, ist, dass die Kinder sehr schwierige und herausfordernde Wochen hinter sich haben. Denn nach dem Flugzeugabsturz waren sie komplett auf sich alleine gestellt. Dass sie überlebt haben, führen Expert:innen auf zwei Umstände zurück. Zum einen hatten die Kinder ausreichend Wasser zur Verfügung, zum anderen wussten sie, wie man sich im Dschungel verhält und wie man an Nahrung kommt. Denn die vier Kinder gehören der indigenen Ethnie der Witoto an und lernten den Regenwald deshalb schon in jungen Jahren kennen. Laut der Tante der vier spielten sie sogar regelmäßig „Überlebensspiele“ im Dschungel und lernten wichtige Tipps und Tricks von klein auf. Vor allem die älteste Tochter wusste deshalb offenbar, was zu tun ist, half ihren Geschwistern und baute Unterkünfte aus Ästen, die sie mit Haargummis befestigte.

„Sie haben ihre Mutter sterben sehen“

In den ersten Tagen haben die Kinder hauptsächlich Maniokmehl zu sich genommen, dass sie im Flugzeug dabei hatten. Als der Vorrat aus drei Kilogramm dann aber zu Ende war, wussten die Kinder offenbar, welche Samen und Früchte sie essen konnten – und welche nicht. Auch das Leben und Übernachten im Dschungel meisterten die vier knapp sechs Wochen lang. Zwei der Kinder hatten in der Zeit sogar Geburtstag: Die Jüngste wurde ein Jahr alt, ihr Bruder fünf.

Die Zeit im Dschungel hinterließ übrigens einige Spuren. Bei der Entdeckung hatten die Kinder zwar äußerlich nur leichte Verletzungen, dennoch gab es für die Ärztinnen und Ärzte einige Herausforderungen. „Angesichts der Umstände sind sie in einem akzeptablen Zustand“, betont der Militärarzt Carlos Rincón Arango. Die vier seien bei der Rettung dehydriert gewesen. Derzeit können sie außerdem noch keine feste Nahrung zu sich nehmen. Durch die Unterernährung und einige leichte Verletzungen sollen die Kinder noch zwei bis drei Wochen im Krankenhaus bleiben, wo noch einige Untersuchungen durchgeführt werden.

Für die Familie der Kinder zähle jetzt aber vor allem eines: sie haben die vier wieder. Und jetzt sei besonders wichtig, auch die mentalen Verletzungen und Traumata der vier aufzuarbeiten. „Wir müssen ihnen jetzt positive Energie geben. Sie haben ihre Mutter sterben sehen“, betont etwa der Großvater.