Nach einem Unterwasservulkanausbruch und darauf folgendem Tsunami herrscht in Tonga der Ausnahmezustand. Einem Mann gelang während der Katastrophe das Unglaubliche. Er schwamm zur Hauptinsel.

Der Mann trieb stundenlang im offenen Meer.

Vulkanausbruch verursacht Tsunami

Mitte Jänner kam es im südpazifischen Inselstaat Tonga zur Naturkatastrophe. Der Vulkan Hunga Tonga brach vor der Insel aus, bedeckte Teile des Staates mit bis zu zehn Zentimeter hoher Asche und verursachte durch die Eruption auch einen Tsunami.

Die bis zu 15 Meter hohe Tsunami-Welle verursachte unzählige Schäden, zerstörte Häuser, riss Bäume nieder und flutete die Städte. Drei Menschen kamen bei der Katastrophe ums Leben, zahlreiche wurden verletzt. Die Regierung rief den Notstand aus.

Viel ist über das Ausmaß der Katastrophe noch nicht bekannt. Fünf Tage nach der Katastrophe bewegt jetzt aber die Geschichte von Lisala Folau und sein Kampf ums Überleben. Denn der Mann, der eine Gehbehinderung hat, musste stundenlang schwimmen, um sein eigenes Leben zu retten.

In einem Interview mit dem Radiosender Broadcom FM schildert er den Tag. Denn als die Welle sein Zuhause auf der Insel Atata erreichte, war er gerade dabei, das Haus zu streichen. „Mein älterer Bruder und ein Neffe kamen mir zu Hilfe, diesmal ist die Welle durch unser Wohnzimmer gegangen, wir sind in einen anderen Teil des Hauses umgezogen, als eine größere Welle, die ich auf nicht weniger als sechs Meter schätzen würde, [ankam]“, erzählt er. „Wir haben uns auf der Ostseite des Hauses versteckt, die Wellen kamen von Westen, also sind wir dieser Welle entkommen.“

„Ich habe mich einfach treiben lassen“

Anschließend versuchte er gemeinsam mit seiner Nichte, auf einen Baum zu klettern, um sich dort vor einer weiteren Welle zu schützen. Doch er klettert zu früh wieder von dem Baum und wird schließlich von einer Welle überrascht, die seine Nichte und ihn „aufs Meer hinausschwemmt“. Was folgt, sind herausfordernde Stunden. „Wir trieben auf dem Meer und riefen uns gegenseitig zu. Es war dunkel und wir konnten uns nicht sehen. Schon bald konnte ich meine Nichte nicht mehr rufen hören, aber ich konnte meinen Sohn rufen hören“, schildert Folau.

Um seinen Sohn zu schützen und ihn nicht in Panik zu versetzen, reagierte der Mann aber nicht auf die Rufe seines Jungen. „Die Wahrheit ist, dass kein Sohn seinen Vater im Stich lassen kann. Aber ich als Vater habe geschwiegen, denn wenn ich ihm geantwortet hätte, wäre er eingesprungen und hätte versucht, mich zu retten“, sagt er. „Aber ich verstand die schwierige Situation, und dachte, wenn das Schlimmste eintritt, bin ich allein.“

Allein sollte er auch weitere Stunden bleiben. Denn der Mann trieb die ganze Nacht über auf einem Baumstamm im Meer. „Ich habe mich einfach treiben lassen und wurde von den großen Wellen, die immer wieder kamen, herumgeschleudert“, erklärt der 57-Jährige. Am nächsten Morgen erreichte er schließlich eine nahegelegene, unbewohnte Insel. Dort sah er ein Polizeiboot. „Ich schnappte mir einen Lappen und winkte, aber das Boot sah mich nicht. Dann kehrte es nach Tonga zurück und ich winkte erneut, aber vielleicht haben sie mich nicht gesehen“, erzählt er.

Tsunami-Überlebender wird als „Rwal Life Aquaman“ gefeiert

Stattdessen schwamm der Mann auf der Suche nach seiner Familie und nach Hilfe weiter. Erst gegen 22 Uhr – also rund 27 Stunden nach dem Beginn der Katastrophe – erreicht er Sopu, einen Vorort der Inselhauptstadt Nuku’alof. Dort entdeckte ihn ein Autofahrer, der ihn mit zu sich nach Hause nahm.

Rückblickend schwamm der ehemalige Zimmermann also 27 Stunden von seiner Heimatinsel Atata über zwei andere Inseln bis hin zur Hauptinsel Tongatapu und legte dabei etwa 13 Kilometer zurück. In den Sozialen Medien wird er für seine unglaubliche Leistung deshalb auch „Aquaman“ genannt, in Anspielung an den gleichnamigen Comic-Helden.

Was mit seiner Familie passiert ist, weiß der 57-Jährige jedoch noch nicht. Derzeit ist nur bekannt, dass seine Heimatinsel Atata bei dem Tsunami vollständig überflutet wurde. Medienberichten zufolge seien aber alle rund hundert Einwohner von der Insel gebracht worden. Unter den drei bekannten Todesopfern sei außerdem kein Einwohner von Atata.