Wie fühlt es sich an, zu sterben? Eine Frage, die die Menschheit seit Ewigkeiten beschäftigt. Eine neue Studie liefert jetzt eine mögliche Antwort. Denn Forschende untersuchten Herzinfarkt-Überlebende und fanden heraus, dass sich einige von ihnen tatsächlich an ihre Todeserfahrung erinnern konnten.

Spoiler: der mythische „Tunnel“ und das „helle Licht“ sind offenbar gar nicht mal so unwahrscheinlich.

Studie: Gehirn „arbeitet“ nach Tod weiter

Der Geist steigt aus dem eigenen Körper, der Film über das eigene Leben zieht an einem vorbei, das Licht am Ende eines Tunnels wird sichtbar. Es ist die Frage aller Fragen: wie fühlt es sich an, wenn man stirbt? Eine aktuelle Studie liefert nun mögliche Antworten auf genau diese eine Frage. Dazu untersuchten Forschenden unter der Leitung des Kardiologen Sam Parnia von der New York University die Gehirnströme sterbender Menschen. Sie stellten fest: Trotz Herzstillstand traten bei vielen Patienten während der Wiederbelebung heftige Gehirnaktivitäten auf. Dies sei auch der Grund, wieso sich einige Patienten tatsächlich an ihre Todeserfahrung erinnern konnten. Aber step by step! Wie kam das Team überhaupt an diese Erkenntnisse?

Über 500 Menschen analysiert

Von Mai 2017 bis März 2020 wurden insgesamt 567 Patient:innen analysiert. Für die Studie arbeiteten die Forschenden mit mehreren Spitälern in den USA und England zusammen. Sie dokumentierten dabei die Erfahrungen von Herzinfarkt-Überlebenden sowie deren Ärzten. Mittels Elektroenzephalogramm konnte das Team dann nachweisen, dass das Gehirn während des Herzstillstands immer noch sehr aktiv ist und „weiterarbeitet“ – und das sogar bis zu 60 Minuten nach Beginn der Reanimation. Als wäre dies allein nicht schon faszinierend genug, machten die Studienautoren aber noch weitere Erkenntnisse.

Denn genau diese Gehirnaktivitäten wirken sich auch auf das Bewusstsein der sterbenden Menschen, so die Forschenden. Bei einer späteren Befragung der überlebenden Patient:innen kam nämlich heraus, dass sich sogar 40 Prozent der Befragten in irgendeiner Form an die Momente nach dem Herzstillstand erinnern konnten. Aber, die Frage aller Fragen, was nahmen diese Menschen während des Herzstillstands nun genau war?

So nahmen die Patient:innen das Sterben war

Laut den Autoren der Studie gaben einige Herzinfarkt-Überlebende an, das konkrete Geschehen der Reanimation und körperliche Schmerzen wie Druck auf der Brust wahrgenommen zu haben. Besonders spannend: die meisten berichteten jedoch von klassischen Nahtoderfahrungen, wie „in einen Tunnel zu gehen“, „den eigenen Körper zu verlassen“, „das eigene Leben Revue passieren zu lassen“, „an einen angenehmen Ort mit Licht zu gehen“, aber dann doch noch „umzudrehen und zurückzukehren“.

Studien-Autoren liefern mögliche Erklärung

Wieso das so ist? Das Team liefert hier eine mögliche Erklärung. Demnach würde das Gehirn in diesem Zustand alle vorhandenen Hemmsysteme oder mentalen Barrieren vollständig ausschalten. Dadurch sollen Sterbende auf eine Bewusstseinsebene gelangen, die bei allen Menschen gleich, aber nur kurz vor dem Tod zugänglich ist, so der Studienleiter Sam Parnia.  

Dadurch könnten beim Sterben alle gespeicherten Erinnerungen abgerufen werden, von der frühen Kindheit bis zum Tod – das gesamte Bewusstsein stehe offen. „Wir wissen nicht, welchen evolutionären Nutzen dieses Phänomen hat. Aber es scheint die Menschen auf den Übergang vom Leben zum Tod vorzubereiten“, so Parnia.