Pünktlich zur Weihnachtszeit gibt es in der neuen RomCom „Sachertorte“ jede Menge Kitsch, Klischees und Romantik. Und das alles vor Wiener Sehenswürdigkeiten.

Aber passen Hollywood-Romantik und Wiener Schmäh wirklich zusammen? Wir haben uns den Film angesehen.

„Sachertorte“: Hollywood-Kitsch meets Wiener Würstelstand-Charme

Wo trifft man heutzutage die große Liebe? Über Dating-Apps, durch Kuppeleien der Freund:innen oder doch am Arbeitsplatz? Tja, nicht, wenn man in einer RomCom lebt. Denn da reicht es nicht, bei jemandem nach rechts zu swipen oder die gleiche BFF zu haben. Nein, nein, hier braucht es deutlich mehr Action, Dramen und Verstrickungen.

Das zeigt der neue Film „Sachertorte“ jetzt einmal mehr. Denn darin trifft Hauptfigur Karl (Max Hubacher) seine absolute Traumfrau Nini (Michaela Saba) auf einem Berliner Bahnhof. Die beiden bonden sofort bei Würstchengesprächen (tztztz weg mit euren schmutzigen Gedanken, es geht um die Entscheidung zwischen Frankfurter und Currywurst) und stürmen nach wenigen Minuten schon gemeinsam in den Brautmodenladen.

Klingt nach der perfekten Lovestory, oder? Nicht so schnell. Denn es wäre keine RomCom, wenn es keine absurden Hindernisse gäbe. Obwohl Karl sich Ninis Nummer geben lässt, versäumt er es nämlich, diese auch abzuspeichern. Und jeglicher Versuch, sie zu finden, scheitert. Da bleibt Karl eigentlich nur eine Option: er reist Nini, die eigentlich in Wien lebt, hinterher. Denn auch, wenn er eigentlich nichts von ihr weiß, eine Sache hat ihm Nini dann doch verraten: Jedes Jahr an ihrem Geburtstag isst sie im Hotel Sacher um 15 Uhr ein Stück Sachertorte (klar, welche in Wien lebende Person macht das denn nicht *Ironie off*).

Karl stellt also sein Leben komplett auf den Kopf, zieht nach Wien und besucht jeden Tag das Hotel Sacher, um um Punkt 15 Uhr auf seine Traumfrau zu warten.

Trifft man die wahre Liebe wirklich am Bahnsteig?

Und es wäre natürlich keine RomCom, wenn Karl während seines Abenteuers nicht noch ein paar Sidekicks kennenlernen würde. Wie zum Beispiel die wohlhabende Frau Sawallisch (Krista Stadler), die ihm einen Tisch im Sacher ermöglicht und ihn quasi in die Gesellschaft einführt. Oder die neuen Mitbewohner, die allesamt durch ihre (mit Absicht) unverständlichen Dialekte glänzen. Und natürlich gibt es dann auch noch Miriam (Maeve Metelka). Die Zuckerbäckerin von nebenan, die Karl bei der Suche nach seiner Traumfrau unterstützt und dabei ganz nebenbei zu seiner wichtigsten Vertrauensperson wird.

Na, ahnt ihr schon, wohin die Geschichte geht? Keine Sorge, wir spoilern nicht weiter. Das ist bei „Sachertorte“ allerdings auch einfach nicht notwendig. Denn der Film ist ziemlich vorhersehbar. Aber trotzdem bleibt man dran. Denn wenn es um RomCom-Qualitäten geht, macht der Film so einiges richtig. Die Nebencharaktere sind unterhaltsam, es gibt einen ziemlich guten Soundtrack mit Schmankerln wie „Bussi Baby“ von Wanda und bei den schmalzigsten Szenen des Films kommt man nicht umhin, immer wieder „aaw“ zu sagen.

„Sachertorte“: Wie viele Klischees verträgt eine RomCom?

Wie sich das für RomComs gehört, gibt es aber auch einige Hoppalas. Würde man etwa jedes Mal, wenn ein Klischee über Wien oder Österreich vorkommt, einen Shot trinken, könnte man sich wohl maximal an die ersten 30 Minuten des Films erinnern. Denn natürlich haben wir den grantigen Kellner, die Annahme, dass wirklich jede:r Wiener:in einmal in die Staatsoper gehen will, den allgegenwärtigen Wunsch nach Etikette und Manier und das Vorurteil, dass viele österreichische Dialekte einfach komplett unverständlich sind.

Und auch die wohl die wichtigste Regel bei RomComs muss man bei „Sachertorte“ im Hinterkopf behalten: man darf nicht zu sehr über die Gegebenheiten der Protagonist:innen nachdenken. Denn wie kann man sich es eigentlich leisten, jeden Tag zuerst in einem Café zu frühstücken und dann zum Nachmittagssnack ein Tortenstück und einen Kaffee im Sacher verspeisen.

Das hat uns nämlich beim Schauen so sehr beschäftigt, das wir das Ganze mal anhand der Menükarte nachrechnen mussten. Pro Tag gibt Karl rund 16 Euro im Sacher aus (15,80 Euro ohne Trinkgeld!). Alleine in einem Monat wären das also 474 Euro. Wie viel Geld hat dieser Mann bitte zur Verfügung (vor allem, nachdem er zeitgleich aber entweder nicht genug Geld oder genug Recherchelust hat, sich ein eigenes W-Lan zuzulegen)? Wie gut werden Quizfragensucher:innen denn bitte bezahlt (und wo kann man sich eigentlich für diesen Job bewerben)?

Aber ganz ehrlich: wer bei RomComs zu viel über Details nachdenkt, ist ohnehin im falschen Genre, oder? Denn eigentlich geht es doch darum, für 112 Minuten komplett abschalten zu können und die Welt um sich herum zu vergessen. Und mal abgesehen von unserer kleinen Rechenaufgabe schafft „Sachertorte“ das perfekt. Denn zwischen kitschigen Montagen, überzogenen Monologen und sekundenlangen Nahaufnahmen vom Anschmachten vergisst man tatsächlich so einiges, was im Alltag gerade läuft. Da kann man auch über das ein oder andere unnötig platzierte Klischee hinwegsehen.