Sie kommen in der Nacht und mit ihnen ein Gefühl der Bewegungslosigkeit, einer schwere auf der Brust. Schreien ist nicht möglich. Mediziner sprechen vom Phänomen der Schlafparalyse. Volkstümliche Erzählungen vom Nachtmahr oder den Shadow-People.

Schlafparalyse: Phänomen hin oder her. Für Betroffene fühlt sich das Geschehen in dem Moment sehr wohl real an.

Wenn nachts der Dämon kommt

Mitten in der Nacht wachte ich auf. Aus dem Augenwinkel konnte ich sehen, dass eine dunkle Figur neben meinem Bett stand. Sie schien ihren Mund weit aufzureißen. Ein großer Druck lag auf meiner Brust. Der Raum war wie von elektrischen Wellen durchzogen. Meine Ohren surrten, ein schreckliches Kreischen war zu vernehmen. Ich will schreien, kann aber nicht. Willkommen im lebendigsten aller Albträume – der Schlafparalyse.

Damals war ich 12 Jahre alt. Dieser Dämon sollte mich noch sehr oft besuchen. Einst war er meine größte Angst, doch irgendwann besiegte ich ihn. Mit aller Kraft bäumte ich mich gegen den großen Druck auf meinen Körper auf. Mit zitternden Händen schaffte ich es irgendwann den Lichtschalter, der neben meinem Bett war anzuknipsen. Dann war es still. Nun wusste ich wie ich ihn besiegen konnte. Der Dämon und die Angst vor ihm war fort. Als ich meiner Oma von meinen nächtlichen Besuchen erzählte, meinte diese nur pragmatisch „ach Schätzchen die Trut hat dich besucht“. Eine volkstümliche Geschichte die besagt, dass ein Dämon nachts vor allem junge Leute aufsucht, um sich deren Lebensenergie zu holen. Auch mitunter ein Grund warum man sich am nächsten Tag dermaßen gerädert fühlte.

Mediziner sprechen vom Phänomen der Schlafparalyse

Die Wissenschaft hat eine andere Erklärung für das Phänomen. Bei der Schlafparalyse ist die Skelettmuskulatur während des Schlafs in der REM-Phase gelähmt. Ein Schutz, der dazu dienen soll, dass geträumte Bewegungen nicht tatsächlich ausgeführt werden. Davon ausgenommen ist nur die Augenmuskulatur. Beim Erwachen ist die Lähmung fort. Ab und an kann es jedoch passieren, dass man diese Lähmung bewusst erlebt. Das passiert meist kurz vor dem Einschlafen oder nach dem Aufwachen. Betroffene können das Gefühl haben zu ersticken, da ihre Atmung nicht spürbar ist, sie einen Druck auf ihrer Brust verspüren. Rund ein Drittel der Betroffenen hat auch visuelle und hörbare Halluzinationen. Und da kann es dann besonders ungemütlich werden.

So wie bei Nicole. Ihr Dämon suchte sie fast jede Nacht heim. Er kroch auf sie drauf, fast so als wolle er in ihre Augen und ihre Nase kriechen. Inzwischen hat sie es geschafft ihn mithilfe eines Codes zu vertreiben. Sie fängt an sehr schnell und laut zu atmen. Wenn ihr Partner das bemerkt, weckt er sie auf.

Trut, Sbeteledi oder die Schattenmenschen

Erzählungen über diese furchtbaren nächtlichen Besucher sind seit Jahrhunderten rund um die Welt überliefert. Der schweizerisch-englische Maler Johann Heinrich Füssli verschaffte 1781 mit seinem Werk „Der Nachtmahr“ dem umtriebigen Dämon ein Gesicht. Während meine Oma in der ländlichen Gegend um das österreichische Innviertel von der Trut spricht, heißt er in Norwegen „svartalvar“, in Botswana „Sbeteledi“, auf Hawai „Hauka´l po. In den USA spricht man von den „Shadow People“.

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Robert Macnish, schottischer Chirurg und Philosoph schreibt 1834 „Sie sind tausendmal entsetzlicher als die Visionen, die bei Geisterbeschwörungen und Teufelsanbetungen gerufen werden. Sie überbieten alle literarischen Wesen. Dantes höllischer Ugolino, der – auf ewig verdammt – am Kopf des Erzbischofes nagt, verblasst daneben. Der ganze Geist ist während eines solchen Anfalls erfüllt von unsagbarer Verzweiflung. Das erbarmungswürdige Opfer fühlt sich wie lebendig in seinen Sarg genagelt oder überwältigt von einem nicht nachlassenden Druck.“

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Der Glaube an die Existenz dieser albtraumhaften Erscheinungen ist so alt wie die Menschheit selbst und findet auch heute noch viele Anhänger. Dabei scheint, dass die Religion, persönliche Erlebnisse und Traumata einen großen Einfluss auf das Erscheinungsbild des Dämons haben. Während er zu Zeiten der Hexenerscheinung auch als ebenjene erschien, sind es heute vermehrt moderne Dämonen in Aliengestalt oder Dementoren aus Harry Potter. Sie alle haben aber eines gemeinsam. Sie kommen, wenn wir am schwächsten sind: Nachts, wenn wir schlafen.

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