In der neuen Horror-Satire „The Menu“ wird die Welt der Foodies einmal ganz genau unter die Lupe genommen. Und schnell erkennen wir: der Fokus liegt hier nicht auf der Kulinarik am Teller. Denn statt „Ratatouille“-Idylle wird „Hereditary“-Anspannung serviert.

Und zwar von Lord Voldemort höchstpersönlich.

„The Menu“ zeigt: So absurd ist die Welt der Foodies

Spätestens seit Instagram sind wir doch alle ein bisschen zum Foodie geworden, oder? Denn wer hat denn nicht schon einmal die hübsche Kaffee-Art für die Story festgehalten oder die super leckeren Ramen so lange inszeniert, bis sie eigentlich schon kalt waren? Wie absurd die Welt der Foodies aber werden kann, zeigt der neue Kinofilm „The Menu“.

Denn hier geht es um eine Gruppe exklusiver elitärer Foodies, die in einem der It-Lokale essen wollen: dem Restaurant von Starkoch Julian Slowik. Denn das exklusive Restaurant auf einer einsamen Insel lässt wirklich nicht jeden rein. Ganz im Gegenteil! Hier dinieren nur die feinsten Gäste, Promis und Restaurantkritiker:innen, die eingeladen werden. Und das lassen sie sich auch einiges kosten. Denn um überhaupt auf die Insel zu kommen und das Essen genießen zu können, muss jeder Gast 1.250 Dollar bezahlen.

Ganz ehrlich: Wer würde Voldemort am Herd vertrauen?

Unter ihnen ist dieses Mal Margot (Anya Taylor-Joy). Sie selbst hat eher wenig Interesse an der Sternenküche und sieht in einem Restaurantbesuch eigentlich nur ein Ziel: satt werden. Doch ihre Begleitung Tyler (Nicholas Hoult), der sie Last Minute als Date mitgenommen hat, kennt im Leben wohl nichts Aufregenderes als die unterschiedlichen Zusammensetzungen von Zutaten – und Margot macht gute Miene zum eher langweiligen Spiel.

Und wir machen es genauso: irgendwo zwischen „Ratatouille“ und „Chef’s Table“ sehen wir als Publikum der Crew dabei zu, wie sie die einzigartigen Gänge zubereitet. Es soll ja schließlich das beste Menü werden, das der Chefkoch je zubereitet hat. Klingt nach einem angenehmen Abend, oder? Tja, zumindest, bis sich entpuppt, was eigentlich dahinter steckt.

Denn Chefkoch Slowik (gespielt von Ralph Fiennes, den die meisten wohl als Lord Voldemort aus den „Harry Potter“-Teilen kennen) hat ziemlich blutige Pläne – und damit ist nicht die Zubereitung des Steaks gemeint. Aus der Kulinarik-Lehre à la „Ratatouille“ wird nämlich ein Horrorszenario wie aus „Midsommar“ oder „Ready or Not“. Schnell stellt sich nämlich heraus: wenn es nach dem Chefkoch geht, wird das das letzte Abendmahl werden. Und zwar nicht nur für die Crew, sondern auch für die Gäste.

Ein besonders blutiges Dinner

Und so verbringt das Publikum die zweite Hälfte des Films also nicht mit der Frage „was wird er wohl als nächstes auftischen?“, sondern „wer muss als nächstes dran glauben?“. Denn der Chefkoch tötet nicht wie in einem herkömmlichen Splatter-Film, sondern enttarnt ganz gezielt auch die schmutzigen Geheimnisse der Gäste und zeitgleich die Korruptionen und Intrigen seines eigenen Business.

„The Menu“ entwickelt sich dadurch zu einer aufregenden und packenden Satire, in der man ab einem gewissen Zeitpunkt keine ruhige Minute mehr hat. Denn auch, wenn man durch die schaurige Filmmusik von Anfang an weiß, dass irgendetwas nicht stimmt, kommt jeder Twist und jeder Gang doch ziemlich überraschend. Erwartet man zu Beginn einen diskreten Tod, wird diese Erwartung durch einen Kopfschuss zunichte gemacht – und kurze Zeit später mit einer antiklimaktischen Jagd erneut wiederlegt.

Deshalb ist „The Menu“ einer der spannendsten Filme des Jahres

„The Menu“ ist so einer der wenigen Filme, die noch wirklich überraschen. Denn auch, wenn man den Trailer gesehen hat und eine vage Vorstellung hat, was passieren wird: es kommt doch anders. Zugegeben, das Ende ist letztlich doch vorhersehbar und ein Trope, auf den wir gut hätten verzichten können. Doch abgesehen davon überrascht „The Menu“ wieder und wieder.

Ein richtiger Genuss in einer Zeit, in der die meisten Blockbuster und starbesetzten Kinofilme nur so vor Vorhersehbarkeit strotzen. Hier wechselt man stattdessen vom Lachen über die Ironie der Charaktere über das Aufschrecken beim gelungenen Jumpscare bis hin zu dem nicht enden wollenden Bedürfnis, Nicholas Hoult eine verpassen zu wollen! Man schwankt zwischen dem Bewusstsein, dass (fast) niemand bei diesem Dinner ein guter Mensch ist und es nicht anders verdient hat, und der Hoffnung, dass jemand die Pläne von Lord Voldemort… ähm wir meinen natürlich Starkoch Slowik… doch noch durchkreuzen kann.

„The Menu“ schneidet dabei ein Thema an, dessen wir uns wohl alle bewusst sind: wie prätentiös und unsympathisch reiche Menschen sein können – insbesondere in der Gourmet-Szene. Wer bei dieser Satire erwartet, große Erkenntnisse oder Themen serviert zu bekommen, über die man noch lange grübelt, wird enttäuscht werden. Stattdessen verliert man sich gut 100 Minuten lang in einem Spektakel, das irgendwo zwischen Bühnentheater und Krimidinner liegt und einen bis zum letzten Augenblick in den Bann zieht. Ein Gefühl, das nur die wenigsten Filme in diesem Jahr wirklich erreichen konnten.