Die meisten kennen John Ross Bowie wohl als schrulligen Barry Kripke aus „The Big Bang Theory“. Im Interview erzählt er uns, wann sein innerer Nerd zum Vorschein kommt und warum gerade Comedians auch über Depressionen sprechen sollten.

Und auch seinen ganz eigenen Fanboy-Moment enthüllt der Schauspieler.

Wie „The Big Bang Theory“ die Welt der Nerds verändert hat

Für John Ross Bowie war es wohl keine schwierige Entscheidung, ob er die Rolle des Barry Kripke in „The Big Bang Theory“ annehmen sollte. Denn dass sich hinter der Show ein Popkultur-Phänomen verbarg, zeichnete sich schon damals ab. „Als ich den Job bekam, hatte ich schon ein paar Folgen gesehen. Aber als ich anfing, dachte ich: ‚Ich sollte etwas über die Serie lesen‘. Als ich ‚The Big Bang Theory‘ dann gegoogelt habe war die Show noch über der eigentlichen Theorie über die Entstehung des Universums gerankt“, verrät der Schauspieler im Interview mit miss. „Da wurde mir klar: Oh, wir befinden uns auf unbekanntem Terrain. Das ist neu!“

Die Serie, die über zwölf Staffeln lang lief und zu den größten Hitshows der vergangenen Jahrzehnte zählt, war aber nicht nur durch die Einschaltquoten besonders. Denn auch gesellschaftlich veränderte sie einiges. „Was ich an der Serie schön finde, ist, dass sie Figuren, die in jeder anderen Fernsehserie am Rande stehen würden, in den Mittelpunkt stellt“, betont Bowie beim Gespräch im Rahmen der Vienna Comic Con. Dinge wie Cosplay, „Herr der Ringe“ oder zahlreiche „Star Wars“-Theorien wurden hier groß diskutiert; ohne sich darüber lustig zu machen oder die Charaktere als Außenseiter zu inszenieren.

„Damals begann das Marvel Cinematic Universe gerade erst, ‚Iron Man‘ war schon ein paar Jahre auf dem Markt, es gab ein paar ‚Spider-Man‘-Filme, ‚Herr der Ringe‘ hatte einen Oscar gewonnen; es gab eine Menge Dinge, aber wir hatten die Fans oder die echten Hardcore-Fans noch nicht im Blick“, erinnert sich Bowie an die Zeit der ersten Staffeln.

John Ross Bowie: „Das waren Nerds, die gelegentlich Sex hatten!“

Dass „The Big Bang Theory“ diesen Fokus bewusst setzte, hatte in seinen Augen große Folgen. „Ich glaube, so konnten sich die Leute gesehen fühlen. Und ich glaube, es war ein Weg, die Freude der Menschen an der Popkultur und der Nerd-Kultur zu normalisieren.“ Und besonders ein Aspekt war für den heute 52-Jährigen extrem wichtig: Es ging nicht nur darum, dass die Charaktere Nerds waren.

„Sie hatten eine eingeschworene Gemeinschaft und auch eine sehr wichtige Sache in der Serie war – einmal abgesehen von Sheldon: Das waren Nerds, die gelegentlich Sex hatten! Und das ist nicht nichts“, betont er. „Es hatte auch etwas wirklich Optimistisches und Echtes. Nur weil man ein Dungeon Master ist, heißt das nicht, dass man nicht ab und zu eine Freundin haben kann. Das fand ich wichtig!“

So war das Ende von „The Big Bang Theory“

Bis heute wird Bowie auf seine Rolle in „The Big Bang Theory“ angesprochen. Und vor allem ein Aspekt freut ihn an der Serie und ihrem Erbe ganz besonders: „Manchmal kommen Leute zu mir und sagen mir ‚Wegen dieser Show wollte ich Wissenschaftler:in werden‘ […] So viele Menschen haben dadurch ein richtiges Interesse an Wissenschaften entwickelt und das ist einfach das beste Gefühl in der Welt“, erzählt er. Er selbst spielte in der Serie zwar keine Hauptrolle, seine Figur des Barry Kripke – der schrullige Kontrahent von Hauptfigur Sheldon Cooper – gilt für viele Fans aber als eines der Highlights der Serie.

Als die Serie dann zu Ende war, war es für den Schauspieler auch ein dementsprechend emotionaler Moment. „Das war ein verrücktes Frühjahr, weil ich in einer anderen Show namens ‚Speechless‘ mitspielte, und das war zu der Zeit mein Vollzeitjob. Und beide endeten im selben Frühjahr“, erinnert er sich. „Als Schauspieler gibt es einen Teil von dir, der sagt: ‚Wow, ich habe zwei Jobs zu verlieren, schau mich an.‘ Aber es war eine sehr emotionale Zeit.“

„Als Mark Hamill also Gast war… dafür habe ich keine Worte“

Doch für Bowie gibt es viele Momente, auf die er auch nach dem Ende der Serie noch zurückblicken kann. Denn die Show brachte ihm nicht nur viele gute Freund:innen – mit denen er bis heute noch in Kontakt ist – sondern auch einige Momente, in denen er selbst zum Fanboy wurde. Denn im Gespräch mit ihm wird klar: John Ross Bowie lässt seinen inneren Nerd gerne raus. Und auch wenn er von Physik und Wissenschaft eigentlich nicht so viel Ahnung hat wie seine Figur Barry Kripke;“Star Wars“ und Co begleiten ihn schon sein Leben lang. Dass einige Stars dieser großen SciFi und Fantasy-Produktionen dann auch Teil von „The Big Bang Theory“ wurden, freut ihn bis heute! „Ich habe an meinem sechsten Geburtstag den ersten ‚Star Wars‘- Film gesehen. Als Mark Hamill [Anm. Luke Skywalker in den „Star Wars“-Filmen] Gast war… dafür habe ich keine Worte“, schwärmt er. Und natürlich wollte er seinem Idol auch ein bisschen näherkommen.

Dafür hatte er einen ganz besonderen Trick. „Ich bin in New York City aufgewachsen, ganz in der Nähe des Theaterviertels, also habe ich schon immer viel Theater gesehen. Und ich habe Mark Hamill in einem Stück namens ‚The Nerd‘ gesehen, als ich 15 Jahre alt war. Also war mein Opener für ihn, dass ich ihm sagte: ‚Hey, ich habe dich in The Nerd geliebt.‘ Und niemand fragt Mark Hamill jemals nach ‚The Nerd‘!“ Sein Plan ging auf und die beiden unterhielten sich über das Stück – und auch ein Foto gab es für den Schauspieler.

Kein Wunder also, dass er diesen Trick auch bei anderen Gaststars anwandte. „So kam ich mit vielen ins Gespräch. Das ist meine Superkraft“, erzählt er. Er selbst findet es übrigens auch besonders toll, wenn Leute ihn auf seine Theaterkarriere oder seine Musik ansprechen. „Dann sage ich: komm, setz dich her, ich hol dir einen Kaffee. Was möchtest du wissen.“

„Ich möchte den Kampf normalisieren und die Menschen wissen lassen, dass es auch bessere Tage gibt.“

Übrigens: auch ein ganz anderes, deutlich ernsteres Thema liegt dem Schauspieler enorm am Herzen: mentale Gesundheit. Denn auch, wenn Bowie für seine Comedy-Rollen bekannt ist, möchte er, dass die Menschen auch die Schattenseiten seines Lebens kennen. In seinen Memoiren „No Job For A Man“ schreibt er etwa offen über seine Depressionen. Und auch kürzlich – in einem Tribut-Post an „Friends“-Star Matthew Perry – sprach er über seinen eigenen Weg in ein Leben ohne Alkohol.

Es sind Themen, über die er ganz bewusst spricht. „Denn ich war auch so verängstigt. Es war mir wirklich peinlich und ich möchte nicht, dass sich jemand so fühlt“, betont er. „Ich möchte den Kampf normalisieren und die Menschen wissen lassen, dass es auch bessere Tage gibt. Ich glaube, das war auch das, was Matthew Perry versucht hat.“

Dass besonders unter den Comedy-Stars viele Menschen mit ihrer mentalen Gesundheit zu kämpfen haben, wundert ihn nicht. „Ich denke, es gibt eine Menge Überschneidungen. Ich glaube, die gleichen Muskeln in deinem Kopf, die dich dazu bringen, die Verbindungen zu ziehen, die dir bei Comedy helfen, können manchmal die Verbindungen ziehen, die dich auf sehr dunkle Pfade führen können“, so Bowie. „Und diese Art von verdrehter Perspektive kann sehr lustig sein, aber auch sehr dunkel. Deshalb halte ich es für wichtig, dass man darüber spricht und das Stigma abbaut.“