Kann Shoppen langfristig glücklich machen? Absolut, findet Redakteurin Sarah – und erklärt, welche Voraussetzungen dafür notwendig sind.

Wie wir das hier lesen, haben richtig viel Glück. Denn wir wurden in einem sehr privilegierten Land geboren – eine Voraussetzung, die es uns im Alltag ermöglicht, uns zwischendurch mit hübschen Dingen zu beschäftigen, die wir eben gerne hätten. Und manchmal gibt es unter diesen Dingen Ausreißer, die in uns eine ganz spezielle Begierde auslösen – in meinem Fall war das eine besondere Tasche.

So weit, so gut, wäre da nicht der horrende Preis, der von meinem Kontostand ungefähr so weit entfernt war wie Lindsay Lohan von einem Soda Zitron. Mit anderen Worten: Bank account says NO! Doch wenn man etwas dermaßen will, dass man bereits als Teenager Bilder davon aus Magazinen gerissen und aufbewahrt hat, dann ist das mit dem Sparen vielleicht eine Überlegung wert. Ja sicher, Sparen ist etwas total Erwachsenes, und sinnvoll – aber in Wahrheit auch eine zache Gschicht. In meiner Vorstellung hatte es irgendwie etwas Verwegenes, auf etwas zu sparen.

Willkommen in der Realität

Aber es war alles andere als einfach. Denn das Beste und gleichzeitig Schlechteste an meinem Job ist, dass ich permanent mit schönen Dingen zu tun habe. Mein Bankberater hat deshalb lange Zeit vermutet, dass ich ein verschollenes Mitglied des Kardashian-Clans bin – anders konnte er sich die vielen unnötigen Ausgaben Monat für Monat nicht erklären. Das hat sich also schlagartig geändert – mit Shoppen war Schluss und alles, was nicht bei drei am Baum war, wurde monatlich für Le Bag zur Seite geschafft.

Irgendwann war er dann tatsächlich da: der Tag, an dem die Kohle fürs sauteure Designertäschchen gehamstert war. Und zeitgleich kamen die ersten Zweifel: So viel Geld für ein einziges Ding ausgeben? „Du hast es verdient, jetzt kauf sie endlich!“, hat mein Freund dann last minute nachgelegt.

Damn right! Und schon war das Geld futsch und die Tasche mein. Etwas, das ich mir selbst und ganz alleine für mich geleistet habe. Es folgte: der Endorphinrausch. Das ist er also, der Zenit des Erwachsenseins:
Lasst mich durch, geldige Menschen, here we are, ich und meine Tasche – wir sind wie Batman und Robin, Salz und Pfeffer, Youtube und Katzenvideos! Wir gehören einfach zusammen! Sogar so sehr, dass ich das Täschchen jeden Abend vor dem Einschlafen noch mal aus der Box geholt habe, um es zu betrachten. Glücklich? Aber so was von! Klingt natürlich superoberflächlich, aber Neuro­ästhetiker wissen, dass beim Anblick von etwas Schönem dieselben Hirnareale aktiviert werden, die auch beim Verliebtsein auf Hochtouren laufen. Für mich Beweis genug!

Happy Together ?

Und dann stellt man schlagartig fest, dass dieses „Ich leiste mir etwas nur für mich“-Ding doch gar nicht so privat ist wie vermutet. Denn ganz plötzlich sind da andere Menschen, die meinen, ihren Senf dazugeben zu müssen – ungefragt, versteht sich, egal, ob direkt oder hinterrücks, und lustigerweise nur Frauen. „Boah, so viel Kohle hätt ich auch gern!“ oder „Geilo, hast du die von deinem Freund bekommen?“ Vielleicht kennt ihr das ja. Da wird einerseits laut Female Empowerment gebrüllt und dabei können wir Ladys uns nicht mal bei so was Banalem wie einer Tasche füreinander freuen? Excuse me?! Und noch viel schlimmer: Das hat tatsächlich dafür gesorgt, dass ich kurzfris­tig unsicher wurde und meinen kleinen Taschenschatz bei manchen Gelegenheiten lieber zu Hause lassen wollte – weil die anderen könnten sich ja weiß Gott was denken. Und zack, ist man in der Defensive und ertappt sich dabei, zu erklären, warum man so etwas Schönes überhaupt verdient hat.

Und das ist von Glücklichsein dann natürlich weit entfernt, da sind wir uns wohl alle einig. Manchmal frage ich mich, ob Leute ihre hübschen Taschen nur deshalb wieder online weiterverhökern, weil es sie ankotzt, sich auch nur noch ein einziges Mal rechtfertigen zu müssen. Also lasst uns bitte mit diesem Neid-Mist aufhören und diese Energie lieber in etwas Positives umwandeln. Lasst uns happy sein, dass wir das Privileg haben, uns mit solchen Dingen überhaupt auseinandersetzen zu können. Und wie sagt man so schön: Glück ist das Einzige, das sich verdoppelt, wenn man es teilt. Und wenn dafür ein Täschchen reicht, umso besser!

Und dabei geht’s nicht um die Menge an Kohle, die dabei ausgegeben wird, sondern vielmehr um unser naives Vergangenheits-Ich, das sich eines Tages endlich einen persönlichen Traum erfüllen kann.