Er sieht mich entgeistert an und wartet, ob ich darauf antworte. Natürlich antworte ich, aber gerade jetzt, in genau diesem Augenblick, fehlen mir die Worte. Ich möchte etwas sagen, aber wie soll ich eine Antwort formulieren, ohne, dass ich an seiner Intelligenz zweifle und unterschwellig mehr Unverständnis zeige als ich eigentlich möchte? Warum ist es so schwer für mich, wenn ein Abtreibungsgegner, der noch dazu männlich ist, mir erklären möchte, wer das Recht hat über den Körper einer Frau zu bestimmen und wer nicht?

Ganz klar: weil einer Frau ihre Entscheidungsfreiheit dadurch vollständig genommen wird. Und ich kann es einfach nicht einsehen, dass eine Eizelle rechtlich besser davon kommen soll als ich. Die Selbstbestimmung der Frau ist eine Sache, die verdammt nochmal wichtig ist. Ich finde es nicht zu viel verlangt, dass ich selbst bestimmen möchte, was mit mir passiert und was nicht.

Aber viele sehen das nicht so. Sowohl Frauen, als auch Männer. Und genau diese Leute finden, dass es gesetzlich verboten gehört abzutreiben. Denn ein Schwangerschaftsabbruch ist, laut ihnen, Mord – Kindesmord. Sie meinen, ein Leben darf nicht über das eines anderen entscheiden. Interessant, denke ich, wieso tun sie es dann, wenn es um das Leben unzähliger Frauen geht?

Ein Abtreibungsverbot verhindert keine Schwangerschaftsabbrüche

Ein Verbot verhindert keine Schwangerschaftsabbrüche. Fakt.

Es wird einzig und allein dazu kommen, dass noch mehr Frauen in die Illegalität, und somit auch in Lebensgefahr, getrieben werden. Ich frage mich, ob es das ist, was Abtreibungsgegner wollen, die sich für die Beschränkung des Rechts auf den eigenen Körper einer Frau einsetzen. Wollen sie ihnen wirklich das Recht absprechen und über ihr eigenes Leben, ihre Zukunft und alles, was damit Hand in Hand geht, bestimmen?

Schwangerschaftsabbrüche müssen leistbar sein, sicher und legal. Denn verhindern kann man sie nicht, nur illegalisieren. Eine Tatsache, die von Abtreibungsgegnern unbedingt bedacht werden sollte, stattdessen aber völlig ignoriert wird. Vielmehr geht es in den Diskussion stattdessen hauptsächlich darum, dass eine befruchtete Eizelle ein Recht darauf hat ausgetragen zu werden und zu einem Kind heranzuwachsen. Verstehe ich. Aber wird dabei auch daran gedacht, dass manche Frauen einfach keine Kinder wollen? Sollten diese Kinder also nicht auch davor bewahrt werden, als ungewollte Kinder zur Welt gebracht zu werden? Das ist doch mindestens genauso schlimm, wenn nicht sogar schlimmer.

Die Gesundheit, die mentale Verfassung und das Leben einer Frau, das interessiert bei dieser Debatte kaum jemanden. Ich frage mich, glauben Abtreibungsgegner wirklich, dass durch ein Gesetz, das Schwangerschaftsabbrüche illegal macht, keine mehr vollzogen werden? Oder verstehen sie, dass es immer noch dazu kommen wird, nur unter prekäreren Umständen, die die Gesundheit unzähliger Frauen gefährden?

Verhütung: Welche Erwartungshaltung schwingt dabei für uns Frauen mit?

Ich frage mich, glauben die Leute tatsächlich – und ja, es sind vor allem Männer, die das behaupten – dass Verhütung ausreicht, um eine Schwangerschaft immer zu verhindern? Es kann immer passieren, dass man schwanger wird. Eigentlich sollte man wissen, dass es kein Verhütungsmittel gibt, das zu 100 Prozent sicher ist. Weder die Pille, noch die Spirale. Und das Kondom, damit brauchen wir gar nicht erst beginnen.

Und da kommt dann auch noch die Erwartungshaltung gegenüber uns Frauen ins Spiel. Selbst wenn die Frau, beziehungsweise beide – denn es gehören immer zwei dazu – nicht verhütet hätte: Den Frauen wird in den meisten Fällen die Verantwortung zugeschrieben. 

Das fängt schon beim Sex selbst an, wenn hauptsächlich Frauen diejenigen sind, die an die Verhütung denken und den Mann darauf hinweisen, zum Kondom zu greifen. Oft sind wir es, die in den Momenten der Leidenschaft daran denken, dass es jetzt Zeit ist zu verhüteten, dass der Augenblick gekommen ist, in dem ein Mann ein Kondom verwenden muss.

Und, im Gegensatz zu den Männern, sind hauptsächlich wir Frauen diejenigen, die mit den Konsequenzen leben müssen, die bei ungeschütztem Sex auf uns zu kommen. Dann bekommen wir oft Sätze wie „Hättest du besser aufgepasst“ zu hören. Eine Frau muss darauf achten, wie sie wann Sex hat, mit wem und warum. Bei all den Dingen, die dabei schief gehen können, liegt der Fokus irgendwie immer noch bei der Frau.

Was passiert, wenn eine Frau vergewaltigt wird?

Für mich war das nie eine Frage, die man sich tatsächlich stellen muss. Denn ich sehe, vor allem in dieser Thematik, genau eine Lösung: die Frau darf entscheiden, was sie möchte. Ich glaube, niemand kann sich anmaßen zu verstehen, wie es sein muss ein Kind auszutragen, dass durch eine Vergewaltigung entstanden ist. Die betroffene Frau sollte einzig und allein, darüber urteilen, wie sie handeln möchte – sonst niemand.

Aber seitdem sich in den USA, mit dem US-Bundestaat Louisiana, nun mittlerweile der achte Bundessaat für Verschärfung der Abtreibungsgesetze entschieden hat, um somit die Handhabung bei Schwangerschaftsabbrüchen zu radikalisieren, wundere ich mich immer mehr. Louisiana reiht sich somit in die immer länger werdende Liste, die sich gegen Schwangerschaftsabbrüche richtet, ein. Gestern wurde die Ausweitung des Gesetzes von der Mehrheit der Abgeordneten unterschrieben. Das bedeutet, dass es Frauen untersagt ist, sich nach der 6. Schwangerschaftswoche einer Abtreibung zu unterziehen. Und selbst in Fällen von Vergewaltigung, wie auch Inzest, ist es nicht legal abzutreiben. Wie kann es sein, dass Leute, die größtenteils Männer sind, also kaum nachvollziehen können, worum es eigentlich geht, darüber ein Urteil fällen und es zum Gesetz machen? Genau wegen solcher Entscheidungen, mache ich mir Gedanken darüber, wie es denn sein würde, wenn Männer auch schwanger werden könnten.

Wie wäre das also, wenn ein Mann schwanger werden könnte?

Eine Frage, die mich brennend interessiert.

Ich wage anzunehmen, wenn Männer schwanger werden könnten, wäre eine Abtreibung längst Grundrecht. Es sind ja hauptsächlich die Männer, die in den Positionen sitzen, die solche Entscheidungen treffen können. Denn dann würde es sie direkt betreffen und sie würden verstehen, dass Selbstbestimmung ziemlich wichtig ist und nicht eingeschränkt werden darf. Weder vom Staat, noch von sonst jemanden.

Wenn Männer schwanger werden könnten, wäre Abtreibung womöglich gratis, überall zu haben und kein Tabuthema. Eine Rechtfertigung, warum man sich dafür entschieden hat sich einer Abtreibung zu unterziehen, wäre überfällig. Denn ich glaube, dass es komplett ausreichen würde, wenn ein Mann sagen würde, er möchte kein Kind bekommen. Nicht mehr, nicht weniger. 

Ich habe das Gefühl, dass keinem Mann sein Grundrecht auf sexuelle Freiheit abgesprochen wird. Eine Sache, die Frauen aber fast täglich erleben. Und selbst wenn es sich nach der ein oder anderen Meinung um Mord handeln würde, gäbe es niemals so eine große Diskussion darüber, wie wir sie jetzt haben, wenn es um das Recht von uns Frauen an unserem eigenen Körper geht.

Es kann keine Gleichberechtigung geben, ohne ein Abtreibungsrecht

Wir sollten endlich damit beginnen zu diskutieren, ohne eine Sprache zu verwenden, die einen Schwangerschaftsabbruch als Babymord darstellt. In einer Gesellschaft, die sich der wachsenden Gleichberechtigung zuschreibt, gibt es eine Frage, die logisch geklärt werden muss. Wer bestimmt über den Körper einer Frau? Wer hat das Recht über sie zu entscheiden? Und für mich gibt es nur eine Antwort, die Sinn ergibt: Sie selbst.