Für viele von uns war eine Barbie-Puppe wohl nicht aus dem Kinderzimmer wegzudenken. Dass die Puppe aber auch eine Verknüpfung zum Schlafzimmer der Eltern hat, zeigt sich bei einem Blick in die Geschichte der Barbie.

Denn die Puppen unserer Kindheit hatten ein recht schlüpfriges Vorbild.

Die Anfänge von Barbie waren ganz schön zweideutig

Wer sich das Image beziehungsweise Marketing von Barbie ansieht, merkt: hier ist alles wirklich kinderfreundlich. Barbie ist ambitioniert und liebevoll; hat einen breit gefächerten Freundeskreis, kümmert sich um ihre kleine Schwester und natürlich ihre unterschiedlichen Jobs. Die Beziehung zu Ken ist immer sehr jugendfrei und mehr als ein Puppen-Bussi ist ohne Geschlechtsteile ja eigentlich auch gar nicht möglich (was ihr mit euren Barbie-Puppen früher für Szenarien nachgestellt hat, bleibt natürlich euer kleines Geheimnis!).

Aber wie immer ist nicht alles auch so lupenrein, wie es auf den ersten Blick aussieht. Das gilt auch für die quietschbunte perfekte Plastikwelt von Barbie. Denn wer einen Blick in die Entstehung der legendärsten Puppe unserer Geschichte macht, merkt schnell: Barbie hat ein ganz schön schlüpfriges Vorbild.

Eine Puppe mit Brüsten

Aber zurück zum Anfang. Die Erfinderin der Barbie – Ruth Handler – hatte ein großes Ziel: sie wollte eine Puppe für Kinder kreieren, die eine Erwachsene darstellt. Denn damals – also bis zu den 1950er Jahren – spielten Kinder nur mit Babypuppen. Das Spielen simulierte also Aufgaben einer Mutter und Hausfrau. Ein Bild, das Ruth ändern wollte. Doch ihre Vorschläge für eine erwachsene Spielpuppe wurden von Mattel nicht gerade mit offenen Armen empfangen. Eine Puppe mit Brüsten und Kurven sei schließlich kein Spielzeug für Kinder und Eltern würden wohl niemals eine derartige Figur für ihre Töchter kaufen.

Nach mehreren Versuchen gab Ruth schließlich auf und die Idee landete im Archiv. Bis die Geschäftsfrau 1956 eine Reise durch Europa machte und die Bild-Lilli entdeckte. Wie der Name schon vermuten lässt, war Lilli eine Erfindung der deutschen „Bild“-Zeitung. Ihren Start hatte die blonde Figur als Comicstreifen in der Zeitung. Lilli sprach darin offen über ihre Beziehungen zu Männern und machte auch einmal recht schlüpfrige Anspielungen. In einem Comic sieht man sie etwa in einem Bikini. Sie wendet sich an einen Polizisten mit den Worten: „Zweiteilige Badeanzüge sind verboten? Na gut, welches Teil soll ich ausziehen?“

Lilli ist eine stylische und selbstbewusste Sekretärin, der Fokus der Geschichten liegt aber oft auch auf ihren Dates und Männerbekanntschaften. Da der Comic so großen Erfolg feiert, wird aus Lilli schließlich eine Puppe. 1955 gibt es sie als Merchandise zu kaufen – inklusive unterschiedlichen Outfits und Accessoires. Doch im Gegensatz zur späteren Barbie ist die Zielgruppe von Lilli deutlich älter; die Puppe wird nämlich für Erwachsene beworben.

Aus Lilli wird Barbie

Lilli „war in Europa nicht in erster Linie ein Kinderspielzeug. Sie begann ihr Leben als Sexspielzeug“, schreibt die Autorin Robin Gerber in der Biographie Barbie and Ruth. „Männer bekamen Lilli-Puppen als Gag-Geschenke bei Junggesellenabschieden, stellten sie auf das Armaturenbrett ihres Autos, ließen sie am Rückspiegel baumeln oder schenkten sie ihren Freundinnen als anregendes Andenken.“ Doch Lilli wurde im Verlauf der Jahre auch von einigen Kindern als Spielzeug genutzt.

Für Ruth Handler war eben diese sexy Puppe das Zeichen, dass erwachsene Körper sehr wohl zum Spielzeug umfunktioniert werden konnten. Sie nahm also ein paar der Lilli-Puppen mit nach Amerika, zeigte sie ihren Geschäftspartnern und 1959 kommt schließlich die erste Barbie auf den Markt. Und wer diese mit der Lilli-Puppe vergleicht, sieht auch einige äußere Ähnlichkeiten!

Laut „Bild“ verkaufte das Unternehmen schließlich sogar die Lilli-Rechte an Mattel. Und zwar für 25.000 Dollar. „Wohl eines der schlechtesten Geschäfte in der Wirtschaftsgeschichte“, heißt es dazu in einem Artikel der „Bild“-Zeitung. Denn mit dem Barbie-Imperium macht Mattel Umsätze in Milliardenhöhe.