Ein weiterer Femizid erschüttert Österreich. In einer Wohnung in Wien-Brigittenau soll ein 42-Jähriger offenbar seine Ex-Freundin erschossen haben. Der mutmaßliche Täter wurde bereits festgenommen. Laut Medienberichten soll es sich dabei um den „Bierwirt“ im Fall Sigi Maurer handeln.

Es ist der neunte Frauenmord in Österreich in diesem Jahr.

Bierwirt soll laut Medienberichten seine Ex-Freundin erschossen haben

Im 20. Wiener Bezirk Brigittenau wurden Rettung und Polizei am Donnerstagabend zu einem Großeinsatz gerufen. In einer Wohnung soll ein 42-jähriger Österreicher auf seine Ex-Freundin geschossen haben. Er traf die 35-Jährige laut Berichten offenbar am Kopf und am Fuß. Als die Polizei eintraf, hielt sich der Verdächtige noch im Innenhof des Wohnhauses auf. „Die mutmaßliche Tatwaffe wurde sichergestellt. Bei der Festnahme verlor der 42-Jährige aus derzeit unbekanntem Grund das Bewusstsein.“, heißt es in einer Presseaussendung der Polizei. Er wurde deshalb ins Krankenhaus gebracht. Die 35-Jährige wurde sofort von einem Team der Berufsrettung Wien versorgt und ebenfalls ins Spital gebracht. Dort erlag sie aber wenig später ihren Verletzungen. Die genauen Tatumstände und das Motiv seien derzeit noch Gegenstand von laufenden Ermittlungen, so die Polizei.

Unterdessen heißt es laut einem Bericht der Kronen Zeitung, dass es sich bei dem mutmaßlichen Täter um den Bierwirt handeln soll, der durch den Prozess gegen Grüne Klubchefin Sigi Maurer bekannt wurde. Wie der Standard berichtet, kann die Polizei die Identität des Festgenommen derzeit nicht bestätigten.

Der Fall Sigi Maurer

Im Mai 2018 soll der Bierwirt Maurer anstößige Nachrichten geschrieben haben. Diese outete seine Identität daraufhin auf ihren Social Media Accounts. Der Lokalbesitzer stritt das aber vehement ab und verklagte die Politikerin deshalb wegen übler Nachrede. In erster Instanz bekam er Recht. Sigi Maurer wurde zu einer Geldstrafe von 7.000 Euro verurteilt. Das Oberlandesgericht hob das Urteil im März 2019 allerdings auf. Im September 2019 wurde das Verfahren erneut aufgerollt, der Prozess wegen der Pandemie dann allerdings um fast zwölf Monate vertagt. Im Februar 2020 zog der Bierwirt das Verfahren gegen Maurer schließlich überraschend zurück und es wurde eingestellt.

Er soll derzeit aber noch in ein anderes, offenes Verfahren verwickelt sein. Denn am 24. September 2020 kam es zu einem großen Polizeiaufgebot, angeblich vor dem Lokal des Bierwirten. Er soll laut Aussage einen Passanten bedroht und genötigt haben.

Es ist der neunte Femizid in Österreich in diesem Jahr

Die Frau dürfte nach ersten Angaben der Polizei die Ex-Freundin des Täters gewesen sein. Nun laufen die Ermittlungen wegen des Verdachts des Mordes. Es handelt sich damit um den neunten Mord an einer Frau in diesem Jahr in Österreich. Erst vergangenen Woche hatte ein 65-Jähriger nahe St. Pölten seine 64-jährige Lebensgefährtin getötet. Zuvor wurde eine Trafikantin im 9. Bezirk in Wien von ihrem Ex-Partner mit Benzin übergossen und angezündet. Sie erlag kürzlich ihren Verletzungen.

Auf Social Media fordert man unterdessen erneut nach mehr Prävention gegen Gewalt an Frauen. Unzählige User, darunter auch Politiker, können nicht verstehen, wie es innerhalb von nur vier Monaten in diesem Jahr nun schon zum neunten Femizid kommen konnte.

Auch Influencer und Aktivistinnen wie Madeleine Alizadeh alias @dariadaria melden sich via Social Media zu Wort und äußern Kritik: „Mir fehlen die Worte, weil ich nicht verstehen kann, wie etwas so Vermeidbares immer noch passiert und wie ein Staat es verabsäumt und wie eine Gesellschaft es verabsäumt, Frauen zu schützen vor Männern und das es immer noch passiert. Stündlich.“

Was heißt Femizid?

Mit dem Begriff „Femizid“ können nur wenige etwas anfangen. Die Wortschöpfung soll ausdrücken, dass hinter solchen Morden oft keine individuellen, sondern gesamtgesellschaftliche Probleme stecken. „Der Mord an Frauen durch Männergewalt ist Resultat eines strukturellen Problems namens Patriarchat“, hieß es kürzlich in einer Aussendung von „Viva La Vulva“ und dem Kollektiv Kimäre. „Männergewalt ist strukturell“, erklärt Ana Badhofer, Gründerin von „Viva La Vulva“. Sie verwendet bewusst nicht den Begriff „Gewalt gegen Frauen“. „Dieser Begriff ist zu passiv. Hinter Femiziden steckt aber ganz konkret eine toxische Männlichkeit, die unserem System entspringt“, so Badhofer.

Österreich bei Frauenmorden an der Spitze Europas

Wir haben in Österreich tatsächlich ein Problem, wenn es um Männergewalt und Femizide geht. 2018 mit 41 und 2019 mit 39 weiblichen Mordopfern, lag Österreich an der Spitze Europas. 2020 wurden 31 Femizide in Österreich angezeigt. 2018 veröffentlichte die UN-Organisation UNODC eine Studie, die zeigt, dass 2016 fünf von einer Million Frauen in Österreich innerhalb der Familie oder von ihrem Partner ermordet wurden. Männergewalt beginnt aber nicht erst bei Mord. Schätzungsweise ist jede fünfte Frau in Österreich körperlicher und beziehungsweise oder sexueller Gewalt ausgesetzt, jede siebente Frau ist ab ihrem 15. Lebensjahr von Stalking betroffen.


An diese Stellen können sich von Gewalt Betroffene Frauen wenden: