Instagram ist eine Plattform, die dafür da ist, seine eigene Person so zu kreieren, wie man gern gesehen werden möchte. Zumindest sehe ich das so und ich glaube, die Mehrheit der Benutzer auch. Wie man sich selbst präsentiert, das ist einem vollkommen selbst überlassen – dachte ich. Aber das stimmt leider so nicht ganz, denn, wenn du ein Mensch bist, der mit der Zeit geht, Sex und andere Themen nicht mehr tabuisiert, wirst du teilweise gesperrt. Und dann frage ich mich, wie es sein kann, dass die Gesellschaft in die richtige Richtung gehen will, soziale Medien uns aber genau das verbieten. 

Das beginnt bei Fotos, die einen Nippel zeigen. Er muss noch nicht einmal im Fokus stehen, einzig und allein seine Präsenz wird als Fehlverhalten gewertet. Während uns also suggeriert wird, dass wir unseren eigenen Körper zelebrieren sollen und dazu stehen müssen, wer wir sind, werden wir beim Ausführen genau dessen gestoppt. In einer realen Welt laufen wir, nach langer Zeit, in der wir uns dafür rechtfertigen mussten, ohne BH rum und fühlen uns gut. Auf sozialen Medien wird das oftmals zum Problem. Wie kann das sein? Und was bedeutet das für unsere Entwicklung in einer hoffentlich zukünftigen offenen und gleichberechtigten Gesellschaft?

Sind soziale Medien ein Spiegel des Patriarchat?

Wenn man darüber nachdenkt, dann muss man da beginnen, wo es am meisten schmerzt. Und das ist für mich der Fakt, dass es sich lediglich um weibliche Nippel handelt, nicht um die, der Männer. Dass der weibliche Körper im Gegensatz zu dem der Männer sexualisiert wird, ist leider keine Neuigkeit. Das war, in meinem Wissen, schon immer so und ich kann mir nur schwer vorstellen, dass sich das bald ändert. Was aber kein Grund ist, nicht trotzdem dagegen zu arbeiten.

Wie kann man als Frau das Gefühl bekommen, sich so zu akzeptieren, wie man ist, wenn einem Instagram verbietet sich so zu zeigen, wie man möchte. Und zwar noch dazu so, wie die meisten Frauen aussehen: mit Nippeln. In einer modernen Welt zu leben, die den weiblichen Körper bis zu einem gewissen Grad tabuisiert, den männlichen aber Freiraum lässt, vermittelt einfach falsche Werte. Da ist es, meiner Meinung nach, kaum überraschend, wenn junge Mädchen sich auf Instagram anmelden und von Anfang an das Gefühl bekommen, sie müssen sich für gewissen Stellen an ihrem Körper zurückhalten. Eine Sache, die nicht mit dem zusammenpasst, was neue Aufstände, Denkweisen und Proteste versuchen zu erreichen: Selbstliebe und, dass Frauen endlich die Menschen sein können, die sie möchten – ohne Rechtfertigung. 

Ich finde es offensichtlich, dass die Differenzierung zwischen weiblichen und männlichen Körpern einen Rückschritt darstellt. Bereits seit Jahren wird darüber diskutiert, immerhin wurden selbst schon Bilder von berühmten Personen gesperrt – von Rihanna zum Beispiel. Diese Doppelmoral funktioniert leider immer da, wo das Patriarchat Platz findet.

Wenn es bei Nippeln beginnt, wo kann es aufhören?

Aber das ist nicht das einzige Problem, das damit einher geht. Ich meine, Gleichberechtigung ist noch nicht vollkommen angekommen. Und da überrascht es mich nicht, wenn ich weniger Recht darauf habe, was ich poste als ein Mann. Natürlich stört es mich ungemein und ich werde auch nicht aufhören, meinen Mund aufzumachen. Aber was passiert eigentlich, wenn es andere Themen auch treffen wird? Wenn uns soziale Medien mehr verbieten werden, als bisher oder uns gar das Recht auf Dinge, die uns wichtig sind, absprechen?

Vielleicht wirkt dieser Gedanke jetzt weit hergeholt, aber wenn man einen Moment länger darüber nachdenkt, dann ist es nichts abwegiges. Wenn Instagram möchte, dass wir gewisse Dinge nicht mehr posten, dann können sie das auch tun. Sie können, wenn sie das möchten, uns einfach in der Freiheit, die wir noch irgendwo haben, einschränken. Und das finde ich, ehrlich gesagt, beängstigend. Der Gedanke, dass eine abzählbare Anzahl an Menschen darüber bestimmen kann, wie die gesamte Benutzerschaft sich zu verhalten hat. Und ich möchte nicht wissen, wie hoch die Zahl an Leuten ist, die sowohl bei Instagram, als auch bei Facebook registriert sind. Denn was wollen wir tun, wenn uns mehr Recht auf den sozialen Medien abgesprochen werden?

Halten sie tatsächlich die Entwicklung der Gesellschaft in die richtige Richtung zurück?

Ich finde, dass sie das tun. Dass sie nicht mit der Zeit gehen, aber an ihren Gedankenmustern festhalten, die mittlerweile veraltet sind. Es sollte nicht sein, dass auf die Straße gegangen wird um dafür zu kämpfen, dass unsere Gesellschaft weitere Schritte nach vorne machen muss, um sich dann auf Instagram sperren zu lassen, weil man eine Skulptur einer Vulva gepostet hat. Soziale Medien und die Gesellschaft sollten Hand in Hand gehen, sich gegenseitig unterstützen und darauf bauen, dass sie einander größer machen können. Aber stattdessen erschweren uns Richtlinien von Instagram und weiteren Medien nur, was wir eigentlich haben wollen: Eine Welt, in der wir so sein können, wie wir sind und in der uns nicht mehr das Wort abgesprochen wird, sobald wir den Mund aufmachen.