Die Kommunikation zwischen Mann und Frau ist bekanntlich eine schwierige Angelegenheit und nicht selten voller Missverständnisse – wir zeigen dir, warum sich unsere Sprachwelt von der des Mannes unterscheidet, was es mit der gendergerechten Sprache auf sich hat und welche Merkmale für die weibliche Kommunikation typisch sind!

Was zeichnet die weibliche Gesprächswelt aus?

Wo liegen die möglichen Ursachen für Unterschiede im Sprachverhalten?

Die Geschlechterrolle ist in der Gesellschaft ein sehr wichtiger Faktor, der spätestens seit der feministischen Bewegung der 1970er und 1980er Jahre eine noch stärkere soziale Bedeutung hat. Allgemein existieren zahlreiche Klischees. So wird beispielsweise davon ausgegangen, dass Frauen dazu neigen, besonders viel zu reden, Männer sind hingegen vergleichsweise schweigsam und behalten ihre Gefühle lieber für sich. Ganz so einfach ist es natürlich nicht, dennoch unterscheiden sich Männer und Frauen bezüglich der Kommunikation mitunter recht stark und gerade deshalb sind Missverständnisse zwischen beiden Geschlechtern oftmals vorprogrammiert. Woran es liegt, dass Männer und Frauen sich bei einem Gespräch so unterschiedlich verhalten, hat laut Forschern unterschiedliche Gründe, wenngleich diese auch nicht vollends belegt werden können. Vermutlich sind es allerdings das biologische Erbe und die Sozialisation, die zu Verständigungsproblemen zwischen Mann und Frau führen. So sorgen bereits Eltern, Lehrer und Geschwister dafür, dass Jungs und Mädchen in ihre geschlechtsspezifische Rolle hineingedrängt werden, aber auch der grundlegende Aufbau des Sprachzentrums im menschlichen Gehirn unterscheidet sich: bei Frauen ist dieser nicht nur größer, sondern auch auf beide Gehirnhälften verteilt.

Weibliches Gesprächsverhalten

Das Gesprächsverhalten von Frauen lässt sich nicht einheitlich beschreiben. Schließlich ist jede Frau individuell (Männer sind dies übrigens auch) und so kann man höchstens von bestimmten Mustern im Sprechverhalten reden, die typischerweise eher bei Frauen als bei Männern auftauchen. Typisch weibliches Gesprächsverhalten wird stark von der jeweiligen Eigenwahrnehmung geprägt und Frauen betrachten sich oft als innerhalb eines Netzwerks zwischenmenschlicher Bindungen agierend. Gespräche haben hier vorrangig das Ziel Nähe zu erlangen. Dabei geben sich Frauen oft gegenseitig Bestätigung und Unterstützung und zielen in erster Linie auf Übereinstimmung. Erzählt eine Frau beispielsweise gegenüber einer Freundin, dass sie einen bestimmten Gegenstand verloren hat, so kann es vorkommen, dass diese antwortet, dass ihr schon einmal etwas Ähnliches passiert sei. Auf diese Weise werden gemeinsame Gewohnheiten besprochen und die Nachricht übermittelt, dass dies ganz normal ist. Eine stereotypische Angst von Frauen, nämlich Ablehnung, kann durch diese Bindung zu anderen gemildert werden. Weiterhin versuchen Frauen häufig, die Betonung von Unterschieden zu vermeiden, denn diese können eine Beziehungswelt stören. Zwar gibt es auch Beispiele von Frauen, die auf die Erlangung eines bestimmten Status aus sind, doch hat es generell den Anschein, dass dieses Verlangen eine eher männlich geprägte Domäne darstellt. Außerdem können Frauen in Gruppen dazu tendieren, ihren Status über Empathie und freundschaftliche Bindung, und nicht durch eine Position in einer Hierarchie zu definieren.

Bevorzugter Gesprächsinhalt

Für die meisten ist Frauensprache eine Beziehungssprache, also eine Möglichkeit, um Gemeinschaften herzustellen und Bindungen zu knüpfen. Dies lernen Mädchen und Frauen bereits von klein auf, indem sie mithilfe der Sprache die Distanz oder angestrebte Nähe zu anderen ermöglichen. Sie erzählen dafür beispielsweise von ihren Alltagserlebnissen, wobei Details nicht unbedingt wichtig sind, diese aber dabei helfen, eine gewisse Verbundenheit zu schaffen. Das klassische Beispiel hierfür ist das Gespräch während des Abendessens im Kreis der Familie. Häufig ruft die Mutter dazu auf, dass die Kinder ihre Erlebnisse berichten, im Anschluss erzählt sie jedoch auch selbst von ihrem Tag. Diese Gespräche schaffen Nähe und Verbundenheit, denn jeder Einzelne lässt die Anderen daran teilhaben, was er erlebt hat und was ihn bewegt hat.

 

Bevorzugtes Gesprächsumfeld

Auch das Gesprächsumfeld spielt eine wichtige Rolle und bildet den Rahmen für eine Unterhaltung. Geht es dabei um Ängste, Gedanken und Gefühle, so werden diese in der Regel nicht in einer großen Gruppe besprochen. Dafür sind sie einerseits zu persönlich und andererseits lässt sich in diesem Umfeld kaum eine tiefere Bindung zum Gesprächspartner ermöglichen. Viele Frauen bevorzugen daher ein Gesprächsumfeld, das sich in einer vertrauten Umgebung befindet. Das kann einerseits ein Café sein, das häufig besucht wird, am häufigsten stellt dies jedoch das eigene Zuhause dar. Da Frauen sich hier problemlos entspannen können, können sie hemmungslos reden und befinden sich dabei in einem vertrauten Umfeld mit Menschen, die ihnen nahe stehen. Sie müssen demnach nicht erst überlegen, wie sie etwas konkret formulieren oder sich Gedanken darüber machen, wie eine Aussage womöglich ankommt, sondern können entspannt und frei über alles sprechen, was sie gerade beschäftigt. Gibt es im Umfeld hingegen unbekannte Leute, so fällt es Frauen oft deutlich schwerer, frei heraus zu sprechen. In einer solchen Situation überdenken Sie die möglichen negativen Reaktionen, die durch Ihre Worte entstehen könnten und machen sich Gedanken über mögliche Fehler, die Ihnen unterlaufen könnten, wenn sie ihre Meinung äußern. Teilen Sie Ihre Ansichten dann dennoch mit, so benötigen Sie in der Regel etwas Zeit, um Ihre Frage oder Meinung innerlich gut formuliert zu haben und warten den richtigen Zeitpunkt ab, um die Aufmerksamkeit des Gesprächspartners zu haben.

 

In großen Gruppen

Gespräche finden sowohl in großen als auch in kleinen Gruppen statt, weisen aber, je nach Gruppe, jeweils bestimmte Eigenheiten auf. In großen Gruppen wird vor allem das klassische Tratschen zelebriert, welches meist negativ bewertet wird, aber keineswegs immer wirklich negativ sein muss. Stattdessen kann Klatsch eine wichtige Funktion bei der Begründung von Intimität einnehmen. Das Erzählen von Geheimnissen ist nicht nur als Zeichen der Freundschaft zu werten, sondern kann diese auch erst begründen, sofern der Zuhörer erwartungsgemäß reagiert. Aus diesem Grund ist es für viele Frauen beinahe schon eine Verpflichtung, Freunde über die wichtigsten Ereignisse auf dem neuesten Stand zu halten. Glaubt man der Anthropologin Robin Dunbar, so stellt der Klatsch außerdem das menschliche Gegenstück zum gegenseitigen „Lausen“ dar. Er ist demnach eine Art Hilfsmittel, wenn es darum geht, sich besser kennen zu lernen und verlässliche Bündnisse zu schließen. Für die meisten Frauen ist das Erzählen von Geheimnissen daher ein wichtiger Bestandteil ihrer Freundschaft, auch wenn diese oftmals Schwierigkeiten, Ängste, Probleme oder Fehltritte beinhalten. Das Sprechen über selbige schafft eine tiefere Verbindung, weshalb Frauen dies gern praktizieren, dafür aber kaum Freude an Lösungsangeboten haben. Denn diese gehen am Wesentlichen vorbei und schneiden darüber hinaus auch noch die Unterhaltung ab: denn ist ein Problem erst gelöst, so muss nach einem neuen gesucht werden, damit das Gespräch überhaupt weitergeführt werden kann. Hier zeigt sich also, das Klatsch durchaus ein wichtiger Bestandteil vieler weiblicher Beziehungen ist, wenngleich er teilweise durchaus auch sehr negativ sein kann – auf der andern Seite schafft er allerdings auch Vertrautheit und Intimität.

In kleinen Gruppen

Anders gestaltet sich das Gesprächsverhalten hingegen in Kleinstgruppen. Diese sind vor allem für sogenannte Problemgespräche geeignet, bei denen klassischerweise „Beziehungsprobleme“ im Fokus stehen. So können beruflicher und privater Stress durch verbales Kommunizieren abgebaut werden. Die engen Freundschaften zwischen Frauen schaffen dafür den richtigen Rahmen und bieten auch Gelegenheit für indirektes Kommunizieren. Dabei handelt es sich um indirekte Aufforderungen, die auf verschiedenen Bedürfnissen basieren und vom Gegenüber im Idealfall erfasst werden können – ist dies der Fall, so fühlt sich die Betroffene umso mehr verstanden, wertgeschätzt und umsorgt. Auch dies sorgt wiederum für Verbundenheit und Intimität.

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