Matcha am Morgen, 12 Schritte Skincare Routine und durchgetaktete Arbeitstage. TikToker zeigen unter #productivitytok, wie sie ihre perfekten Tage leben – für den Selbstoptimierungswahn gibt es aber auch einiges an Kritik.

Wie gesund ist der konstante Glow up?

Mit #productivitytok zum perfekten Alltag

Willkommen in der TikTok-Sparte #productivitytok, in der 6 Uhr Morgens schon eine späte Uhrzeit ist, um in den Tag zu starten. Denn die To-Do-Liste ist lang – und meist in wunderschöner Handschrift in den unterschiedlichsten Farben geschrieben: Iced Matcha oder Kaffee am Morgen, gefolgt von Yoga und stundenlangem konzentriertem Lernen und Arbeiten.

Kalender werden mühevoll individuell gestaltet und beinhalten neben den wichtigsten Terminen auch Tracker und Erinnerungen daran, ausreichend Wasser zu trinken und möglichst wenig Zeit auf Social Media zu verbringen. Diese pinterest-taugliche Art des Arbeitens scheint den Nutzern zu gefallen: Mehr als 25 Millionen Aufrufe hat der Hashtag mittlerweile auf TikTok.

Neben Einblicken in den Tag geben User über #productivitytok auch Tipps zum Thema. Welche Stifte eignen sich am besten, welches Bullet Journal macht dich produktiver und wie gestaltest du die perfekte Morgen- und Abendroutine.

@sarahbada_

i started no. 1 this year which turned my life upside down #dailyhabits #productivity #productivitytok

♬ DANCIN IN MANDELA – LUCCA SAVI

Wer ist #thatgirl?

Auf die Spitze getrieben wird dieser Wunsch nach Produktivität unter dem Schlagwort #thatgirl. Unter dem Hashtag posten Frauen ihre Pinterest-ähnlichen Routinen und Tagesabläufe oder erstellen Visionboards, worauf sie gerade hinarbeiten.

@__butterflly__

Perfect ‘That girl’ morning routine🦋 ##thatgirl ##morning ##routine ##perfect ##aesthetic ##fypシ ##foryou ##viral ##blowup ##foryoupage ##iphone11 ##fy ##like

♬ for a minute – favsoundds

Ziel ist der ultimative Glow Up, die ideale Form von Körper und Charakter, erzielt wird sie in der Version von #thatgirl meist mit Matcha und Selleriesaft, Skincare-Routinen, Meditieren und Journaling; idealerweise alles in ästhetischen Erdtönen und neutralen Farben.

Tipps, die aus diversen Selbsthilfebüchern und Ratgebern bekannt sind, online aber dutzende Millionen Aufrufe bekommen. In der TikTok-Variante sind sie oft auch mit ganz bestimmten Produkten, Apps und Mitgliedschaften verbunden, die den Eindruck vermitteln: Ohne dieses Journal wird der Weg zur Selbstoptimierung schwieriger.  

@.becomethat.girl

become that girl with me. we start tomorrow. follow to join our journey. #thatgirl #fyp #4u #foryoupage #follow #like #aesthetic monday.

♬ Seaside_demo by SEB – SEB

Ist #thatgirl überhaupt realistisch?

Die Reaktionen auf den Trend sind gespalten. Verbinden ihn einige mit den positiven Seiten der Selbstoptimierung, betonen andere die Kostenpunkte und unrealistischen Erwartungen. Dass so ein perfekter Tag als #thatgirl auf Dauer nicht funktionieren kann und mit ganz schön hohen Kosten verbunden ist, beweisen viele, die sich in der Welt von #thatgirl und #productivitytok ausprobieren.

Die YouTuberin zoeunlimited betont in ihrer Kritik etwa, dass die Verknüpfung zu bestimmten Produkten auch immer eine Ausgrenzung mit sich zieht. „Matchas, Espresso, Bücher, Innendekoration, Duftkerze, Hautpflege, Teppiche und Lampen: Das alles summiert sich. Was ist, wenn jemand nicht die finanziellen Möglichkeiten hat, sich diese Statement-Teile des #thatgirl-Trends zu leisten?“ In ihren Kommentaren finden sich viele Gleichgesinnte. „That girl kann einfach gute Fotos machen“, betont eine Followerin.

Auch die YouTuberin Rebecca Jay übt Kritik an dem Trend und betont, wie überwältigend all die To Dos sind. Ihre Community scheint diese Einstellung zu teilen. „Ein Glow Up ist kein Trend. Eine Verbesserung kann man nicht erzwingen, es ist natürlich und es beginnt mit dem Geist, nicht mit der Morgenroutine. Du kannst all diese Dinge machen und trotzdem psychisch ungesund sein!“, kommentiert eine Followerin. Das Ideal von #thatgirl sei nichts als eine Illusion, die Frauen zur Perfektion drillen soll; obwohl dieses Ziel unerreichbar ist.

Viele Kommentare unter den Kritikvideos plädieren außerdem dafür, sich nicht an eine einzige Ästhetik anzupassen, sondern vielmehr den Fokus darauf zu setzen, eine eigene zu finden. Wäre doch auch langweilig, wenn wir alle nur in Erdtönen gekleidet in das gleiche Yoga-Studio gehen.