Es ist wohl keine allzu neue Nachricht, dass Homosexualität in Russland – wohl auch besonders durch das tatkräftige Einwirken von Wladimir Putin, aka Mr. Tolerance – nach wie vor stark tabuisiert wird. Doch die Vorschläge, die das Ministerium für Gesundheit laut Medienberichten (Buzzfeed, Dazed Digital) vor Kurzem auf einer offiziellen Regierungs-Website veröffentlicht haben soll, übertreffen wohl unsere wildesten Vorstellungen von Intoleranz und Schwachsinn.

Hier wird den Berichten zufolge vorgeschlagen, dass schwule, lesbische und transsexuelle Menschen zusammen mit Pädophilen in Spezial-Kliniken von ihrer „Krankheit“ geheilt werden sollen. Ein schlechter Witz? Pedik – kurz für Päderast, also Knabenschänder – ist in Russland übrigens eine gängige, abfällige Bezeichnung für schwule Männer. So wird schon in der Alltagssprache Homosexualität mit Pädophilie gleichgesetzt.

Homosexualität soll in diesem Text außerdem als „gender identity disorder“, also Geschlechtsidentitätsstörung bezeichnet werden.

Wie diese Behandlungen aussehen würden, ist wohl nicht für die Augen und Ohren der Öffentlichkeit bestimmt – allerdings ist das Stichwort hier wohl eindeutig: Isolation. Menschen mit sogenannten „abnormalen sexuellen Vorlieben“ sollen mithilfe dieser wahnwitzigen Methoden vom Rest der Bevölkerung separiert werden.

Kaum zu glauben? Wenn man sich Russlands Geschichte im Bezug auf Homosexualität genauer ansieht, sind diese weltfremden Ideen jedoch wenig verwunderlich.

Russland und Homosexualität

2013 unterzeichnete der russische Präsident Wladimir Putin ein Gesetz zu „Homosexuellen-Propaganda“, das jegliche positive Äußerungen über Homosexualität in der Anwesenheit von Minderjährigen und über das Internet strafbar macht. Putin sorgte in den vergangenen Jahren außerdem mit Aussagen wie, dass er Russland schnellstmöglich und nachhaltig von Homosexualität reinigen müsse, für Aufsehen.

Zwischen 1934 und 1991 wurden geschätzte 60.000 bis 250.000 Männer wegen Ausübung homosexueller Handlungen zu bis zu fünf Jahren Gefängnisstrafe und fragwürdigen Behandlungen in psychiatrischen Kliniken verurteilt. Seit 1999 steht Homosexualität in Russland nicht mehr auf der Liste der Geisteskrankheiten und erst seit 1993 ist die „abnormale“ sexuelle Orientierung in Russland nicht mehr strafbar.

Auch in der russischen Bevölkerung ist das Thema der Homosexualität nach wie vor stark tabuisiert. Laut einer Meinungs-Umfrage des Lewada-Zentrums aus dem Jahre 2010 erachteten 36 Prozent der Befragten Homosexualität als eine psychische Krankheit, 39 Prozent stimmten dem Vorschlag, Homosexuelle ohne deren Einwilligung einer Behandlung zu unterziehen zu und 84 Prozent sprachen sich strikt gegen die Einführung der gleichgeschlechtlichen Ehe aus.