„Shape of Water“ ist der große Sieger der 90. Oscar-Verleihung. Die Fantasy-Romanze erhielt die Auszeichnung als bester Film. Guillermo del Toro wurde zudem zum besten Regisseur gekürt. Insgesamt gewann der 13-fach nominierte Film des 53-jährigen Mexikaners vier Preise.

Der große Abräumer der 90. Oscar-Verleihung: „The Shape of Water“

Guillermo del Toros Shape of Water ist ein Märchen, das das alte Thema von „Die Schöne und das Biest“ variiert – auch wenn sich das Biest am Ende nicht in einen Prinzen, sondern die Schöne in ein Biest verwandelt. Mit seiner Fantasyparabel konnte del Toro schon in Venedig reüssieren. Und nun nimmt die ungewöhnliche Liebesgeschichte mit 13 Nominierungen Kurs auf die Oscars.

„The Shape of Water“ – ein modernes Märchen?

Der Mexikaner del Toro ist jener Regisseur, dem das Monsterkino vermutlich am nächsten liegt, und der dies mit einer unbändigen Liebe zu den Figuren verbindet. In seiner neuen Variation des Genres lässt er das Biest nun das Mädchen bekommen – was in den klassischen Streifen des vorigen Jahrhunderts stets undenkbar gewesen wäre. Anders in „Shape of Water„.

Wie stets in der beeindruckenden Ambivalenz aus Zerbrechlichkeit und mutiger Stärke, spielt Sally Hawkins die stumme Putzfrau Elisa, die zum Höhepunkt des Kalten Krieges als Reinigungskraft in einer geheimen amerikanischen Forschungseinrichtung arbeitet. Und eigentlich hat Elisa ein schönes Leben, wohnt mit dem gescheiterten, schwulen Werbegrafiker Giles (Richard Jenkins) doch ein guter Freund gegenüber, mit dem sie allabendlich alte Musicals in ihrer Wohnung über einem Kino sehen kann. Auch mit ihrer afroamerikanischen Kollegin Zelda (Octavia Spencer) ist sie ein Herz und eine Seele. Aber Elisa ist dennoch einsam.

Das ändert sich, als eines Tages ein Wassertank in die Anlage gebracht wird, in dem sich ein geheimnisvoller Amphibienmann (Doug Jones) findet, den die Militärs im Amazonas gefangen haben, wo er als Gottheit verehrt wurde. Während Sicherheitschef Strickland (Michael Shannon) das Wesen sezieren lassen will, um an seine Geheimnisse zu gelangen, hat der in der Einrichtung arbeitende sowjetische Spion Hoffstetler (Michael Stuhlbarg) den Auftrag, die Kreatur zu töten, damit die Amerikaner nichts dazulernen.

Einzig Elisa ist entzückt. Das Wesen ist schlank, muskulös und besitzt eine blaugrün leuchtende Haut – sowie sanfte Knopfaugen, die Tiefe ausstrahlen. Und so beginnt Elisa langsam, den Fischmann zu bezirzen und sein Herz mit hart gekochten Eiern zu gewinnen. Die Außenseiterin der Gesellschaft hat eine verwandte Seele gefunden. Elisa ist verliebt, was in einer gemeinsamen Sexszene kulminiert – ein Umstand, den die Filmemacher bei Kreaturfilmen wie „King Kong“ meist eher verschämt umschiffen. Und zugleich muss die Reinigungsfachkraft ihre große Liebe vor dem Tod retten.

So wird „Shape of Water“ nebst allen Action- und Fantasyelementen eine Metapher über die von Rassismus, Sexismus und Homophobie geprägten 1960er – und beschreitet damit einen Weg, den derzeit viele Hollywoodproduktionen wie „Suburbicon“ im nostalgieseeligen Trump-Amerika nehmen. Sinnbild dieser anderen Seite der vermeintlich heilen Welt ist der faschistoide Strickland, dem die ebenso simple wie berührende Geschichte von der Kraft der Liebe gegenübergestellt wird. Insofern ist del Toros Werk ein sinnliches Märchen für Erwachsene, das dem Oeuvre des Filmemachers („Pans Labyrinth“) ein ungewohnt sentimentales Kapitel hinzufügt. Wirklich zum Leben erweckt wird „Shape of Water“ bei aller Bildnostalgie aber vor allem von seiner Hauptdarstellerin Sally Hawkins.

 

APA/Red