Drogen, Waffen, Titten, Ärsche: Diese Stilmittel kennen wir ja zur Genüge aus sämtlichen Rap-Videos. Sie waren dermaßen omnipräsent, dass sich heutzutage kaum einer an einem Nippel, einer blanken Pobacke oder jointrauchenden KünstlerInnen stört. Alles nichts neues, alles Klischee.

Wenn weibliche Künstlerinnen diese Elemente in ihren Videos verarbeiten, erregt das aber immer noch die Gemüter: dann wird spekuliert und hitzig diskutiert. Über Provokation, Nacktheit, Stil und Klasse und was Kunst überhaupt alles darf. Das ist natürlich gerechtfertigt, schließlich soll Kunst auch zum Nachdenken und Diskutieren anregen und Themen für den öffentlichen Diskurs bereitstellen.

 

Das können wenige so gut, wie die barbadische Sängerin Rihanna (28). Sie hat sich seit ihrem Start im Musikbusiness im Teenageralter vom braven R&B-Popsternchen zu einer der einflussreichsten Künstlerinnen unserer Zeit hochgearbeitet, sie strapaziert regelmäßig die Grenzen jeglichen guten Geschmacks und sorgt mit ihren Outfits, Videos und Songs regelmäßig für Aufsehen. Sie gilt als talentiertinnovativ, erfinderisch. Wo andere KünstlerInnen hinterherhinken, ist Rihanna meistens schon lange vorher präsent gewesen. Dabei ist sie als Künsterlin in einer Position, wo sie ihrem eigenen Image nicht entsprechen muss – sie kann und muss es regelmäßig killen, um sich wieder neu zu erfinden.

 

 

Dieses Jahr wurde ihr achtes Studioalbum ANTI veröffentlicht und es ist nicht gerade das, was die Fans erwartet hatten. Sperriger Sound, barbadischer Akzent und Beats, die eine Herausforderung für das mainstreamgewohnte Ohr darstellen, erfreuten anfangs wohl eher Hip Hop erprobte HörerInnen (Drakes Einfluss ist eindeutig). Aber genau deshalb ist das Album ein Geniestreich. Anders als das Video zum Song Needed Me.

 

Da stößt man nämlich an die eigenen Toleranzgrenzen. Wir wollen die leidige „Was darf Kunst eigentlich?“-Frage mal außen vor lassen und uns stattdessen fragen: Wenn man ein Musikvideo dreht, das jedes existierende Klischee dieser Welt aneinanderreiht und zum Schluss jemanden abknallt, während im Hintergrund ein paar nackte Stripperinnen ihre prallen Ärsche in das Gesicht von gesichtstätowierten Gangstern halten, ist das dann einfach nur langweilige, kommerzialisierte Provokation ohne jeglichen Sinngehalt und Zusammenhang?

Natürlich darf man nicht vergessen, dass das Video fast schon Spielfilm-Charakter besitzt: Regie führte nämlich niemand geringerer als Harmony Korine, der Typ, der auch Spring Breakers und Kids geschrieben und gedreht hat. Zu Beginn des Videos sieht man RiRi kiffend und barbusig auf einer Terrasse, dann, nächste Szene, maskierte Typen mit Waffe, kiffende Menschen, Dollarscheine all over the place. Dann: Strip Club. Ärsche, Extensions und tätowierte Gangster so weit das Auge reicht. Zum Schluss marschiert Rihanna durch einen Club hin zu einem Kerl und schießt ihm in den Kopf. Drei Mal. Aus. Vor ein paar Jahren hätte und hat das noch provoziert (Man Down): aber von jemandem, der in seinem Musikvideo eine gefesselte, nackte Geisel von der Decke schwingen hat lassen, hatte man sich nach so einem Aufreger schon ein bisschen mehr Raffinesse gewünscht.

Wir fragen uns, ob Rihanna und ihre Army jegliches Quäntchen Kreativität ausgeschöpft haben – die Elemente in ihren Videos kopieren sich mittlerweile selbst. Das neue Video ist wie eine langweilige Mischung aus Pour It Up und B**** Better Have My Money: Rihanna, die ewig toughe Gangsterbraut: diese Kunstfigur wurde zur Genüge ausgeschlachtet. Es wird Zeit für etwas Neues.

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