Im Kampf gegen das Coronavirus geht Schweden völlig anders mit der Krise um, als viele andere Länder. Doch nun bekommt die Strategie langsam Risse.

Denn die Todeszahlen im Land steigen mittlerweile immer rascher an.

Schweden: Keine Ausgangsbeschränkungen

In Schweden gibt es bislang immer noch keine Ausgangsbeschränkungen und Schulen und viele Geschäfte haben zum Teil immer noch offen. Im Kampf gegen das Coronavirus hat das Land seine ganz eigene Strategie. Man brauche keine strengen Regeln. Anstatt Ausgangsbeschränkungen und Verbote zu verhängen, wählt die schwedische Regierung den Weg der vielfältigen Information und Empfehlungen. So rät man zwar dazu, bei Symptomen zu Hause zu bleiben oder etwa keine Reisen zu unternehmen und Homeoffice zu machen, mehr Anweisungen gibt es allerdings nicht.

Lediglich öffentliche Ansammlungen sind beschränkt. Doch auch das passierte mit Verzögerung. Denn erst vor einer Woche führte die schwedische Regierung etwas strengere Maßnahmen ein und beschränkte öffentliche Zusammenkünfte ab 29. März auf maximal 50 Teilnehmer. Auch Besuche in Altersheimen wurden untersagt. Unterdessen bat sogar der schwedische König Carl XVI. Gustaf die Bevölkerung in einer Rede zu Ostern zu Hause zu bleiben.

Todeszahlen steigen: „Wir werden mit tausenden Toten rechnen müssen“

Viele Experten in Schweden bezweifeln die Wirkung strenger Maßnahmen und wählen deshalb einen anderen Weg. Man könne die weitere Verbreitung ohnehin nicht stoppen, so Anders Tegnell, der Chef-Epidemiologe des Landes. Und größtenteils ging die Strategie bislang auch auf. Denn trotz fehlender Verbote, bleiben viele dennoch zu Hause.

Nun zeigen sich allerdings erste Risse in Schwedens Coronavirus-Modell. Denn die Todeszahl im Land steigen rascher als gedacht und die Regierung und Opposition verhandeln bereits über das Ausrufen des Notstands. Langsam bereitet sich nun offenbar auch Schwedens Regierung auf strengere Maßnahmen im Kampf gegen das Virus vor. „Wir werden mit tausenden Toten rechnen müssen“, sagte etwa erst kürzlich der schwedische Ministerpräsident Stefan Löfven in einem Interview der Zeitung Dagens Nyheter.

Um strengere Maßnahmen einführen und über ein Notstandsgesetz abstimmen zu können, fordert die schwedische Regierung jedoch mehr Befugnisse, um Entscheidungen ohne die Zustimmung des Parlaments treffen zu können. Denn erste Versuche, strenger durchzugreifen, scheiterten am Wochenende. So will man etwa unter anderem Flughäfen und Bahnhofe – die derzeit immer noch offen sind – ohne die Zustimmung der Abgeordneten schließen können. Es müsse mehr Möglichkeiten geben, um schneller reagieren zu können, fordert etwa die schwedische Gesundheitsministerin Lena Hallengren.

Zahl der Coronavirus-Toten steigt enorm

Bislang appellierte man an die Vernunft der Bürger, zu Hause zu bleiben so gut es geht. Doch nun könnte auch in Schweden bald ein anderer Wind wehen. Denn mittlerweile meldet das Land fast doppelt so viele Coronavirus-Tote wie in Österreich. Bislang starben laut den Daten der Johns-Hopkins-Universität 477 Menschen an einer Coronavirus-Infektion. Mehr als 7.000 Menschen sind positiv auf das Virus getestet. Experten vermuten allerdings, dass die Dunkelziffer weitaus höher ist.