Bei den diesjährigen Olympischen Spielen sorgte Turnerin Simone Biles für einen Schockmoment: „Twisties“ verhinderten eine perfekte Kür, Biles zog sich zeitweise aus den Turnieren zurück. Rückblickend bedauert sie ihre Teilnahme.

Sie hätte sich schon lange vor Tokio zurückziehen solle, sagt sie.

Simone Biles spricht offen über Olympia-Teilnahme

„Wenn man schaut, was ich in den letzten sieben Jahren alles durchgemacht habe, hätte ich nie wieder zum Olympia-Team gehören dürfen“, sagt Rekordweltmeisterin Simone Biles gegenüber dem New York Magazine. „Ich hätte schon lange vor Tokio aufhören sollen.“

Die Erlebnisse in den vergangenen Jahren sollen dazu beigetragen haben, dass Biles bei den Olympischen Spielen an sogenannten Twisties litt. Das sind Orientierungsstörungen, die vor allem bei Schrauben und Sprüngen gefährlich enden können. Meist sind mentale Probleme die Ursache für die Störungen. So auch bei Biles.

Als Reaktion auf die Orientierungsstörungen zog sich die Rekord-Turnerin von mehreren Wettbewerben zurück, trat letztendlich nur mehr am Schwebebalken an – und holte dort die Bronzemedaille.

“Wir haben gelitten und leiden immer noch“

In den Interview spricht Biles jetzt offen über die Schwierigkeiten der vergangenen Jahre, die ihre Erfahrung in Tokio beeinträchtigt haben. Insbesondere erwähnt sie in diesem Zusammenhang den früheren amerikanischen Teamarzt Larry Nassar. Hunderten Turnerinnen – darunter auch Biles – werfen dem Arzt sexuellen Missbrauch vor. Nassar bekannte sich Ende 2017 vor Gericht schuldig und verbüßt seitdem eine lebenslange Haftstrafe.

Erst kürzlich warf die Turnerin in einer Stellungnahme vor dem amerikanischen Senat dem FBI vor, sie und die anderen Turnerinnen in dem Missbrauchsfall „im Stich gelassen“ zu haben und beklagte: “Wir haben gelitten und leiden immer noch, weil niemand beim FBI, der USAG oder dem USOPC das getan hat, was nötig war, um uns zu schützen.”

Simone Biles: „Es war zu viel.“

Auch im New York Magazine reflektiert sie den Fall. Dieser habe einen „hohen emotionalen Tribut“ von der 24-Jährigen gefordert. „Es war zu viel. Aber ich wollte nicht zulassen, dass er mir etwas wegnimmt, wofür ich hart gearbeitet habe, seit ich sechs Jahre alt war“, sagt Biles. Stattdessen versuchte sie, die Vergangenheit so lange zu verdrängen „wie mein Geist und mein Körper es mir erlaubten“.

Bei den Olympischen Spielen kam dann jedoch der Knackpunkt. Biles‘ Entscheidung, sich von den meisten Wettbewerben auszuschließen, war für sie die einzige Lösung. „Meine Perspektive hat sich noch nie so schnell geändert, vom Wunsch, auf einem Podium zu stehen, zu dem Wunsch, allein und ohne Krücken nach Hause zu gehen“, sagt sie.

Heute spricht sie offen über ihre Erlebnisse und den emotionalen Druck, den sie verspürt hat. Neben zahlreichen Interviews veröffentlichte sie auch die zweiteilige Dokumentation „Simone versus Herself“ bei Facebook-Watch. Ihr Ziel mit diesen Aktionen ist es, das Stigma rund um mentale Krankheiten und Probleme zu brechen.