Heute wird in New York die Victoria’s Secret Show abgedreht. In einem Monat können wir sie dann streamen, genug Zeit für die Cutter, um jede „ungünstige“ Aufnahme der Supermodels rauszuschneiden. Seit Jahren ist Body Positivity ein Thema, viel hat sich zum Positiven entwickelt und Diversität wird mehr und mehr auch in Werbe- und Modebranche umgesetzt. Doch was Rihanna bei ihrer ersten Dessous-Modenschau von Savage x Fenty geschafft hat, scheint für die Kultmarke Victoria’s Secret auch nach Jahrzehnten noch ein Ding der Unmöglichkeit zu sein. Denn verschiedene Körperformen sucht man bei der alljährlichen Show der Marke vergeblich. Dennoch feiert der kreative Kopf und Produzent der Show Ed Razek (70) sich und das Team in den Medien, es solle die „beste Show aller Zeiten“ werden. Die Standards des Geschäftsmannes sind dabei wohl in den 80ern stecken geblieben, denn mit der modernen Welt hat seine Show nichts zu tun. Und eine Show, die Körperformen zeigt, mit denen sich 0.01% Prozent der Kundinnen identifizieren können ist, ähm, eine Themenverfehlung?!

Supermodel startet Victoria’s Secret Boykott

Das australisches Supermodel Robyn Lawley (29) ruft nun zum Boykott der Victoria’s Secret Show auf. Nein, sie will nicht nur die Show boykottieren, sondern die gesamte Marke. Sie habe die Nase voll davon, immer nur denselben Körpertyp auf dem Laufsteg zu sehen, schreibt sie in ihrer Petition auf Change.org, die sie mit dem Hashtag #weareallAngels – also „wir sind alle Engel“ – gestartet hat. Die 29-Jährige will Victoria‘s Secret nicht länger die Macht geben, das Wort „sexy“ zu definieren. Wie sie ganz richtig anmerkt, gibt es nämlich nicht nur eine Version von „sexy“. „Lasst uns Victoria’s Secret dabei helfen, diverser und inklusiver zu werden, was die Formen und Größen der Körper auf dem Laufsteg betrifft. Victoria’s Secret dominiert den Markt seit fast 30 Jahren und will Frauen einreden, dass es nur eine Art von schönem Körper gibt.“ Unfassbar viele junge Frauen sehen sich die Show Jahr für Jahr an, wenn man darin nur ein paar unterschiedliche Figurtypen zeigen würde, könnte man allen Frauen helfen, ihre Körper zu lieben, so Lawley in ihrer Petition.

Modelkollegin Shanina Shaik (27), die dieses Jahr zum fünften Mal in der VS-Show über den Laufsteg schweben wird, sieht das Ganze etwas anders, immerhin würden die Models sehr hart trainieren, „um am gesündesten und fittesten“ zu sein, sagt sie gegenüber The Daily Telegraph in Bezug auf Lawleys Petition. Dass man auch ohne Size Zero gesund und fit sein kann, geht in der Rechnung nicht ganz auf. Als unglaublich inklusiv betrachtet auch der 70-jährige Produzent Ed Razek seine Show. Immerhin werden die Models, was ihre ethnische Herkunft betrifft, immer unterschiedlicher. Dieses Jahr sollen die Runway-Models etwa aus so vielen verschiedenen Ländern stammen, wie niemals zuvor. Man könnte meinen, das sei schon mal ein Anfang. Doch dass es auch eine andere Art von Diversität gibt, die sich nicht auf Herkunft, sondern auch auf die Körperform bezieht, scheint dem Show-Team noch nie zu Ohren gekommen zu sein. Denn trotz immer wieder laut werdender Kritik, ändert sich nichts an der VS-Body-Politik.

Falsche Schönheitsideale? Nein, danke

Die im letzten Jahrtausend steckengebliebenen Schönheitsideale von Victoria’s Secret scheinen aber auch den Konsumenten immer mehr am A*** vorbei zu gehen. 2014 schauten sich unfassbare 9,1 Millionen Menschen die Übertragung der Dessous-Show im Fernsehen an, 2017 waren es hingegen nur mehr 5 Millionen. Auch die finanziellen Gewinne des Konzerns scheinen auf dem absteigenden Ast zu sein. Wenn sich an ihrer Marketing-Strategie also nicht bald etwas ändert, werden Kritiker wie Robyn Lawley recht behalten und Victoria’s Secret schaufelt sich ein engelsgleiches Grab im Unterwäsche-Himmel. Frauen wollen sich nicht länger falsche Ideale aufdrängen lassen. „Als Frauen will ich, dass wir uns verbünden und sagen ICH BIN genug, ICH BIN schön, ICH BIN einzigartig und ICH WILL meine Körperform in euren Shows repräsentiert sehen, sonst schwöre ich, eure Produkte nie wieder zu kaufen“, lautet der Kampfspruch von Supermodel Lawley.

Robyn Lawley wird in der Modeindustrie als „Plus Size Model“ gehandelt, kann sich damit selbst aber nicht anfreunden und spricht von sich lieber als „curvy“. Lawley zierte bereits die Cover von namhaften Magazinen wie Vogue Italia, Elle, Marie Claire oder Cosmopolitan. Sie war das allererste „curvy“ Model, das es 2015 in die berühmte Swimsuit Edition von Sport’s Illustrated geschafft hat. Seitdem hat sich die Edition um 180 Grad gedreht, zeigt jährlich unterschiedlichste Figur-Typen und damit auch, dass „sexy“ in unterschiedlichen Größen und Formen kommt. Bleibt nur zu hoffen, dass Victoria’s Secret diesen Schritt auch irgendwann schafft und in der heutigen Zeit ankommt. Bitte, danke.