Mein Freund und ich leben zwar nicht weit voneinander entfernt, aber eine Wohnung teilen wir uns nicht. Das wird immer wieder zum Gesprächsthema, denn schon unzählige Male musste ich mir die Frage anhören: „Wieso wohnt ihr nicht zusammen?“

Mich nervt das sehr. Wenn ich nämlich jemanden umgekehrt frage, warum er denn mit seinem Partner zusammenwohnt, werde ich schief angeschaut. „Na, weil wir wollen und uns lieben“ lautet da meistens die Antwort. So könnte ich aber auch argumentieren.

Er studiert noch und ich arbeite schon

Ich bin seit drei Jahren in einer Beziehung und eigentlich finde ich, dass das noch nicht so lange ist. Für viele meiner Freunde und Bekannten anscheinenend schon. Denn in letzter Zeit interessiert es sie immer öfters, wieso ich nicht mit meinem Freund zusammen wohne. Auch viele Personen, die mich nicht kennen, wirken überrascht, wenn sie im Gespräch herausfinden, dass wir zwar glücklich sind, aber noch lange nicht vorhaben zusammenzuziehen. Meistens antworte ich damit, dass es für uns gerade mehr Sinn macht, alleine zu leben. Ich habe mein Studium bereits abgeschlossen und arbeite Vollzeit. Er studiert noch und weiß nicht, ob er in den nächsten Jahren überhaupt die ganze Zeit in Österreich bleiben möchte.

Ich bin zwar in einer Beziehung, lebe aber lieber alleine

Meiner Meinung nach würde es jetzt keinen Sinn machen zusammenzuziehen. Es kann zwar billiger sein, sich die Miete zu teilen, aber zu zweit braucht man auch mehr Platz. Eine größere Wohnung alleine zu zahlen, falls der Partner ins Ausland gehen sollte, kann wiederum sehr teuer werden. Abgesehen davon bin ich gerne alleine. Ich bin in einer Großfamilie aufgewachsen. Bei uns im Haus war immer etwas los und es war vor allem immer jemand da. Seitdem ich ausgezogen bin und alleine wohne, genieße ich es, am Ende des Tages heimzukommen und meine Ruhe zu haben. Mein Freund ist glücklicherweise genau so. Es ist zwar schön, zusammen Zeit zu verbringen aber ab und zu freuen wir uns, wenn jeder in seine eigene Wohnung zurückkehrt und seine eigenen Sachen macht.

Meine Wohnung ist perfekt für mich

Als ich damals in meine Wohnung gezogen bin, hatte ich echtes Glück. Die Lage ist perfekt und die Miete nicht zu hoch. Würde ich jetzt umziehen, wäre es schwierig eine ebenso günstige Wohnung zu finden. Sie ist zwar nur 30 Quadratmeter groß, für mich alleine reicht der Platz aber. Eine kleine Wohnung bedeutet auch, dass man nicht lange putzen muss und das ist für mich ein großer Vorteil, weil ich die meiste Zeit sowieso draußen verbringe. Ich komme zwar gerne in eine saubere und aufgeräumte Wohnung heim, aber wenn ich einmal nichts zu tun habe und Serien schauen oder Bücher lesen kann, möchte ich die Zeit nicht für den Wohnungsputz verschwenden. Mein Freund wiederum putzt sehr gerne. Für meinen Geschmack sogar viel zu viel. Er verbringt oft stundenland damit seine Wohnung zu putzen, selbst wenn davor nirgends ein Staubkorn oder ein Brösel zu finden war.

Es geht niemanden etwas an, wie ich wohne

Mein Freund und ich haben beide gemeinsam entschieden, noch nicht zusammenzuziehen. So wie es aussieht werden wir uns auch in den nächsten Jahren keine gemeinsame Wohnung anschaffen. Ich bin sehr glücklich damit, viele meiner Freunde verstehen das aber nicht. Vor Kurzem zog mein Freund in eine neue, größere Wohnung, nicht weit von meiner entfernt. Das gab noch mehr Anlass, nachzubohren, warum wir nicht zusammengezogen sind. Viele finden es komisch, dass wir so nahe voneinander entfernt leben und trotzdem noch nicht eine gemeinsame Wohnung in Erwägung gezogen haben. Ihre Nachfragen werden dann auch immer von einem Stirnrunzeln und einem zur Seite geneigten Kopf begleitet. Als wäre es gar nicht meine Entscheidung gewesen und ich nur darauf warten würde, bis er endlich bereit ist, mit mir zusammen zu wohnen. Dabei geht es eigentlich niemanden etwas an, wie ich wohne und wieso ich nicht mit meinem Freund zusammen lebe.

Ich möchte mich nicht rechtfertigen müssen

Jedes Mal wenn mir jemand die Frage stellt, wieso wir nicht zusammen wohnen, fühle ich mich zu einer Rechtfertigung gezwungen. Das nervt mich, weil es viel interessantere Themen gibt, die man besprechen könnte. Außerdem bedeutet das nicht, dass wir sofort zusammenkrachen, wenn wir uns auf längere Zeit sehen. Im Gegenteil: Wir kommen sehr gut miteinander klar und streiten wenig. Wir übernachten oft beeinander und verbringen lange Urlaube zusammen. Mich stört die Frage genau so, wie mich früher die Frage „Wieso bist du eigentlich noch Single?“ genervt hat. Ich finde, man sollte bei jeder Frage den Umkehrschluss tätigen und überlegen, ob man die gegengesetzten Fragen wie bespielsweise „Warum seid ihr ein Paar?“ oder „Wieso wohnst du mit deinem Freund zusammen?“ genauso stellen würde.