Nicht nur das Coronavirus hat sich im Jahr 2020 auf unserem Globus verteilt, sondern auch die ein oder andere skurrile Verschwörungstheorie. Besonders im Vordergrund steht dabei die QAnon-Bewegung aus den USA.

Doch wer genau steckt hinter QAnon und was hat es mit den Verschwörungstheorien rund um das Coronavirus auf sich?

Wer oder was ist QAnon?

Am 6. Jänner stürmten Fans des abgewählten US-Präsidenten Donald Trump das Kapitol in Washington. Bilder des Vorfalls, bei dem fünf Menschen ums Leben kamen, gingen um die Welt. Besonders einprägsam war dabei eine Gestalt mit nacktem, tätowiertem Oberkörper, Kopfbedeckung aus Fell und Hörnern und bemaltem Gesicht. Der als „QAnon-Schamane“ bekannte Mann wurde zum Symbol der Erstürmung des Kapitols. Jacob Chansley, wie der Mann tatsächlich heißt, wurde mittlerweile in Arizona festgenommen. Er ist aber bei weitem nicht der einzige Anhänger der umstrittenen Bewegung, die seit 2017 Verschwörungstheorien mit teils rechtsextremen Hintergrund verbreitet.

Unmittelbar nach der Stürmung des Kapitols sperrte Twitter 70.000 Konten. Die meisten dieser Accounts gehörten QAnon-Anhängern, die hetzerische und zur Gewalt auffordernde Tweets posteten. QAnon ist mittlerweile eine große Bewegung, die sogar über die USA hinaus Anhänger hat. Vor einigen Jahren aber war sie noch ein Nischenphänomen. Ein sich selbst als Q bezeichnender User begann im Oktober 2017 in einem anonymen Internetforum kryptische Botschaften zu posten. Q behauptet, er sei Mitarbeiter des US-Geheimdienstes und habe Zugang zu geheimen Informationen. Seine Botschaften, genannt „Q-Drops“, wurden dann von seinen Anhängern in den herkömmlichen Online-Medien diskutiert und weiterverbreitet. Welche Person oder welche Personen hinter dem „Q“-Pseudonym stecken, ist bis heute nicht geklärt. „Anon“ ist in der Netzkultur eine Chiffre. Internetnutzer, die anonym bleiben möchten, geben sich den Nutzernamen „Anon“. Es ist also ein Pseudonym. Anons sind zugleich die Anhänger „Qs“.

Verschwörungstheorie: Der „Deep State“ als Bedrohung

Grundlegende Behauptung der Verschwörungstheoretiker ist jedenfalls: Die Vereinigten Staaten würden von einer kriminellen und satanistischen Organisation – dem „Deep State“ – beherrscht, der etwa die früheren Präsidenten Bill Clinton und Barack Obama, aber auch etliche Hollywoodstars angehören sollen. Sie würden vertuschen, dass in unterirdischen Kerkern Kinder eingesperrt seien, um sie sexuell zu missbrauchen und aus ihnen das körpereigene Stoffwechselprodukt Adrenochrom zu gewinnen. Donald Trump hingegen bekämpfe diese dunklen Mächte. Viele QAnon-Botschaften sind antisemitisch und rechtsradikal. Zudem zeigen sich manche Anhänger gewaltbereit. Nach Einschätzung der US-Bundespolizei geht von der Bewegung eine Gefahr extremistischer Gewalt aus.

Aufwind durch Pandemie

Aufwind erhielt die Bewegung schließlich durch die Pandemie. Internetbeiträge, die sich auf QAnon-Theorien beziehen, nahmen auf großen Social Media-Plattformen laut einer Analyse des Politikinstituts ISD zwischen März und Juni 2020 radikal zu. „In mancher Hinsicht hat die Pandemie Verschwörungserzählungen wie QAnon perfekt vorangebracht“, sagt Mackenzie Hart, die für ISD zu Desinformation forscht. „Die Leute müssen nicht nur drinnen bleiben und verbringen mehr Zeit online, sondern sie haben auch Angst. Und wenn Menschen Angst haben, bieten Verschwörungstheorien einfache Antworten.“ Auf Demos gegen die Corona-Maßnahmen findet man auch etliche QAnon-Anhänger. Die Pandemie sei eine Verschwörung von Pädophilen, lautet etwa eine der QAnon-Theorien. Durch Impfungen und die 5G-Handytechnologie wolle der „Deep State“ die Menschen kontrollieren.

Gefährliche Ausbreitung

Zwar gibt es die meisten QAnon-Follower in den USA, doch Forscher haben etwa 70 weitere Länder ausgemacht, von denen aus die Botschaften verbreitet werden. Auch zahlreiche deutsche Promis verbreiteten in den letzten Monaten Verschwörungstheorien der QAnon-Bewegung.

Die Verbreitung dieser Theorien ist gefährlich. Die österreichische  Extremismusexpertin Julia Ebner beschrieb bereits in ihrem 2019 erschienenen Buch „Radikalisierungsmaschinen“ QAnon als Bewegung mit „beträchtlicher ideologischer Flexibilität“. Die Bewegung zeichne eine „Kombination unterschiedlicher Verschwörungstheorien“ aus, die in die „entferntesten Ecken des Internets“ hineinwirke und „ihre Märchen auf unterschiedliche Zielgruppen zuschneiden“ könne. Durch diese ideologische Flexibilität sei die Bewegung in den vergangenen Jahren stark angewachsen, so Ebner. QAnon bietet also Nährboden für die unterschiedlichsten Zielgruppen, von Impfgegnern bis hin zu jenen, die an den „Deep State“ glauben.