Die Tür zum Kleiderschrank geht nicht mehr zu, unten links hängt noch ein Zipfel von einem Kleid heraus, das ich seit Jahren nicht mehr getragen habe und trotzdem noch immer da drinnen hängt. Mein Handy klingelt. Es ist die Bestätigung von Zalando: „Deine Bestellung ist auf dem Weg zu dir“. Noch mehr Kleidung!

„Ok! Und wo soll die dann noch hin?“, frage ich mich, während ich versuche den widerspenstigen Kleid-Zipfel in den Schrank zu stopfen ohne, dass dabei das darunterliegende T-Shirt auf den Boden fällt.

Mein Kleiderschrank läuft über

Eigentlich bin ich kein Shopaholic. Ich gehe sogar sehr ungern neue Kleidung kaufen. Und das, obwohl ich in der Nähe einer großen Einkaufsstraße wohne und täglich an irgendwelchen Auslagen mit top gestylten Schaufensterpuppen vorbeikomme. Mittlerweile habe ich ein gutes System, um zu vermeiden, mich am Heimweg ständig in ein Geschäft zu verirren und mit einem neuen Teil nachhause zu kommen: Ich entschließe mich erst dazu, in einen Shop zu gehen, wenn mir ein Kleidungsstück nicht mehr aus dem Kopf geht. Dann probiere ich es erstmal an und erst, wenn es mir angezogen noch immer gefällt, kaufe ich es auch.

Außerdem versuche ich nur Dinge zu kaufen, die ich auch wirklich brauche. Oder zumindest rede ich mir das ein. Denn aus irgendeinem Grund läuft mein Kleiderschrank über und, wenn ich einmal einen „Ausmist-Versuch“ starte, finde ich in den hintersten und dunkelsten Ecken, Stücke, an die ich mich nicht einmal erinnere. Übrigens geht es mir genauso, wenn ich länger nicht Wäsche gewaschen habe und mich an einen grauen Sonntag zum Boden meines Wäschekorbes vorarbeite.

Kleidertausch: Alternative zum Kaufrausch

Dabei möchte ich eigentlich versuchen, meinen CO2-Fußabdruck zu reduzieren und nachhaltig zu leben. Das gelingt eben nicht nur durch eine entsprechende Ernährung, sondern auch durch einen generell bewussteren Konsum. Ständig unnötig neue Kleidung zu kaufen, ob im Geschäft oder online ist nicht gerade zielführend. Meiner Geldbörse tut das übrigens auch nicht gut. Weil ich auf Facebook immer wieder Einladungen zu Kleidertausch-Partys bekomme, habe ich mich deswegen endlich dazu entschlossen zu einigen davon zu gehen.

Ich meldete mich also bei einer von einer NGO organisierten Kleidertausch-Veranstaltung an und zufälligerweise fragte mich auch eine Freundin, ob ich am selben Wochenende mit ihr auf eine private Tausch-Party einer Bekannten mitkommen wolle. Ein Wochenende, zwei Partys und somit zwei Möglichkeiten, meine Kleidung gegen die von anderen zu tauschen. Fest entschlossen öffnete ich meinen vor Gewand platzenden Kleiderschrank, riss meine Kleider von den Haken, holte meine Shirts und Hosen aus den Laden und warf alles auf den Boden.

Inspiriert von Marie Kondos Netflix-Serie, nahm ich jedes einzelne Stück in die Hand. Ich überlegte mir, ob ich es tatsächlich noch anziehen würde. Alles, was da auf meinem Fußboden lag, war noch in perfektem Zustand, um getragen zu werden. Einiges hatte ich aber sicher schon seit Jahren nicht angehabt. An andere Teile konnte ich mich nicht einmal mehr erinnern. „Das ist eigentlich ziemlich cool“, erwischte ich mich dabei, wie ich in meinem eigenen Schrank shoppen ging und „neues“ entdeckte.

So waren die zwei Kleidertausch-Partys

Nachdem ich mehr als genug Kleidung aussortiert hatte, fühlte ich mich bereit, offiziell Kleider zu tauschen. Bei der organisierten Veranstaltung gab es ein paar Regeln: So musste man fünf Euro Eintritt zahlen und mindestens fünf Teile zum Tauschen mitbringen. Wie viele man dann wieder nachhause mitnahm, war egal. Dementsprechend war auch der Ansturm sehr groß und das Gedränge ein bisschen zu viel für die kleine Location. Mich ärgerte das eigentlich weniger, denn immerhin bedeutete das auch, dass es genügend „neuer alter“ Kleider für mich gab. Weil ich aber vor allem froh war, meine Teile los zu sein und ich mich nicht durch den Ansturm kämpfen wollte, gab ich schnell auf und nahm nicht allzu viele neue Sachen mit. Meinen Kleiderschrank freute das übrigens. Dieser sah nach der von mir aufgezwungenen Diät, nämlich wieder viel besser aus.

Anders lief es bei der privaten Veranstaltung. Dadurch, dass wir nur etwa acht Frauen waren, die alle in einer kleinen Altbau-Wohnung zum Tauschen, Essen und Tratschen vorbeischauten, war alles viel gemütlicher. Vorab gab es keine Regeln. Mit nachhause nahm ich dann aber wieder wesentlich mehr, als ich wollte. Das schlechte Gewissen gegenüber meinem Schrank hält sich aber in Grenzen. Immerhin habe ich kein Geld ausgegeben und nicht noch mehr zu unserer Konsumgesellschaft beigetragen.

Veranstaltungen zum Kleidertauschen

Wer übrigens selbst Kleider tauschen möchte, kann ganz einfach für sich und seinen Freundeskreis eine private Tausch-Party mit Wein und Snack bei sich zu Hause organisieren. Global 2000 und andere Organisationen veranstalten immer wieder Kleidertausch-Börsen. Von 15. bis 17. November findet außerdem wieder der Fesch’Markt in der Ottakringer Brauerei statt.